Umgang mit Lebensmittelallergien: Welche Bedeutung haben Persönlichkeitsmerkmale
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Freitag, 6. April 2018
Wissenschaftler der Universität Otago (Neuseeland) haben untersucht, inwieweit bestimmte Persönlichkeitsmerkmale den Umgang mit alltäglichen Problemen einer Lebensmittelallergie beeinflussen – mit unerwartetem Ergebnis…
„Diese Studie untersucht, ob individuelle Unterschiede in der Ausprägung der fünf häufigsten Persönlichkeitsmerkmale (Neurotizismus, Extravertiertheit, Offenheit, Verträglichkeit und Gewissenhaftigkeit) einen Einfluss auf den Umgang mit Alltagsprobleme hat, die durch Lebensmittelallergien verursacht werden“, erläutert die Erstautorin der Studie, Dr. Tamlin Conner vom Department of Psychology.
An der Studie nahmen 108 Erwachsene mit einer diagnostizierten Lebensmittelallergie teil. Alle Probanden füllten über einen Zeitraum von 14 Tagen täglich einen Onlinefragebogen aus, der 25 tägliche Lebensmittelproblematiken, das Stresslevel der Probanden sowie deren Stimmung abfragte.
Interessanterweise führte die Auswertung der Befragung zu anderen Ergebnissen als die Wissenschaftler im Vorfeld erwartet hatten. „Wir waren überrascht, dass Neurotizismus nicht zu steigenden Problemen mit der Allergie führte oder zu schlechterer Stimmung an Tagen mit mehr Allergieproblemen. Im Gegenteil: das Persönlichkeitsmerkmal Offenheit verursachte die meisten Probleme beim Umgang mit Lebensmittelallergien – beispielsweise Hungergefühl, da möglicherweise nicht genug „sicheres“ Essen zur Verfügung steht oder dass nicht ausreichend angemessene Lebensmittel beim Einkauf gefunden werden können. Desweiteren entstanden Ängste bei gemeinschaftlichen Ereignissen, die Nahrungsmittel beinhalten oder weil man sich ausgeschlossen und fehlverstanden fühlt“, beschreibt Dr. Connor. „Es scheint, dass die Anforderungen an das Leben mit Lebensmittelallergien (Vorsicht, Routine und Konsum bekannter Lebensmittel) in direktem Konflikt mit einer offenen Persönlichkeit stehen. Dem liegt zugrunde, dass offene Persönlichkeiten nach Erkundung, Vielfalt und neuen Erfahrungen streben“, deutet die Wissenschaftler ihre Beobachtungen.
Mit ihren neu gewonnenen Erkenntnissen möchten Tamlin und ihre Kollegen Betroffenen helfen zu verstehen, wie sich ihre Persönlichkeit auf ihren Umgang mit Lebensmittelallergien auswirkt. „Offene“ Menschen könnten beispielsweise versuchen, ihr Verlangen nach Vielfalt in anderen Bereichen anstelle von Lebensmitteln auszuleben. Außerdem empfiehlt Dr. Tamilin Menschen mit diesem Persönlichkeitsmerkmal, „Reservelebensmittel“ mitzunehmen, um bei einem Verlangen danach spontan reagieren zu können.
Der Geschäftsführer der neuseeländischen Allergiegesellschaft, Mark Dixon, begrüßte die Studie und ihre Ergebnisse: „Die Studie rückt die Komplexität, mit denen sich Erwachsene mit Lebensmittelallergien konfrontiert sehen, nicht nur in den neuseeländischen, sondern auch in den individuellen Fokus. Es geht darum, Menschen dabei zu unterstützen ihre Persönlichkeitsmerkmale und deren Auswirkungen besser zu verstehen und den Umgang mit den Lebensmittelallergien zu optimieren. Langfristig kann somit die Lebensqualität der Betroffenen verbessert werden“, fasst Dixon zusammen.
Die Studie wurde vor kurzem in der Fachzeitschrift „frontiers in Psychology“ veröffentlicht.
Quellen einblenden
- Universität Otag0 (2018): First study published connecting challenges of food allergies with personality traits. Pressemitteilung vom 13.02.2018
- T.S. Conner, M. Mirosa, P. Bremer, R. Peniamina (2018): The role of personality in daily food allergy experiences. Fronties in Psychology 9: Article 29
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 6. April 2018 um 12:02
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