BfR untersucht Einstellungen von Veganern als Basis für die Risikokommunikation
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 14. November 2017
Vegan lebende Menschen haben meist ein gutes Ernährungswissen, insbesondere in Bezug auf drohende Nährstoffmängel. Dennoch gibt es Wissenslücken, wie eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) aufdeckt. Die Studie bietet außerdem wichtige Erkenntnisse zur Risikokommunikation.
Eine vegane Ernährungsweise kann sich positiv auf die Gesundheit auswirken, birgt aber auch gesundheitliche Risiken durch Nährstoffdefizite. Daher warnt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) Schwangere und Stillende vor einer veganen Ernährung. Nicht empfehlenswert sei diese Ernährungsweise auch für Säuglinge, Kinder und Jugendliche, so die DGE. „Insbesondere bei Schwangeren und Kindern, die vollständig auf tierische Lebensmittel verzichten, ist eine Unterversorgung mit Nährstoffen wie Vitamin B12 oder Eisen möglich“, erläutert BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Damit Informationen über mögliche Risiken bei der Zielgruppe ankommen, ist es essentiell, die Einstellungen zu kennen“, so Hensel weiter. Daher hat das BfR in einem aktuellen Forschungsprojekt individuelle und soziale Einflussfaktoren untersucht, die zur Motivation und Aufrechterhaltung einer veganen Ernährung führen.
An der Studie nahmen insgesamt 42 Veganerinnen und Veganer teil, die in fünf Fokusguppen interviewt wurden und gemeinsam diskutierten. Da die Charakteristika und Einstellung der befragten Veganerinnen und Veganer teilweise sehr stark von entsprechenden Daten aus der Allgemeinbevölkerung abweichen, geht das BfR davon aus, dass die Ergebnisse der aktuellen Studie auch auf andere vegan lebende Menschen zutreffen.
Verglichen mit der Allgemeinbevölkerung sind Veganerinnen und Veganer deutlich besser gebildet. Zwei Drittel der aktuell befragten Personen besitzen einen Studienabschluss. In der Allgemeinbevölkerung trifft dies lediglich auf 15 Prozent zu. Auffällig ist außerdem, dass ein Großteil der befragten Veganerinnen und Veganer (71 Prozent) keiner Religionsgemeinschaft angehört.
Die Fokusgruppendiskussionen offenbarten, dass die meisten der vegan lebenden Befragten ein fundiertes Ernährungswissen besitzen, wobei zur Informationsrecherche vor allem das Internet genutzt wird. Viele Befragten sind sich dessen bewusst, dass ihre Ernährungsweise besondere Risiken birgt. Zugleich ist es für die überwiegende Mehrheit allerdings nicht vorstellbar, zu einer Ernährungsweise zurückzukehren, in der auch tierische Lebensmittel verzehrt werden. 95 Prozent der Befragten wusste von dem Risiko einer Unterversorgung mit Vitamin B12 bei einer veganen Ernährungsweise und die meisten gaben an, das Vitamin regelmäßig zu supplementieren. Allerdings besteht Informationsbedarf beispielsweise in Bezug auf eisenhaltige vegane Lebensmittel.
Die meisten Befragten haben sich aus ethischen Gründen (Tierschutz) für die vegane Lebensweise entschieden. Viele verzichten nicht nur auf Lebensmittel tierischen Ursprungs, sondern auch auf andere tierische Produkte wie Bekleidung oder Schuhe aus Leder. Maximal drei der 42 Befragten konnte von den Forschern der Gruppe der „Gesundheits-Veganer“ zugeordnet werden, bei denen die Gesundheit ausschlaggebend für die Entscheidung, vegan zu leben, gewesen ist. Für die anderen Befragten sind gesundheitliche Aspekte zwar auch von Bedeutung, allerdings mehr als angenehmer Nebeneffekt oder Motivation zur Aufrechterhaltung ihrer Ernährungsweise und nicht als zugrunde liegendes Motiv.
Aus den Erkenntnissen der Fokusgruppen schließt das BfR, dass Institutionen oder Personen, die die vegane Ernährung als gefährlich oder abnormal darstellen, wenig Gehör bei vegan lebenden Menschen finden werden. Eine effektive Risikokommunikation sollte vielmehr an bestehende Überzeugungen dieser Zielgruppe anknüpfen, so das BfR. Als Beispiel nennt das BfR konkrete Anleitungen für Veganerinnen und Veganer, die diese mit ihrer Ernährungsweise verbinden können.
Quellen einblenden
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR, 2017): Vegane Ernährung als Lebensstil: Es besteht Risikokommunikationsbedarf. Pressemitteilung vom 17.10.2017
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BFR, 2017): Vegane Ernährung als Lebensstil: Motive und Praktizierung. Abschlussbericht
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 14. November 2017 um 07:43
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Das Ergebnis ist ja durchaus positiv. Schade das nur 42 Personen befragt wurden.