Fleischersatzprodukte: Die gesündere Alternative?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 13. Juli 2016
Sommerzeit ist Grillzeit. Weil immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum einschränken oder ganz darauf verzichten, stellt sich auch beim Grillen immer häufiger die Frage: Gibt es pflanzliche Alternativen? – Die gibt es, allerdings lässt die Qualität von fleischfreien Schnitzeln, Burgern und Co. meistens zu wünschen übrig, wie das Verbrauchermagazin „Öko-Test“ kürzlich ermittelte.
Zum Test stand eine breite Palette von Fleischersatzprodukten, also Produkte, die ihren fleischhaltigen Vorbildern möglichst nahe kommen sollen. Die Veggie-Schnitzel, -Burger, -Hackbällchen und -Wurstwaren wurden in (Bio-)Supermärkten, Discountern und im Reformhaus eingekauft. Wer macht das Rennen: Biologisch oder konventionell erzeugte Produkte, Markenware oder Eigenmarken der Supermärkte?
Das wurde getestet: Im Labor wurden alle Fleischersatzprodukte auf Verderbnis und Keime und damit die Einhaltung der Kühlkette getestet. Auf dem Testprotokoll stand außerdem die Analyse von problematischen Mineralölen, Pflanzenschutzmitteln und Weichmachern. Produkte, die auf Soja (Tofu) basierten, wurden auf gentechnisch veränderte Bestandteile geprüft. Bewertet wurde auch der Fett- und Salzgehalt. Alle Produkte wurden anonymisiert von Sensorikexperten verkostet und beschrieben. Außerhalb des Labors wurde geprüft, ob die Packungsauslobungen den gesetzlichen Vorgaben entsprachen, ob die Hersteller versuchten, Kalorien- oder Fettgehalte kleinzurechnen, indem sie Nährwertangaben für Miniportionen angaben, oder ob andere Unstimmigkeiten vorlagen. Außerdem wurden alle Hersteller schriftlich nach der Herkunft der eiweißhaltigen Bestandteile ihrer Fleischersatzprodukte gefragt. Denn es macht laut „Öko-Test“ „… wenig Sinn, aus Tierschutzgründen auf Fleisch zu verzichten, wenn Eier aus Käfighaltung oder Soja aus Regenwaldgebieten eingesetzt werden“.
Die inneren Werte: Die Ergebnisse der chemischen Analysen gaben viel Anlass zu Kritik. In den meisten Fleischersatzprodukten fanden die Prüfer Mineralstoffrückstände, die wahrscheinlich aus Kunststoffverpackungen der Produkte stammten. Diese Stoffe können sich im Gewebe anreichern und langfristig Organe schädigen. In zwei Supermarktprodukten und einer Bio-Bratwurst wurden Spuren von gentechnisch verändertem Soja nachgewiesen – ein Indiz dafür, dass sich Verunreinigungen von gentechnikfreiem Soja trotz strenger Kontrollen mittlerweile kaum vermeiden lassen.
Im Hinblick auf den Fettgehalt war die pflanzliche Alternative nicht immer die bessere Wahl. Insbesondere die Veggie-Steaks waren ähnlich fett wie ihre tierischen Originale. Vegetarische Wurst ist dagegen im Allgemeinen fettärmer als das tierische Pendant. Manche Fleischersatzprodukte hatten in puncto Fettqualität die Nase vorn. Dies galt allerdings nur, wenn für die Herstellung pflanzliche Öle, die reich an einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren sind, verwendet wurden. Bei Verwendung von Palm- oder Kokosfett steigt der Anteil an ungünstigen gesättigten Fetten auch bei den Fleischersatzprodukten.
Mehr als die Hälfte der getesteten Fleischersatzprodukte enthielten über zwei Gramm Salz pro 100 Gramm. Diese Produkte wurden abgewertet, da bei Kombination der Produkte mit einer salzhaltigen Beilage (zum Beispiel Brot) rasch die Hälfte des Tagesrichtwerts für Salz (maximal sechs Gramm pro Tag) erreicht oder sogar überschritten wird.
Der Geschmack: Während der Geschmack der Fleischersatzprodukte häufig täuschend echt zu den tierischen Originalen war, konnte die weiche bis breiige Konsistenz vieler Produkte die pflanzliche Herkunft nicht verbergen. Sensorische Mängel wurden allerdings bei keinem Produkt entdeckt. Der fleischähnliche Geschmack war bei fast allen konventionellen und vier Bioprodukten auf die Verwendung von Aromen und konzentrierte, glutamathaltige Zusätze (zum Beispiel Hefeextraxt) zurückzuführen. Dass es auch anders geht, bewiesen einige Produkte, die nur mit geschmacksintensiven Gemüsesorten, Gewürzen und Kräutern oder Zutaten, die natürliches Glutamat enthalten, gewürzt waren. Erfreulicherweise schnitten sie in der Sensorikprüfung nicht schlechter ab. Um den tierischen Vorbildern möglichst nahe zu kommen, wurde außerdem eine ganze Reihe von Zusatzstoffen eingesetzt, darunter Verdickungsmittel, Füll- und Farbstoffe.
Die Herkunft: Die meisten Eiweißrohstoffe stammten direkt aus Deutschland, anderen EU-Staaten oder Osteuropa. Sechs Hersteller antworteten nicht auf die Anfrage von „Öko-Test“, sodass das Verbrauchermagazin eine „Erzeugung unter fragwürdigen Bedingungen“ nicht ausschließen konnte.
Das Testergebnis: Von den 22 getesteten Fleischersatzprodukten erhielt lediglich ein Produkt die Gesamtnote „gut“. Dabei handelte es sich erstaunlicherweise um das Soja-Schnitzel eines Discounters. Knapp die Hälfte der Produkte im Test konnten nicht überzeugen: zwei Produkte wurden als „mangelhaft“ eingestuft, acht sogar als „ungenügend“. Im Vergleich schnitten konventionell erzeugte Ersatzprodukte schlechter ab als Bioware
Fazit: Die derzeitige Qualität von Fleischersatzprodukten konnte die Prüfer von „Öko-Test“ nicht überzeugen. Daher empfiehlt das Magazin Verbrauchern, selbst zum Kochlöffel zu greifen. Vegane Burger und Brotaufstriche aus Bohnen, Erbsen und Tofu lassen sich leicht selbst herstellen – ganz ohne künstliche Aromen, Zusatzstoffe und viel Salz.
Quelle einblenden
- Öko-Test (2016): Vegetarische/Vegane Fleischersatzprodukte: Auch nicht ohne.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 13. Juli 2016 um 07:14
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Schade, dass der bereits „auf Aufmerksamkeit hin“ formulierte und undifferenziert ausgestaltete Test hauptsächlich wiedergegeben wurde. Auf dem Zug – kein Fleisch für die Veggies – fahren schon genug unsachliche Falschinformationen und umformulierte Halbwahrheiten mit, an dieser Stelle hätte man da nicht noch mit aufspringen müssen.