Beliebt, aber bedenklich: Energydrinks in der Schule
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 28. November 2019
Mehr als jeder zweite Fünft- bis Zehntklässler hat bereits mindestens einmal einen Energydrink probiert. Im Vergleich zu anderen Alltagsdrogen und Substanzen mögen Energydrinks zwar harmlos wirken, ihre gesundheitlichen Auswirkungen sollten jedoch nicht unterschätzt werden.
Seit dem Schuljahr 2016/2017 befragt das Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung IFT-Nord im Rahmen der DAK-Studie „Präventionsradar“ jährlich SchülerInnen der fünften bis zehnten Klassen verschiedener Schulformen. Das Ziel besteht darin, gesundheitsrelevante Verhaltensweisen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland fortlaufend zu beobachten, Entwicklungen im Zeitverlauf zu erfassen und Einflussfaktoren zu identifizieren. Außerdem erhalten die teilnehmenden Schulen ein Feedback zum derzeitigen Gesundheitsverhalten ihrer SchülerInnen, das ihnen bei der Planung schulinterner Präventionsmaßnahmen weiterhilft.
An den ersten beiden Erhebungen nahmen Schulen aus sechs Bundesländern teil, in der aktuellen Erhebung (Schuljahr 2018/19) wurde die Studie auf 13 Bundesländer (Ausnahmen: Bayern, Hamburg und Saarland) erweitert. Insgesamt beantworteten 14.242 SchülerInnen aus 918 Klassen an 83 Schulen die Fragen zu allgemeinen und soziodemographischen Merkmalen (z.B. Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund, sozioökonomischer Status), zur Lebensgestaltung (z.B. Schulweg, körperliche Aktivität, Schlafverhalten), Persönlichkeitsmerkmalen sowie physischem und psychischem Wohlbefinden (z.B. Stresserleben, Einsamkeit, ADHS) und zum Konsumverhalten (Ernährungsgewohnheiten, Konsum von Energydrinks, Kaffee, Alkohol, Tabak, Cannabis). Um ein für Kinder und Jugendliche in Deutschland repräsentatives Abbild zu erhalten, wurden die Ergebnisse nach Alter, Geschlecht, Migrationshintergrund und Schultyp gewichtet.
Insgesamt 58 Prozent der Fünft- bis Zehntklässler hatten schon einmal Energydrinks getrunken. Der Anteil nahm erwartungsgemäß mit zunehmender Klassenstufe zu. Jungen, Nicht-Gymnasiasten und SchülerInnen mit Migrationshintergrund hatten vergleichsweise häufiger Energydrink-Erfahrung als Mädchen, GymnasiastInnen und hier gebürtige SchülerInnen. Mehr als jede(r) zehnte Schüler(in) (13 Prozent) gab an, in den letzten 30 Tagen vor oder während der Schule Energydrinks getrunken zu haben.
Wurden die ProbandInnen zu ihrem aktuellen Konsum von Energydrinks gefragt, antworteten erfreulicherweise nur 3 Prozent, dass sie täglich Energydrinks tranken. 6 Prozent der Schüler nahmen sie mindestens einmal pro Woche zu sich, 10 Prozent mindestens einmal im Monat und 19 Prozent seltener als einmal monatlich. Auch hier nahm der Anteil der Softdrink-KonsumentInnen mit zunehmender Klassenstufe zu und war bei Jungen und Nicht-GymnasiastInnen vergleichsweise höher.
Durch den Vergleich der Antworten der SchülerInnen an den verschiedenen Erhebungszeitpunkten konnten die Forscher die Rate der Neukonsumenten von Energydrinks ermitteln. Jeweils 30 Prozent der ursprünglichen Fünft- und Sechstklässler haben im Beobachtungszeitraum (2 Jahre) zum ersten Mal Energydrinks getrunken. In den höheren Klassenstufen ist die „Einsteigerquote“ geringer. Bei SchülerInnen, die bereits einmal Energydrinks probiert hatten, war die Wahrscheinlichkeit viermal höher, dass sie auch zukünftig mindestens einmal pro Monat solche Getränke zu sich nahmen (32 Prozent vs. 8 Prozent).
Verglichen mit Kaffee ist der Koffeingehalt von Energydrinks pro 100 Milliliter geringer. Allerdings werden Energydrinks häufig in größeren Mengen konsumiert als Kaffee: Eine Dose Energydrink mit einem Fassungsvermögen von 300-500 Millilitern enthält etwa 160 Milligramm Koffein. Dies entspricht ungefähr 3 Tassen Kaffee. Erst vor kurzem hat das Bundesinstitut für Risikobewertung vor dem Risiko eines übermäßigen Konsums von Energydrinks für Herz und Kreislauf gewarnt. Im Rahmen des DAK-Präventionsradars wurde auch der Zusammenhang zwischen dem Konsum von Energydrinks und dem Schlafverhalten, Übergewicht sowie der psychischen Gesundheit der SchülerInnen untersucht. Hier bestand für alle drei Outcomes eine Dosis-Wirkungs-Beziehung: Je mehr Energydrinks getrunken wurden, desto größer waren die Probleme in den verschiedenen Bereichen. Verglichen mit Nicht-Konsumenten hatten SchülerInnen die täglich Energydrinks zu sich nahmen,
- signifikant häufiger Schlafstörungen (63 Prozent vs. 41 Prozent). Ein Viertel des Zusammenhangs konnte auf eine spätere Einschlafzeit zurückgeführt werden.
- häufiger Übergewicht (16 Prozent vs. 8 Prozent). Ursprünglich normalgewichtige SchülerInnen, die mindestens einmal monatlich Energydrinks tranken, sind innerhalb von zwei Jahren mehr als doppelt so häufig übergewichtig geworden als Nicht-KonsumentInnen.
- häufiger Anzeichen von Hyperaktivität (Screeningergebnis: 21 Prozent vs. 6 Prozent),
- mehr emotionale Probleme (Screeningergebnis: 20 Prozent vs. 8 Prozent),
- mehr Verhaltensprobleme (Screeningergebnis: 30 Prozent vs. 4 Prozent).
Die Ergebnisse des Präventionsradars sollen zum politischen Dialog beitragen und für die Gesundheitsförderung an Schulen werben.
Quelle einblenden
- J. Hansen, J. Janßen, M. Morgenstern (2019): Kinder- und Jugendgesundheit in Schulen. Ergebnisbericht der Welle 3. Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung, Kiel
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 28. November 2019 um 07:12
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