Diäten: Sicherer langsam zum Ziel
Autor/in: Sabrina Rauth,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 27. Juni 2013
Sehr niedrig kalorische Diäten erhöhen Gallensteinrisiko
Mit einer extrem energiearmen Diät in sehr kurzer Zeit möglichst viel Abnehmen – das ist eine oft gewählte Alternative zur bariatrischen Chirurgie für viele Menschen mit Adipositas. Angebote hierzu gibt es zum Beispiel von kommerziellen Zentren zur Gewichtsabnahme, so auch in Schweden. Doch wie sicher ist eine solche Gewichtsabnahme?
Dr. Kari Johansson und Dr. Martin Neovius vom schwedischen Karolinska Institutet untersuchten in diesem Zusammenhang speziell das Risiko für Gallenstein-Beschwerden, die einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen. Eine Risikoerhöhung durch eine extrem niedrig kalorische Diät liegt ihrer Ansicht nach nahe. Wenn schnell viel Gewicht verloren würde, wirke sich das auf den Cholesterin-Gehalt der Gallensäure aus, ebenso auf das Entleeren der Gallenblase, was beides zur Bildung von Gallensteinen beitragen könne, erklärt Dr. Kari Johanson.
Im Rahmen ihrer Studie überprüften Johansson und ihr Team diese Vermutung. Sie untersuchten dazu Daten von 6.640 Teilnehmern an 28 Zentren des schwedischen Unternehmens „Intrim“, das Gewichtsverlustprogramme anbietet. Die Hälfte der Teilnehmer folgte einer sehr niedrig kalorischen Formula-Diät, die 500 Kilokalorien am Tag vorsah. Nach sechs bis zehn Wochen begannen sie nach und nach wieder mit einer normalen Ernährung. Die andere Hälfte der Teilnehmer schränkte ihre Kalorienzufuhr mäßiger ein. Sie nahmen für die Dauer von drei Monaten 1.200 bis 1.500 Kilokalorien am Tag über zwei normale und zwei Formula-Mahlzeiten ein. Beide Gruppen ergänzten die dreimonatige Abnehmphase um eine neunmonatige Gewichtserhaltungsphase, in der sie regelmäßig Sport machten und sich gesund ernährten.
Teilnehmer der extrem energiearmen Diät nahmen in den ersten drei Monaten knapp 13 Kilogramm ab, Teilnehmer der leicht energiereduzierten Gruppe acht Kilogramm. Nach einem Jahr waren es in der extrem energiearmen Gruppe noch durchschnittlich elf Kilogramm, die leicht energiereduzierte Gruppe konnte ihr Gewicht im Mittel halten.
Ein deutlicher Unterschied zeigte sich im Auftreten von schmerzhaften Gallensteinen. Während 48 Probanden der extrem niedrig kalorischen Diät-Gruppe aus diesem Grund ins Krankenhaus kamen und bei 29 die Gallenblase entfernt wurde, waren es 14 bzw. neun Teilnehmer der mäßig reduzierten Diät-Gruppe. Auch wenn es als niedrig einzustufen ist, war das Risiko, nach einem Jahr Gallenstein-Beschwerden zu entwickeln oder die Gallenblase entfernt zu bekommen, in der extrem niedrig kalorischen Diätgruppe somit näherungsweise dreimal höher als in der Vergleichsgruppe.
Den exakten Grund für das häufigere Auftreten von Gallensteinen in der extrem niedrig kalorischen Gruppe konnten die Forscher nicht ausfindig machen. „Ein Faktor, der dazu führte, war, dass sie [die Teilnehmer] während der Nachverfolgung mehr Gewicht verloren … ein anderer könnte sein, dass sie vielleicht weniger Fett verzehrt haben“, sagt Johansson der Nachrichtenagentur Reuters Health.
„Ob die Vorteile einer zusätzlichen Gewichtsabnahme in der sehr niedrig kalorischen Diätgruppe das zusätzliche Risiko für Gallensteine und eine Gallenblasenentfernung wert sind, hängt möglicherweise von der Erkrankung der Patienten ab und dem Status ihrer Risikofaktoren ebenso wie von ihren Präferenzen“, schreiben die schwedischen Forscher.
Quellen einblenden
- Grens LK (08.06.2013): Crash diet tied to increased gallstone risk.
- Johansson K, Sundström J, Marcus C, Hemmingsson E, Neovius M: Risk of symptomatic gallstones and cholecystectomy after a very-low-calorie diet or low-calorie diet in a commercial weight loss program: 1-year matched cohort study. International Journal of Obesity 2013, 1–6
verfasst von Sabrina Rauth am 27. Juni 2013 um 07:47
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Diäten sind absoluter Schwachsinn. Wer nicht bereit ist, seine Ernährung komplett umzustellen und auf einiges zu verzichten, soll so bleiben wie er ist.
Eine sehr interessante Studie ist auch die von Keys, A., Brožek, J., Henschel, A., Mickelsen, O., & Taylor, H. L., The Biology of Human Starvation (2 volumes), University of Minnesota Press, 1950.
Ziel des Experimentes war es, festzustellen, welche Langzeitwirkung eine extrem energiearme Diät auf Menschen hat. Man hat bei insgesamt 32 Probanden über einen Zeitraum von insgesamt einem Jahr die Auswirkungen auf den körperlichen Zustand und auf den geistigen Zustand ermittelt. Als Fazit aus dem Minnesota-Experiment von Ancel Keys kann man ziehen, dass eine extrem energiearme Diät dem Körper absolut schadet und nicht zu empfehlen ist. Die Folge können dauerhafte gesundheitliche Schäden und zudem der sogenannte Jojo-Effekt sein.