Bereits bei Kinderwunsch auf Lebensstil achten
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 18. Januar 2022
Je früher Frauen mit Kinderwunsch einen gesunden Lebensstil pflegen, desto günstiger wirkt sich dies auf ihre Gesundheit und die ihres Kindes aus. Ein gesunder Lebensstil kann sogar die Chancen, schwanger zu werden, erhöhen. Werden Frauen mit Kinderwunsch durch ihren Partner unterstützt, fallen Änderungen leichter und auch der Partner profitiert.
Zu einem gesunden Lebensstil zählen allgemein, Übergewicht zu vermeiden, sich ausgewogen zu ernähren, nicht zu viel Alkohol zu konsumieren, sich regelmäßig zu bewegen und nicht zu rauchen. Ein gesunder Lebensstil lohnt sich für Menschen jeder Lebensphase. Kommt in der kurzfristigen Lebensplanung ein Kinderwunsch vor, gewinnt das Thema besondere Bedeutung.
Oftmals achten Frauen bewusst auf ihre Gesundheit und Lebensweise, wenn sich ein Baby ankündigt. Ratsamer wäre es jedoch, bereits vorher, wenn der Wunsch nach einem Kind konkret wird, den eigenen Lebensstil zu überdenken. „Die Zeit der aktiven Familienplanung eignet sich gut für einen Neustart in eine gesündere Lebensführung mit einer ausgewogenen Ernährung und viel Bewegung. Gemeinsam mit dem Partner gelingt das am besten“, erläutert Maria Flothkötter, Leiterin des Netzwerks „Gesund ins Leben“ im Bundeszentrum für Ernährung. Das Netzwerk ist Herausgeber der bundesweiten Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Lebensstil vor und in der Schwangerschaft.
Die Veränderung der eigenen Lebensgewohnheiten fällt vielen nicht leicht. Daher ist es günstig, möglichst früh damit zu beginnen. Das Netzwerk empfiehlt, spätestens bei Verzicht auf die Verhütung zu starten.
In der Familienplanung ist das Körpergewicht der Frau von zentraler Bedeutung. Bei einem zu niedrigen Ausgangsgewicht vor der Schwangerschaft steigt das Risiko für Fehl- und Frühgeburten. Ein zu hohes Ausgangsgewicht erhöht das Risiko für Schwangerschaftsdiabetes und Schwangerschafts- sowie Geburtskomplikationen. Außerdem erschwert Bauchfettgewebe im Übermaß die Einschätzung der Gesundheit des Ungeborenen bei Vorsorgeuntersuchungen. Denn die Bildqualität beim Ultraschall verschlechtert sich mit zunehmendem Bauchfettgewebe. Aus diesen Gründen sollten Frauen mit Übergewicht bei Kinderwunsch eine Annäherung an das Normalgewicht anstreben, empfiehlt das Netzwerk „Gesund ins Leben“. Aber auch geringere Gewichtsabnahmen von fünf bis zehn Prozent des Ausgangsgewichts helfen laut Studien, die Risiken zu reduzieren. Außerdem erhöht die Gewichtsabnahme die Chance, schwanger zu werden.
Frauen mit Kinderwunsch sollten besonders auf folgende Komponenten einer ausgewogenen Ernährung achten:
- ausreichend trinken, bevorzugt Wasser;
- reichlicher Verzehr pflanzlicher Lebensmittel, darunter Vollkornprodukte, 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst pro Tag;
- sparsamer Einsatz von Fetten, dabei Pflanzenöle bevorzugen;
- maßvoller Konsum tierischer Lebensmittel; Milchprodukte und Meeresfisch sollten hier den Vorrang haben;
- Süßigkeiten nur in kleinen Mengen.
Bereits in der Phase der aktiven Familienplanung wird empfohlen, täglich ein Folsäurepräparat einzunehmen. Es sollte 400 µg Folsäure (oder eine äquivalente Dosis anderer Folate) enthalten. Das Vitamin ist wichtig für die Zellteilung und Wachstumsprozesse. Eine gute Versorgung reduziert das Risiko für Neuralrohrdefekte beim Kind erheblich. Das Neuralrohr ist die embryonale Vorstufe unseres zentralen Nervensystems. Tückisch ist, dass sich das Neuralrohr bereits drei bis vier Wochen nach der Konzeption schließt und dementsprechend wenig Zeit zur Beseitigung eines Folsäuremangels ab Bekanntwerden der Schwangerschaft bleibt. Daher sollte die Einnahme von Folsäurepräparaten bereits bei konkretem Kinderwunsch beginnen.
Bei einer ausgewogenen Ernährung sind weitere Nährstoffergänzungen vor der Empfängnis nicht erforderlich. Vegetarierinnen und insbesondere Veganerinnen sollten allerdings auch ihre Versorgung mit Vitamin B12, der Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaensäure) und Zink überprüfen lassen. Bei Veganerinnen können auch Defizite bei der Aufnahme von Eiweiß, Eisen, Kalzium und Jod bestehen. Das Netzwerk empfiehlt insbesondere Veganerinnen mit Kinderwunsch eine qualifizierte Ernährungsberatung.
Es gibt keine Alkoholmenge, die für das ungeborene Kind ohne Risiken bleibt. Da die ersten Wochen der Schwangerschaft unerkannt verlaufen, sollten Frauen mit Kinderwunsch bereits auf alkoholische Getränke verzichten, bevor sie schwanger werden. Ähnliches gilt auch für das Rauchen. Spätestens mit Beginn der Familienplanung sollten Frauen, am besten gemeinsam mit ihrem Partner, mit der Raucherentwöhnung starten.
Regelmäßige körperliche Aktivität erhöht das Wohlbefinden und unterstützt die Gewichtskontrolle. Erwachsene sollten mindesten 150 Minuten pro Woche körperlich aktiv sein (beispielsweise an 5 Tagen pro Woche für jeweils 30 Minuten). An zwei weiteren Wochentagen sollte Muskeltraining hinzukommen. Günstige Sportarten für Sporteinsteiger sind zum Beispiel Nordic Walking, Schwimmen oder Yoga, bei denen große Muskelgruppen beansprucht werden. Die gewählte Sportart sollte aber auch wirklich Spaß machen. Ideal ist, wenn der Partner oder Freunde mitziehen.
Außerdem empfiehlt das Netzwerk „Gesund ins Leben“ vor dem Schwangerwerden einen Zahnarztbesuch, um aufwändige Zahnbehandlungen möglichst vor der Schwangerschaft abzuschließen. Auch der Impfstatus sollte überprüft werden. Besonders wichtig ist in diesem Zusammenhang der Impfschutz gegen Masern, Röteln und Windpocken und aktuell COVID-19.
Quellen einblenden
- Bundeszentrum für Ernährung (BZfE) (2021): Frauen mit Kinderwunsch : Gesunder Lebensstil schon vor der Schwangerschaft wichtig. Onlineartikel vom 15.12.2021
- Netzwerk „Gesund ins Leben“ (2019): Nationale Handlungsempfehlungen zu Ernährung und Lebensstil vor und während der Schwangerschaft. Onlineartikel
- Netzwerk „Gesund ins Leben“ (2021): Worauf sollten Frauen mit Kinderwunsch achten? Nachgefragt bei Gesund ins Leben. Onlineartikel
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 18. Januar 2022 um 07:56
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