Übergewicht: „Multi-Kulti“ in den Genen
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 19. März 2015
Knapp 100 Gene sind mit dem Auftreten von Übergewicht und Adipositas assoziiert. Die Beteiligung einiger dieser Gene wurde erst aktuell im Rahmen einer groß angelegten internationalen Studie festgestellt. Außerdem mehren sich Hinweise auf eine Verbindung zwischen den Übergewichtsgenen und dem zentralen Nervensystem.
Wissenschaftler des internationalen GIANT-Konsortiums (Genetic Investigation of Anthropometric Traits) erforschten Zusammenhängen zwischen bestimmten Genen und einem erhöhten Körpergewicht. Hierfür werteten sie das Erbgut von 339.224 Menschen aus. Zu der nach eigenen Angaben bislang größten Gen-Assoziations-Studie steuerten auch Probanden der deutschen KORA-Studie (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) Proben bei.
Für die Auswertung der Daten benötigten die Wissenschaftler viel Durchhaltevermögen, galt es doch, 2,5 Millionen Stellen des Erbguts aller Probanden miteinander zu vergleichen. Dies sind die Stellen, an denen Genvarianten (SNP) auftreten können. Die Forscher fanden insgesamt 97 Gene, die den Body Mass Index (BMI) beeinflussen können. Bei mehr als der Hälfte dieser Gene war dieser Zusammenhang bislang nicht bekannt. Einige der auffälligen Gene weisen auf die Beteiligung des zentralen Nervensystems an der Entstehung von Übergewicht hin, beispielsweise durch Veränderungen der Regulation des Appetits oder des Energieverbrauchs. Genvarianten wurden außerdem bei Genen entdeckt, die an der Entwicklung des Gehirns, der Insulinsekretion, im Lipidstoffwechsel oder beim Aufbau des Fettgewebes beteiligt sind und sogar im Bereich der unspezifischen Immunabwehr.
Dennoch scheinen die Wissenschaftler mit ihren Ergebnissen nur an der Spitze des Eisbergs zu kratzen: Allgemeinen Schätzungen zufolge soll mehr als ein Fünftel der Variation des BMI genetisch determiniert sein. Die in der aktuellen Studie identifizierten Genvariationen erklären jedoch nur circa ein Zehntel davon (2,7 Prozent). Daher besteht nach wie vor Forschungsbedarf, auch in Bezug auf die Bedeutung und Funktion der einzelnen Gene bei der Entstehung von Übergewicht und Adipositas.
Quellen einblenden
- A. E. Locke, B. Kahali, S.I. Berndt, A. E. Justice, T. H. Pers, F. R. Day et al. (2015): Genetic studies of body mass index yield new insights for obesity biology. Nature 518: 197-206
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 19. März 2015 um 07:11
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Sehr interessanter Bericht. Doch Gene hin oder her. Letzt endlich ist es unser Lebenswandel, der uns aussehen lässt, wie wir es tun. Aber es gibt auf jeden Fall eine erblich/genetische Tendenz, ob man eher fettleibig oder muskulös wird. Den Aufwand den jemand mit einer schlechteren Genetik betreiben muss, ist deutlich höher, als der Aufwand desjenigen, der mit einer TOP-Genetik gesegnet ist.
Beste Grüße
Michael