Eisenmangel erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 23. November 2021
Neben Rauchen, starkem Übergewicht, Diabetes und erhöhten Cholesterinwerten begünstigt wohl auch ein Eisenmangel das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
In früheren Studien wurde gezeigt, dass Menschen, die eine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben und unter Eisenmangel leiden, ein höheres Risiko für Krankenhausaufenthalte haben und häufiger versterben als andere Patienten ohne Eisenmangel. In anderen Studien verbesserte eine intravenöse Eisengabe bei Menschen mit Herzinsuffizienz nicht nur deren Herzbeschwerden, sondern auch ihre körperliche Leistungsfähigkeit, Lebensqualität und war darüber hinaus von klinischem Nutzen.
Doch wie sieht der Zusammenhang bei Personen ohne Vorbelastung aus? Dr. Benedikt Schrage vom universitären Herz- und Gefäßzentrum Hamburg und seine Kollegen untersuchten anhand von Daten aus drei europäischen Kohortenstudie den Zusammenhang zwischen Eisenmangel und Herz-Kreislauf-Risiken bei Personen ohne Vorerkrankung des Herzens. An der Studie nahmen insgesamt 12.164 Personen im Alter von 45 bis 68 Jahren teil. Der Männeranteil lag bei 45 Prozent. Zu Beginn der Studie untersuchte das Forscherteam den Eisenstatus aller Teilnehmenden. Dabei unterschieden sie zwischen drei verschiedenen Eisenmangelsituationen:
- Absoluter Eisenmangel: Ferritinwert (Depot-Eisen) unter 100 Mikrogramm/Liter,
- Schwerer absoluter Eisenmangel: Ferritinwert unter 30 Mikrogramm/Liter,
- Funktioneller Eisenmangel: Ferritinwert unter 100 Mikrogramm/Liter oder Ferritinwert zwischen 100 und 299 Mikrogramm/Liter und Transferrinsättigung (Eisentransportprotein) unter 20 Prozent.
Während des 13-jährigen Beobachtungszeitraums wurden alle aufgetretenen Schlaganfälle, Fälle von koronarer Herzkrankheit (KHK) und Todesfälle dokumentiert. In den statistischen Analysen berücksichtigten die Wissenschaftler den Effekt anderer Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und weiterer Störgrößen.
Von allen Probanden hatten mehr als die Hälfte (60 Prozent) bei Studienbeginn einen absoluten Eisenmangel. Jeder Siebte (16 Prozent) hatte sogar einen schweren Eisenmangel und knapp zwei Drittel (64 Prozent) der Probanden erfüllten die Kriterien eines funktionellen Eisenmangels. Während der Nachbeobachtungszeit starben 2.212 Personen (18 Prozent). Bei 573 Personen (5 Prozent) waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen die Todesursache. 1.033 Probanden (9 Prozent) erhielten eine KHK-Diagnose.
Insbesondere Personen mit funktionellem Eisenmangel hatten ein deutlich höheres Risiko für KHK (+24 Prozent), tödlich verlaufende Herz-Kreislauf-Erkrankungen (+26 Prozent) und eine erhöhte Gesamtsterblichkeit (+12 Prozent) gegenüber Personen ohne funktionellen Eisenmangel. Ein absoluter Eisenmangel war mit einem um 20 Prozent höheren KHK-Risiko assoziiert. Dagegen bestand kein Zusammenhang zwischen einem absoluten Eisenmangel und der Sterblichkeit. Anders gestaltete sich die Situation bei einem schweren absoluten Eisenmangel. Dieser ging mit einer um 28 Prozent erhöhten Gesamtsterblichkeit einher. Dagegen fanden die Wissenschaftler keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen einem Eisenmangel und dem Auftreten von Schlaganfällen.
Die Berechnungen prognostizierten darüber hinaus, wie die Situation gewesen wäre, wenn die Probanden zu Studienbeginn keinen funktionellen Eisenmangel gehabt hätten. Demnach hätte jeder 20. Todesfall, knapp jeder achte Todesfall infolge einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und jede neunte neu diagnostizierte KHK in der folgenden Dekade bei gutem Eisenstatus vermieden werden können.
Zu den methodischen Schwächen dieser großen Studien zählen die lediglich einmalige Erhebung des Eisenstatus und das Querschnittsdesign der Studie, das keine Aussage über Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge erlaubt. Dennoch werten die Wissenschaftler die Ergebnisse ihrer Studie als Hinweis auf einen Zusammenhang zwischen dem Eisenstatus und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie Todesfällen.
Ein schwerer Eisenmangel lässt sich nur schwer ohne Supplementation beheben. Daher ist es ratsam, der Entstehung eines Eisenmangels vorzubeugen. Gute Eisenquellen sind rotes Fleisch, Innereien, Weizenkleie, Hülsenfrüchte (Linsen, Kichererbsen, Bohnen), Pseudogetreide (Quinoa, Amaranth, Hirse), Tofu, Spinat und Feldsalat, Sesam, Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne und Leinsamen sowie getrocknete Aprikosen. Der Körper kann Eisen aus pflanzlichen Lebensmitteln besser verstoffwechseln, wenn gleichzeitig Vitamin C aufgenommen wird (zum Beispiel durch Kombination mit Beeren, roter Paprika oder Kohl). Dagegen behindern Kaffee, schwarzer Tee oder Wein, Milchprodukte und Eier die Eisenaufnahme.
Quellen einblenden
- B. Schrage, N. Rübsamen, F. M. Ojeda et al. (2021): Association of iron deficiency with incident cardiovascular diseases and mortality in the general population. ESC Heart Failure, Online-Vorabveröffentlichung
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 23. November 2021 um 11:06
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