Aus „leichter Vollkost“ wird „angepasste Vollkost“

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Dienstag, 17. März 2020

Im Leitfaden „Ernährungstherapie in Klinik und Praxis“ ersetzt die „angepasste Vollkost“ die frühere Bezeichnung „leichte Vollkost“. An den Empfehlungen für die Basisernährung bei Unverträglichkeiten und Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts hat sich prinzipiell nichts geändert, allerdings betont der neue Begriff die Bedeutung der individuellen Verträglichkeit.

Eine angepasste Vollkost (früher leichte Vollkost oder Schonkost) wird Patienten mit Entzündungen der Magenschleimhaut (Gastritis), der Bauchspeicheldrüse (Pankreatitis) der Leber (Hepatitis), chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und anderen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts verordnet. Im Vordergrund steht die Entlastung der Verdauungsorgane und -prozesse. Ernährungsbedingte Symptome sollen gelindert und das Wohlbefinden der betroffenen Menschen gesteigert werden.

Die sieben Prinzipien der angepassten Vollkost in Kürze:

  1. Lebensmittel schonend garen (wenig Rohkost); Bevorzugung weicher Lebensmittel
  2. je nach Verträglichkeit fettarme bis fettmoderate Kost
  3. mehrere, kleine Mahlzeiten über den Tag verteilen; regelmäßig und nicht zu heiß oder zu kalt essen
  4. bevorzugt mit frischen Kräutern würzen, mit Salz und Pfeffer sparen
  5. Eiweißkombinationen mit hoher biologische Wertigkeit verwenden
  6. je nach Verträglichkeit moderate Ballaststoffmengen aufnehmen
  7. kein Alkohol; wenig Zucker; Kaffee nur bei Verträglichkeit

Da bei Erkrankungen der Verdauungsorgane häufig weniger gegessen wird, sollte das Essen möglichst energie- und nährstoffreich, zugleich aber nicht zu fettreich sein. Gute Fettquellen sind Lein-, Hanf-, Walnuss- oder Rapsöl aufgrund ihres günstigen Verhältnisses zwischen Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Bei eingeschränkter Fettverdauung können MCT-Fette (mit mittelkettigen Fettsäuren) Abhilfe schaffen. Zur Erhaltung der Körpermuskulatur und Versorgung des Körpers mit essenziellen Aminosäuren sollten mindestens 0,8 Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht aufgenommen werden.

Unter den Getreiden und Getreideartigen gelten Hafer, Reis, Buchweizen, Quinoa und Amaranth als gut verträglich. Bei Weizen streiten sich die Geister. Hier empfiehlt es sich, die Verträglichkeit individuell auszutesten. Brote auf Sauerteigbasis mit Roggenmehl, Vollkornbrote aus feingemahlenem Mehl und Brötchen vom Vortrag sind bekömmlicher als frische Brötchen und grobe Vollkornbrote. Dazu vielleicht etwas Käse? Hier gilt wieder das Verträglichkeitsprinzip: Bei fettreicheren Sorten ist erlaubt, was vertragen wird. Bei Milchprodukten sind insbesondere fermentierte Varianten ohne weitere Zusätze, also Naturjoghurt, Buttermilch, Kefir oder Quark empfehlenswert. Fruchtzubereitungen sind häufig sehr zuckerreich und enthalten zum Teil umstrittene Zusatzstoffe sowie Aromastoffe, welche das natürliche Geschmacksempfinden beeinträchtigen können.

Stärkearme Gemüsesorten wie Blatt- oder Fruchtgemüse werden im Allgemeinen gut vertragen, weniger geeignet sind dagegen blähende Gemüsesorten wie Kohl-, Lauch- und Paprikagemüse. Idealerweise wird Gemüse frisch aus rohen oder naturbelassenen gefrorenen Zutaten zubereitet, Gemüsekonserven sollten dagegen nur ausnahmsweise eingesetzt werden. Meistens werden vollreife Obstsorten am besten vertragen. Gut bekömmlich sind auch Fruchtmuse und Kompott sowie qualitativ hochwertige, zuckerarme Smoothies. In akuten Stadien können säurereiche Obstsorten (neben Zitrusfrüchten, Kiwi, Ananas auch Pflaumen und Mirabellen) Beschwerden fördern.

Magere Fleischsorten wie Filets oder Steaks (gerne von Weide- und Wildtieren) sind bekömmlicher als Schenkelstücke mit Haut oder Hackfleisch. Wichtig ist auch die Zubereitungsmethode. Hier eigenen sich Dünsten, Grillen oder Backen in Folie, Garen im Römertopf oder Niedrigtemperaturgaren mit wenig Fett. Scharfes Anbraten, Frittieren, offenes Grillen oder Panieren sollte dagegen vermieden werden, da sie die Verträglichkeit mindern. Auch Wurstwaren wie Leberwurst, Bockwurst, Bratwurst oder Salami sind weniger empfehlenswert. Phosphathaltige Zusatzstoffe, Pökelsalze und Rauchstoffe, die häufig in verarbeiteten Fleischprodukten anzutreffen sind, können Unverträglichkeiten hervorrufen.

Fische und Meeresfrüchte sind ernährungsphysiologisch hoch angesehen aufgrund ihres hochwertigen und leicht verdaulichen Eiweißes und wertvoller Fette. Darüber hinaus sind Fische die Hauptlieferanten von Jod und Vitamin D, welche nur in wenigen Lebensmitteln in vergleichbar hohen Mengen enthalten sind. Der höhere Fettgehaltes macht fettreiche Seefische wie Thunfisch, Makrele, Lachs, Hering oder Sardinen weniger bekömmlich. Um nicht ganz auf diese wichtigen Omega-3-Fettsäuren-Lieferanten verzichten zu müssen, empfiehlt es sich, fettreiche Seefische in kleineren Portionsgrößen zu verzehren und Zubereitungsmethoden zu wählen, die kein zusätzliches Fett benötigen (z. B. in Folie gegarte Thunfischsteaks oder Wildlachsfilets, Thunfisch in Eigensaft). Fettärmere Fische wie Forelle, Zander, Seelachs, Scholle, Kabeljau, Barsch oder auch Meeresfrüchte wie Garnelen werden im Allgemeinen besser vertragen.

Auch das Trinken sollte nicht vergessen werden: Mindestens 30 bis 36 Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht werden empfohlen. Am besten eignen sich stilles Mineral- oder Leitungswasser, ungesüßte Tees sowie gut verdünnte Fruchtsaftschorlen. Gesüßte Getränke wie Limonaden, Eistee oder Milchmischgetränke sollten nur ausnahmsweise getrunken werden, alkoholische Getränke am besten gar nicht. Je nach Verträglichkeit kann Kaffee getrunken werden. Röststoffarme Kaffeesorten und Milch machen Kaffee bekömmlicher.

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verfasst von am 17. März 2020 um 07:21

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