Fernsehen raubt Lebenszeit
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 11. August 2011
Menschen, die täglich mehr als drei Stunden fernsehen, erkranken häufiger an Typ-2-Diabetes sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und haben ein erhöhtes Sterberisiko. Dies ergab eine wissenschaftliche Analyse, deren Ergebnisse Mitte Juni in der Zeitschrift der American Medical Association veröffentlicht wurden.
Einzelne wissenschaftliche Studien beschränken sich häufig auf eine bestimmte Zielgruppe oder Studienpopulation, beispielsweise Menschen einer bestimmten Altersklasse, die Einwohner eines bestimmten Landes, etc. Um aussagefähigere Ergebnisse zu erhalten, haben Forscher der University of Southern Denmark und der Harvard School of Public Health in Boston (A. Grøntved und F. B. Hu) die Daten von acht großen Studien aus Europa, Australien und den USA in einer Studie zusammengefasst. In Bezug auf die Zielgrößen Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Sterberisiko konnten auf diese Weise Daten von 175.938, 34.253 bzw. 26.509 Menschen ausgewertet werden.
Im Ergebnis stieg das Risiko, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken, mit jeden zwei Stunden Fernsehkonsum um 20 Prozent, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhte sich um 15 Prozent. Dies war jedoch nicht das einzige alarmierende Ergebnis: Auch die Gesamtmortalität, also das Sterberisiko insgesamt, stieg um 13 Prozent. Bezogen auf die Neuerkrankungs- und Sterberaten in der US-amerikanischen Bevölkerung errechneten die Wissenschaftler, dass zwei Stunden mehr Fernsehschauen jährlich zu jeweils 176 zusätzlichen Fällen von Typ-2-Diabetes und 104 zusätzlichen Todesfällen pro 100.000 Einwohnern führen. 38 der 104 Todesfälle sind auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen.
Laut Grøntved und Hu ist Fernsehen nach Arbeiten und Schlafen bei vielen Menschen die zeitintensivste Alltagsbeschäftigung. In europäischen Ländern betrage die tägliche Fernsehdauer durchschnittlich dreieinhalb bis vier Stunden, in den USA sogar fünf Stunden. Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse ihrer Studie von besonderer Relevanz. Die Auswirkungen des zunehmenden Zeitaufwands für Computerspiele wurden in diesen Berechnungen noch nicht berücksichtigt.
Ein Teil des durch Fernsehen verursachten zusätzlichen Erkrankungs- und Sterberisikos konnte auf eine ungünstige Ernährungsweise (1), teilweise in Verbindung mit einem erhöhten BMI, zurückgeführt werden. Sicher leistet an dieser Stelle auch die Fernsehwerbung einen Beitrag. Weitere nachteilig wirkende Gewohnheiten können in vermehrtem Rauchen sowie einer geringen körperlichen Aktivität bestehen.
(1) vermehrter Konsum energiereicher, nährstoffarmer Lebensmittel und Getränke wie Chips, Schokolade, Softdrinks und Alkohol
Quelle:
Grøntved A, Hu FB (2011): Television viewing and risk of type 2 diabetes, cardiovascular disease, and all-cause mortality. A meta-analysis. JAMA 2011; 305: 2448-2455.
Zum Thema
- Deutsches Ärzteblatt (19.10.2011): US-Pädiater: Fernsehen und Computer schaden Kleinkindern
- Das “ISO-Syndrom”
- Deutsches Ärzteblatt (16.11.2011): Gesunde Kinder dank Bewegung, Schlaf und wenig Fernsehen
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 11. August 2011 um 06:29
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