Flexitarier – weder Fisch noch Fleisch… oder doch?
Autor/in: Sabrina Rauth,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 31. Januar 2012
Vegetarier sind weit verbreitet, daher gut bekannt. Aber was hat man sich unter Flexitariern vorzustellen? Dieser Begriff ist in unseren Breiten noch recht neu, den Amerikanern aber ist er sehr geläufig. Schon im Jahr 2003 kürte die Amerikanische Gesellschaft für Dialekt „flexitarian“ als brauchbarsten Begriff des Jahres. Flexitarier sind so etwas wie flexible Vegetarier, also Leute, die zwar Fleisch essen, dies aber nicht regelmäßig oder täglich tun; eine Art Halbzeitvegetarier. Der AID umschreibt einen Flexitarier als „einen sehr maßvollen, auf Tierschutz bedachten und sehr qualitätsbewussten Fleischesser“. Neben Umweltaspekten spielt bei der Entscheidung sich flexitarisch zu ernähren, auch ein verstärktes Gesundheitsbewusstsein mit hinein.
Der Flexitarismus könnte vielleicht mehr Leute dazu überzeugen, öfter vegetarisch zu essen, weil hier Absolutheit nicht länger gefordert wird. Nach einer Forsa-Studie zählten im Vorjahr mit 42 Millionen bereits 52 Prozent der Deutschen zu den Flexitariern, definiert als Menschen mit Fleischverzicht an drei Tagen in der Woche oder öfter – die meisten wahrscheinlich ohne es zu wissen.
Flexitarismus liegt im Trend. Das prophezeien nicht nur AID und Hamburger Abendblatt: Auch CNN und Newsweek berichteten darüber. In den Niederlanden haben Flexitarier bereits eine eigene Homepage und die Metzger nehmen dort vorgefertigte vegetarische Mahlzeiten in ihr Angebot auf. Und die Compass Group, das weltweit größte Cateringunternehmen, startete im Jahr 2010 eine „Be a Flexitarian“-Initiative in Amerika, wie die Albert-Schweizer-Stiftung mitteilt.
Trotz wachsender Beliebtheit gibt es aber auch kritische Stimmen zu dieser Ernährungsform: „Die Mehrheit der Leute in Deutschland isst doch eh an manchen Tagen kein Fleisch. Das auch noch zu propagieren, ist eine weitere Verwässerung des ohnehin verwässerten Begriffes Vegetarier.“ So das Urteil von Christian Vagedes, dem Gründer und Vorsitzenden der veganen Gesellschaft Deutschland in einem taz-Interview vom 25. September 2011. Weiter denkt Vagedes, dass ein Flexitarier oder Halbvegetarier früher oder später wieder „rückfällig“ werden würde und fordert daher einen kompromisslosen Wechsel.
Katharina Rimpler, Initiatorin des Projekts Halbzeitvegetarismus, die ebenfalls an dem Interview teilnahm, vertritt dazu eine andere Meinung. „Sie irren, wenn Sie sagen, die Leute seien in der Regel schon Halbzeitvegetarier“, entgegnet sie Vagedes. „Das ist man nicht, wenn man nicht jeden Tag Fleisch isst, sondern wenn man nur noch die Hälfte von der Fleischmenge isst, die man bisher gewohnt war.“ Rimpler spricht sich zwar auch für einen weitgehenden Fleischverzicht aus, will dabei aber gemäßigter vorgehen: „Bei der Halbzeitvegetarier-Kampagne sagen wir den Leuten, dass es okay ist, wenn sie nicht von heute auf morgen ganz mit Fleischverzehr aufhören und begleiten sie auf dem Weg, nur noch die Hälfte zu essen.“ Im Rahmen des Halbzeitvegetarier-Projektes werden Tandems gebildet nach dem Motto: Auch zwei halbe Vegetarier ergeben einen ganzen. Rimpler denkt, dass durch ihre Kampagne viele Leute dazu gebracht werden können, weniger Fleisch zu essen und sich generell Gedanken über ihre Ernährung zu machen.
Auf die Frage warum denn nicht gleich komplett vegetarisch, antwortet sie: „Entweder ganz oder gar nicht: Das ist nicht die produktivste Herangehensweise.“ Sie setzt auf eine schrittweise erfolgende Umstellung, nicht auf eine radikale Veränderung. Dadurch will sie die Einstiegsschwelle senken, um möglichst viele Menschen zu erreichen. „Innerer Wandel geht Schritt für Schritt. Der funktioniert nicht durch Verzicht, sondern durch die Entdeckung einer Sache, die mir langfristig guttut“, so Rimpler.
Quellen einblenden
Quellen:
- Klein B (aid, 4.1.2012): Niederländische Fleischer ohne Fleisch: Lieber weniger, dafür bessere Qualität
- Unfried P (taz, 25.9.2011): Streitgespräch: Veganer vs. Flexitarier. „Man muss einen Cut machen!“
- https://halbzeitvegetarier.de/
- Niederländische Homepage „Ik ben Flexitarier“
- Albert-Schweitzer-Stiftung (8.01.2010): Weltgrößter Catering-Anbieter wird flexitarisch
- Newsweek Magazine. The Daily Beast (28.9.2008): Part-Time Vegetarians
- CNN Helath (2.10.2007): 5 healthy food trends worth following
- American Dialect Society: 2003 Words of the Year
Zum Weiterlesen
Erfahren Sie hier, welche gesundheitlichen Vorteile einer vegetarischen Ernährung zugeschrieben werden.
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verfasst von Sabrina Rauth am 31. Januar 2012 um 08:02
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Ich finde auch, dass man nicht unbedingt jeden Tag Fleisch essen sollte. Ein bisschen Abwechslung schadet nie.
Ich persönlich habe in 2008 bei allen meinen regelmäßig gekochten Rezepten die Fleischmenge pro Person halbiert und gleichzeitig viele fleischlose Rezepte ins Programm aufgenommen. Dazu Wurstwarenin der uübrigen Ernährung reduziert. Das bringt vor allem mehr Vielfalt und hat zu einer Fleischreduktion von 75 Prozent in meiner Ernährung geführt. Das ist doch das, was unser Ziel als Gesellschaft ist ….. an Glaubenskriegen beteilige ich mich nicht …. Da bin ich mal auf die „flexible respond“ gespannt …..
Ich bin seit einem halben Jahr Flexi ^^ habe meine Ernährung umgestellt und kaufe nur noch Biofleisch … und das kann man sich (wenn es denn das Gute ist) eh nicht täglich leisten.
Ich denke das es nicht verkehrt ist die Menschen dazu zu animieren nicht jeden Tag Fleisch zu essen. Ich finde der Körper braucht Fleisch, aber er braucht es nicht jeden Tag.