Kölsch oder Alt: Was schmeckt besser?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 18. Oktober 2016
Offenbar beeinflusst die Heimatliebe die Auswahl des Bieres stärker als sein tatsächlicher Geschmack. So lautet das Ergebnis einer Trinkversuchsreihe mit echten Kölner bzw. Düsseldorfer Urgesteinen.
Was dem Kölner sein Kölsch ist, ist dem Düsseldorfer sein Alt. Beide Biere lassen sich auf den ersten Blick unterscheiden. Kölsch ist ein helles, obergäriges Vollbier mit einem Alkoholgehalt von circa 4,8 Volumenprozent. Es darf nur in und um Köln herum gebraut und nur in sogenannten „Kölner Stangen“ (spezielle hohe und schlanke zylindrische Trinkgläser) serviert werden. Alt, das übrigens auch gerne in Mönchengladbach und Krefeld getrunken wird, ist ebenfalls ein obergäriges Bier, aber deutlich dunkler als Kölsch. Die dunklere Farbe ist auf den höheren Anteil von Darrmalz zurückzuführen. Alt hat einen Alkoholgehalt von beinahe 5 Volumenprozent. Vergleicht man den Marktanteil von Kölsch in Köln und Alt in Düsseldorf, so hat das Kölsch klar die Nase vorne: In Köln wird zu 90 Prozent Kölsch getrunken, der Marktanteil von Alt in Düsseldorf liegt dagegen lediglich bei 50 Prozent. Doch wie groß ist der geschmackliche Unterschied zwischen beiden Biersorten tatsächlich? Sind die unterschiedlichen Vorlieben wirklich auf Geschmacksunterschiede zurückzuführen – oder eher das Ergebnis der alten Rivalität zwischen den beiden Großstädten am Rhein?
Antworten auf diese Fragen gibt eine aktuelle Studie, die am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule Düsseldorf durchgeführt wurde. Für ihre Geschmackstests suchten die Wissenschaftler zunächst nach jeweils 50 freiwilligen Testpersonen aus Köln und Düsseldorf. Die Personen sollten die Zielgruppe der Biertrinker möglichst gut repräsentieren und sich in ihren Charakteristika nicht zu stark unterscheiden, um möglichst unverfälschte Ergebnisse zu bekommen. Daher formulierten die Wissenschaftler folgende Auswahlkriterien:
- Männer
- Alter zwischen 35 und 65 Jahren
- „echte“ Kölner oder Düsseldorfer, die in beiden Städten geboren sind oder seit mind. 20 Jahren dort wohnen und sich selbst als „echte“ Kölner/Düsseldorfer bezeichnen
- mit mindestens gelegentlichem Biergenuss.
Die Aufgabe der Probanden bestand darin, den Geschmack von jeweils einer gängigen Altbier- beziehungsweise Kölsch-Marke zu beschreiben und ihre Präferenz anzugeben. Außerdem wurde die Wiedererkennung getestet. Beide Biere wurden unter standardisierten Bedingungen (Temperatur von 12 °C, 1 cm Schaummenge, neutrale Gläser) präsentiert. Alle Tests wurden zuerst mit verbundenen Augen („blind“) durchgeführt und anschließend offen wiederholt.
Beurteilten die Probanden im Blindtest den Geschmack beider Biersorten, so bestanden kaum Unterschiede zwischen beiden Sorten: Die Punktwerte für die Merkmale „schmeckt mir“, „schmeckt frisch“, „schmeckt mild“ oder „schmeckt würzig“ waren im Mittel vergleichbar. Erstaunlich an diesen Ergebnissen ist insbesondere, dass das dunklere Malz und der oftmals höhere Hopfengehalt des Altbiers sich scheinbar nicht auf die geschmackliche Bewertung des Altbiers auswirkte.
Die nächste Herausforderung bestand darin, beide Biersorten mit verbundenen Augen zu unterscheiden. Hierfür sollten die Probanden vier Alt- und Kölsch-Biere richtig zuordnen. Dies gelang allerdings nur bei gut der Hälfte der Gläser (55 Prozent), womit die individuelle Zuordnung nicht signifikant besser war als beispielsweise ein Münzwurf (Zufallswahrscheinlichkeit 50 Prozent). Auch im Städtevergleich bestanden kaum Unterschiede: Die Düsseldorfer konnten 54,5 Prozent und die Kölner 55,5 Prozent der Proben richtig zuordnen.
Nun stand die offene Verkostung auf dem Studienplan. Das bedeutet, dass alle Testpersonen an der Farbe des Bieres erkennen konnten, welches Bier sie gerade tranken. Bei diesem Experiment zeigen sich lokale Unterschiede, die allerdings deutlich geringer ausfielen als erwartet. Die Wissenschaftler führten dies auf den vorangegangenen Blindtest zurück. Denn zuvor hatten bereits einige Probanden bemerkt, dass Geschmacksunterschiede zwischen beiden Bierarten nur schwierig herauszuschmecken waren.
Daher luden die Wissenschaftler weitere Probanden zu einem offenen Geschmackstest ohne vorausgehende Blindverkostung ein. Die Tendenz, den Geschmack des heimischen Bieres besser zu bewerten, verstärkte sich nun deutlich. Das galt sowohl für die Kölner als auch für die Düsseldorfer. Auch in puncto Frische schnitt das heimische Bier nun besser ab. Anders verhielt es sich bei der Beschreibung der Geschmacksrichtungen „mild“ und „würzig“. Hier waren sich die Kölner und die Düsseldorfer einig: Kölsch schmeckt eher mild, Alt dagegen würzig. Dies erstaunt, wurden bei der Blindverkostung doch keine nennenswerten Unterschiede bei diesen Kriterien festgestellt.
Abschließend noch die Ergebnisse zur eigenen Präferenz. Wer hätte das gedacht??? Während im Blindtest die Ergebnisse beinahe ausgeglichen waren, bevorzugten 68 Prozent der Kölner und 72 Prozent der Düsseldorfer bei der offenen Verkostung nach dem Blindtest ihr heimisches Bier. Und von denjenigen, die nur an der offenen Verkostung teilgenommen hatten, wählten sogar über drei Viertel der Probanden (78 Prozent) jeweils „ihr“ Kölsch oder „ihr“ Alt zum eigenen Favoriten.
Und die Moral von der Geschicht‘ ? Ein geschmacklicher Unterschied zwischen beiden Bierarten ist wohl nur schwer zu erkennen. Die Entscheidung für Kölsch oder Alt scheint weniger eine Frage des Geschmacks, sondern eher auf andere Faktoren wie die Liebe zur eigenen Stadt zurückzuführen zu sein.
Quelle einblenden
- H. Quack (2016): KÖLSCH versus ALT: Erkenntnisse aus konsumentenpsychologischen Experimenten. Forschungsberichte des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Hochschule Düsseldorf, Ausgabe 34, August 2016
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 18. Oktober 2016 um 06:28
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