Frankreich verbietet Bisphenol A
Autor/in: Sabrina Rauth,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 27. Februar 2013
EFSA-Gutachten für Mai 2013 erwartet
Eine allgemeine EU-weite Regelung zu Bisphenol A, einem gesundheitlich strittigen Ausgangsstoff für Kunststoffe, gibt es bisher nicht. Frankreich spricht deshalb schon jetzt ein generelles Verbot aus. Ab Mitte 2015 soll die Substanz in Lebensmittelverpackungen nicht mehr eingesetzt werden. Kunststoff-Verpackungen für Kleinkind-Nahrungsmittel müssen bereits ab diesem Jahr Bisphenol-A-frei sein.
Bisphenol A ist eine chemische Substanz, aus der Kunststoffe hergestellt werden. Diese kommen zum Beispiel in Form von Behältern oder Flaschen mit Lebensmitteln in Berührung. Sie finden sich aber auch als Beschichtungen in Getränke- und Konservendosen. Gesundheitlich kritisch wird Bisphenol A dann, wenn es sich wieder aus dem Kunststoff herauslöst.
Bisphenol A kann mit der Nahrung aufgenommen werden und wird anschließend im Körper abgebaut. Dadurch verliert es seine hormonähnliche Wirkung und wird nachfolgend über die Nieren ausgeschieden. Die Verbindung ähnelt im Aussehen und seiner Wirkung dem weiblichen Geschlechtshormon Östrogen. Bisphenol A kann daher störend in den Hormonhaushalt eingreifen, falls es unbeschadet in das Blutgefäßsystem gelangt.
Die Substanz steht im Verdacht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Störungen der Sexualentwicklung und Diabetes mellitus zu begünstigen. Diese Zusammenhänge wurden zwar festgestellt, konnten aber bisher nicht ursächlich nachgewiesen werden. Kanada verbot bereits 2008 Bisphenol A dennoch aus Gründen des vorsorgenden Verbraucherschutzes in Babyflaschen. Frankreich und Dänemark folgten im Jahr 2010. Um in der EU eine einheitliche Rechtslage zu schaffen, zog die Europäische Kommission 2011 mit einem europaweiten Verbot für den Einsatz von Bisphenol A in Babyflaschen nach. Sie behält sich jedoch eine erneute Diskussion vor, sobald die Datenlage klarer sei.
Die Wirkungen der Chemikalie wurden im Tierversuch getestet und auf dieser Grundlage ein Aufnahmehöchstwert abgeleitet, bei dem keine nachteiligen Folgen zu erwarten sind. Die täglich akzeptable Aufnahmemenge, die einen Sicherheitsfaktor von 100 beinhaltet, beträgt 0,05 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Die Aufnahme durch Kinder und Kleinkinder liegt nach Berechnungen der WHO und des Umweltbundesamts deutlich unter diesem Wert.
Einige Wissenschaftler kritisieren jedoch, dass im Fall hormonähnlicher Stoffe niedrige Mengen ebenfalls gesundheitliche Schäden anrichten könnten. Diese Mengen wurden unzureichend getestet, da für Substanzen eine lineare Dosis-Wirkungs-Beziehung angenommen wird. Um mögliche Wirkungen festzustellen, wird von hohen zu niedrigeren Dosen geprüft. Wenn bei einer gewissen Menge keine Wirkung mehr eintritt, gilt nach dem linearen Dosis-Wirkungs-Modell eine kleinere Menge als sicher.
Das Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) bewertet Bisphenol A aktuell neu. Dabei sollen auch mögliche Effekte von Niedrigdosen berücksichtigt werden. Das Ergebnis dieser Untersuchung wird voraussichtlich ab Mai diesen Jahres zur Verfügung stehen.
Quellen einblenden
- EFSA: Bisphenol A. Abgerufen am 28.01.2013
- Die Welt (09.10.2012): Frankreich verbietet Bisphenol A in Verpackungen
- BfR (23.05.2012): Ausgewählte Fragen und Antworten zu Bisphenol A in verbrauchernahen Produkten
- Official Journal of the European Union (29.01.2011): Commission Directive 2011/8/EU of 28 January 2011 amending Directive 2002/72/EC as regards the restriction of use of Bisphenol A in plastic infant feeding bottles Text with EEA relevance
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verfasst von Sabrina Rauth am 27. Februar 2013 um 06:45
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