Auch Schnäppchen haben ihren Preis

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Dienstag, 14. Mai 2019

Lebensmittel-Schnäppchenjäger neigen dazu, eher gesundheitlich ungünstige Lebensmittel einzukaufen. Außerdem sind sie häufiger übergewichtig oder sogar fettleibig, wie eine britische Studie ergab. Da mit dem Übergewicht auch das Krebsrisiko steigt, plädieren Experten dafür, Lebensmittelangebote gesetzlich zu regulieren.

Zwei Packungen zum Preis von einer, beim Kauf einer Packung Tortillachips Salsa gratis dazu, zeitlich begrenzte Sondergröße mit 20 Prozent mehr Inhalt – Wer möchte da nicht zugreifen? Durch das Sparen von Geld beim Einkauf und den anschließenden Genuss der oftmals eher ungesunden Lebensmittel aus der Werbung freut sich unser Belohnungssystem doppelt. Zumindest kurzfristig, denn auch Schnäppchen haben ihren Preis.

Für ihre Studie analysierten britische Krebsforscher die Lebensmitteleinkäufe von über 10.000 britischen Haushalten, wobei sie zusätzlich demografische Daten und Angaben zum Gewicht der Haushaltsmitglieder berücksichtigen. Dann teilten sie die Einkäufer anhand dem Anteil der verbilligt gekauften Produkte in vier Gruppen ein.

29 Prozent der Einkäufe, also beinahe jedes dritte Lebensmittel oder Getränk, wurden im Rahmen einer Werbeaktion gekauft. Dabei bedienten sich nicht nur finanziell schlechter situierte Verbraucher an Schnäppchen, vielmehr waren Angebotskäufe unabhängig vom Einkommen und dem Lebensabschnitt der Probanden sowie der Region. Im Vergleich zu Probanden, die selten bei Sonderangeboten schwach wurden, waren Probanden, welche die meisten Sonderangebote nutzten, häufiger übergewichtig (64 Prozent vs. 72 Prozent) und hatten eine 28 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit für Adipositas (Fettleibigkeit). Dieser Zusammenhang bestand unabhängig vom Alter, dem Einkommen, der Region und dem Lebensabschnitt, in dem sich die Probanden befanden.

In weiteren Auswertungen stellten die Wissenschaftler fest, dass die Probanden, die gerne bei Sonderangeboten zugriffen, rund ein Fünftel mehr sogenannte „HFSS“-Produkte kaufen, also Lebensmittel, die reich an Fett, Salz oder Zucker sind. Außerdem tendierten sie dazu, beim Kauf von HFSS-Produkten zu größeren Verpackungen zu greifen. Dagegen waren die Einkäufe von Schnäppchenjägern insgesamt weniger ballaststoffreich als jene derer, die selten zu Sonderangeboten griffen. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass Obst und Gemüse, die zu den ballaststoffreichen Lebensmitteln zählen, eher selten mit Preisaktionen beworben werden. Wenn die Preisersparnis zum entscheidenden Einkaufskriterium wird, landen somit eher gesundheitlich ungünstige Lebensmittel wie Kuchen, Süßwaren, Chips, zuckerhaltige Getränke und Puddings im Einkaufswagen anstelle von gesünderen Alternativen wie Gemüse und Obst sowie ungesüßten Joghurts.

„Lebensmittel sind heute so billig wie nie zuvor“, hält Ernährungspsychologen Prof. Dr. Joachim Westenhöfer von der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg fest. „Die Folge ist ein ungesunder Überkonsum.“ Zwar gebe es für Deutschland keine vergleichbare Untersuchung, allerdings wären ähnliche Ergebnisse wahrscheinlich: „Gerade bei Lebensmitteln gilt hierzulande eine ‚Geiz ist geil‘-Mentalität.“

Angesichts der schwerwiegenden Folgen von Übergewicht und der Tatsache, dass gerade Kinder langfristig und ungewollt unter ungünstigen Einkaufsentscheidungen leiden, setzen sich die britischen Wissenschaftler dafür ein, Sonderangebote für ungesunde Lebensmittel sowie die Auswahl an Süßigkeiten und dergleichen im Kassenbereich gesetzlich zu regulieren. Auch Westenhöfer plädiert für gesetzliche Reglementierungen in Deutschland. Momentan setzte die Politik hauptsächlich auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie. „Die werden aber nicht reichen, um die Übergewichtsepidemie in den Griff zu bekommen“, warnt Westenhöfer.

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verfasst von am 14. Mai 2019 um 09:14

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