Ernährungsbericht 2012 erschienen
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Freitag, 25. Januar 2013
Wie ist die Ernährungssitutation in Deutschland zu beurteilen? Welche gesundheitlichen Risiken lassen sich erkennen? Welche Trends zeichnen sich ab? Diese und viele weitere Fragen beantwortet der Ernährungsbericht, der seit 1969 alle vier Jahre erscheint. Im Fokus steht diesmal die Ernährungssituation von Senioren.
Anlässlich der Übergabe des aktuellen Ernährungsberichtes an die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner wurden erste Ergebnisse bekannt. Die positive Nachricht vorweggenommen: Hierzulande zeichnet sich ein Trend hin zu einer bewussteren Ernährung ab. Im letzten Jahrzehnt (2000 bis 2011) stieg der Gemüseverbrauch pro Person in Deutschland um durchschnittlich 1,1 Kilogramm pro Jahr an. 2011 waren es somit rund 25 Kilogramm Gemüse pro Person. Im selben Zeitraum nahm auch der Fischverbrauch zu. Durch den gesteigerten Gemüse- und Fischverbrauch hat sich die Versorgung mit gesundheitsfördernden Omega-3-Fettsäuren (in fettreichem Fisch), dem lebenswichtigen Spurenelement Jod (in Meeresfisch enthalten), sowie Vitaminen, Mineralstoffen, sekundären Pflanzenstoffen und Ballaststoffen (aus Gemüse) erhöht. Diese Entwicklung wird von Ernährungswissenschaftlern begrüßt. Verglichen mit den bestehenden Empfehlungen (täglich mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse), werden jedoch immer noch zu wenig pflanzliche Lebensmittel verzehrt.
Verbesserungsbedarf besteht auch hinsichtlich des Verzehrs von Fleisch- und Wurstwaren: Weiterhin essen Männer in Deutschland mehr als doppelt so viel Fleisch und Wurst pro Woche als von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlen wird: Liegt der Orientierungswert der DGE bei 300 bis 600 Gramm pro Woche, beträgt der tatsächliche Verbrauch circa ein Kilogramm. Frauen essen zwar im Durchschnitt etwas weniger Fleisch- und Wurstwaren, aber auch ihr Verzehr liegt im oberen Bereich des DGE-Orientierungswertes.
Trotz der verzeichneten Zunahme des Gemüseverzehrs in Deutschland stagnierte der Anteil an übergewichtigen Menschen auf hohem Niveau. Sechs von zehn Männern (60 Prozent) und vier von zehn Frauen (43 Prozent) sind übergewichtig. Der Anteil Übergewichtiger steigt mit zunehmendem Alter an: Bei den 70- bis 74-Jährigen sind drei Viertel der Männer (74 Prozent) und zwei Drittel der Frauen (63 Prozent) übergewichtig. Zwar kommt Übergewicht im Kindesalter inzwischen seltener vor als früher, Aufklärungskampagnen über gesunde Ernährung und mehr Bewegung sollten jedoch mit großem Engagement fortgesetzt werden, so Aigner.
Ein besonderer Fokus des aktuellen Berichtes gilt der Ernährungssituation von Senioren. Ebenso wie der Rest der Bevölkerung essen Senioren zu wenig Getreide, Kartoffeln, Obst, Gemüse und Fisch, aber zu viele Fleisch- und Wurstwaren, so die DGE. Generell sei ein Großteil der älteren Bevölkerung ausreichend mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt, problematisch sei allerdings die Versorgung mit Vitamin D. Dieses Vitamin ist gerade im Alter von großer Bedeutung, da es gemeinsam mit dem Mineralstoff Calcium zur Erhaltung der Knochenstabilität beiträgt.
Die DGE beurteilte die Ernährungssituation von in Privathaushalten lebenden Senioren mit Pflegebedarf als insgesamt verbesserungswürdig. Nur jede dritte Person in dieser Gruppe wies einen normalen Ernährungszustand auf. Abhilfe sollen von der DGE entwickelte Empfehlungen für Privatpersonen, die Pflegebedürftige betreuen, Hausärzte und Pflegefachkräfte schaffen.
Was von der Stiftung Warentest bereits 2011 bemängelt wurde, bestätigt nun auch die DGE: Sie stufte die Qualität von „Essen auf Rädern“ durchweg negativ ein. Die derzeit bestehenden Angebote würden zwar bei Seniorinnen und Senioren auf große Zufriedenheit stoßen, den ernährungsphysiologischen Bedürfnissen dieser Altersgruppe aber nicht entsprechen. Bemängelt wurde beispielsweise, dass ein Drittel der Anbieter nie Salat oder Rohkost auf dem Speiseplan hätten und mehr als die Hälfte der Anbieter nicht täglich ein vegetarisches Gericht zur Auswahl anböten. Damit einher ging ein viel zu häufiger Verzehr von Fleisch. Auch würden mehr als zwei Drittel (70 Prozent) der Anbieter den Gesundheitszustand ihrer Kunden nur teilweise kennen, vier von zehn Anbietern (40 Prozent) wüssten nichts über die Pflegestufe ihrer Kundschaft. Bei Berücksichtigung des Gesundheitszustandes der Kunden (z. B. Informationen oder Kenntnisse über Schluckbeschwerden) könnte das Wohlbefinden und die Gesundheit der Menschen aber über eine zielgerichtete Versorgung gesteigert werden. Auch hierzu wurden von der DGE Empfehlungen für Anbieter von „Essen auf Rädern“ erarbeitet.
Der neue Ernährungbericht ist ab sofort hier erhältlich.
Quellen einblenden
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2012): DGE überreicht Ernährungsbericht 2012 an Ministerin Aigner. Pressemitteilung vom 14.12.2012.
- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2012): Ernährung im Alter.
- Ballwieser D (Spiegel.online, 14.12.2012): DGE-Ernährungsbericht 2012: So isst Deutschland.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 25. Januar 2013 um 07:12
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