Anti-stigmatisierende Gesundheitsbotschaften für Adipöse

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Freitag, 17. Juni 2011

Was erwarten Fettleibige von den Gesundheitsbotschaften? Wie sollten sie aussehen?

„Ich denke, sie sollten damit aufhören, sich nur aufs Fett zu konzentrieren. Ich meine, dass die Aussage ‚Dünnsein ist gesund‘ zur Zeit mehr Schaden anrichtet als Gutes bewirkt. Ich denke, dass eine größere Betonung auf eine gesunde Ernährung und Sport gelegt werden sollte. Darauf, dass du für dich selbst sorgen musst, dass du nachts genug schläfst, was viele Menschen nicht tun, eher auf so etwas, als darauf, dünn zu sein. Diese schrecklichen: ‚Reduzier‘ deinen Taillenumfang, reduzier‘ dein Risiko‘-Aussagen… müssen weg.“ (22-Jährige BMI 45,9)

adipöser Mensch
© Tobyotter

Die Befragung stark Übergewichtiger durch ein australisches Forscherteam ergab, dass sich fettleibige Menschen vor allem verständliche Botschaften wünschen, die den Zugang zu einer erschwinglichen, nachhaltigen Unterstützung ermöglichen. Wichtig ist vielen, dass nicht das Gewicht, der BMI oder die gesundheitlichen Konsequenzen im Vordergrund stehen, sondern Botschaften vermittelt werden, die die Vorteile eines gesunden Lebensstil betonen.

„Die Botschaft sollte sein, du musst fit sein, egal was du wiegst. Und deshalb sage ich: Gesundheit braucht es für jeden, egal, wie viel er auf die Waage bringt.“ (51-Jährige, BMI 43,8).

Die Teilnehmer der australischen Studie wünschen sich auch, dass die Botschaften eher auf die gesamte Bevölkerung als auf Adipöse als Zielgruppe ausgerichtet werden. Sie betonen, dass einige gesundheitliche Bedingungen, denen nachgesagt wird, durch Übergewicht erzeugt worden zu sein, auch die beträfen, die „dünn“ oder „schlank“ seien. Die australischen Forscher schlagen daher vorzugsweise allgemein gehaltene, formbare Botschaften vor, die an bestimmte Gruppen angepasst werden können.

Möglicher neuer Ansatz

„…dass sie sich so mies fühlen, kommt hauptsächlich daher, dass ihnen gesagt wird, sie seien nicht gut genug und wertlos. Ich denke dass hier einiger Einsatz nötig wäre, um Fettleibigen bewusst zu machen, dass sie nicht dicke wertlose Nichtsnutze sind, sondern dass sie gute Menschen sind, dass sie attraktiv sind und aufgeweckt. Wenn du fett bist, wirst du so behandelt, als ob das Dicksein alles wäre, was du bist und dass du nie etwas bedeuten wirst, bevor du dein Übergewicht nicht loswirst. Ich denke, dass Menschen etwas vom Leben versäumen, sie versäumen es, glücklich zu sein, nur weil ihnen andauernd gesagt wird, wie unannehmbar sie sind. Deshalb denke ich, dass Fettleibige mehr als alles andere einen großen Schub Selbstbewusstsein brauchen.“ (22-Jährige, BMI 45,9)

Was übermittelt wird und wie es übermittelt wird, wäre nach den Ergebnissen der australischen Wissenschaftler vielleicht zu überdenken. Auch wenn sie dies als schwierig umsetzbar einschätzen, müsste es laut den Forschern ein Ziel sein, einen Ansatz zu entwickeln, welcher der gesamten Bevölkerung nützliche Informationen zur Verfügung stellt, ohne die Betroffenen dabei nachteilig darzustellen und dadurch auszugrenzen.

Die Australischen Forscher vermuten, dass es bei dem Thema Adipositas sogar möglich wäre, dass das mit einer Fettleibigkeit verbundene, nachteilige Bild so fest in der Gesellschaft verwurzelt ist, dass es anti-stigmatisierende-Botschaften brauchen könnte. Solche Botschaften könnten nach Meinung der australischen Forscher auch das Verständnis der Öffentlichkeit verbessern, ein wichtiger Zusatz für das Training von Gesundheitsexperten sein und adipöse Menschen dazu motivieren, Hilfe und Unterstützung zu suchen.

Hinweis

Die Zitate wurden aus dem Englischen übersetzt. Der Originaltext kann über den Link in der Quellenangabe eingesehen werden.

Quelle:
Lewis S, Thomas SL, Hyde J, Castle D, Blood RW, Komesaroff PA: „I don’t eat a hamburger and large chips every day!“ A qualitative study of the impact of public health messages about obesity on obese adults. BMC Public Health 2010, 10:309

verfasst von am 17. Juni 2011 um 05:58

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