Gut versorgt? DGE veröffentlicht Ergebnisse zur Verpflegung in Kitas
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 15. Juni 2016
Bis der neue Ernährungsbericht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung veröffentlicht wird, wird es wohl noch bis Ende 2016 dauern. Interessierte können aber bereits jetzt die Ergebnisse zur Verpflegung in Senioreneinrichtungen und Kitas einsehen. Einige Ergebnisse zur Verpflegung in Kitas haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.
Seit dem 1. August 2013 besteht für jedes Kind in Deutschland ab einem Alter von einem Jahr ein Rechtsanspruch auf einen öffentlich geförderten Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung (Kita) oder Kindertagespflege (früher: Tagesmutter). Durch den Ausbau dieser Einrichtungen hat auch die Verpflegung der dort betreuten Kindern an Relevanz gewonnen. Mittlerweile werden in Deutschland fast drei Millionen Kinder in Kitas betreut und zwei von drei Kindern (etwa zwei Millionen) werden dort über Mittag verpflegt. Dies entspricht einer Verdopplung der Anzahl der Kinder mit Mittagsverpflegung seit dem Jahr 2000.
Doch wie gut ist die Verpflegung in Kitas? An der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg wurde aktuell im Auftrag des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Ernährungssituation in Kitas untersucht. Zum Studiendesign zählte eine bundesweite schriftliche Befragung, an der sich 1.408 Kitas beteiligten, also ein Fünftel der angeschriebenen 7.000 Kitas. Von knapp der Hälfte der Einrichtungen konnten außerdem 4-Wochen-Speisepläne anhand der „DGE-Qualitätsstandards für die Verpflegung in Tageseinrichtungen für Kinder“ evaluiert werden. Ergänzt wurden diese Auswertungen durch Nährwertberechnungen und chemische Analysen an kleineren Stichproben.
Vieles ist gut, manches lässt sich aber auch noch verbessern: so lassen sich die Ergebnisse der Wissenschaftler zusammenfassen. Positiv bewertet wurde die starke Orientierung an der Zielgruppe. Beispielsweise wird die Zufriedenheit der Kinder schon an zweiter Stelle der Herausforderungen für die Kitas genannt, direkt nach dem Kostenmanagement. In den meisten Kitas wird daher die Zufriedenheit der Kinder regelmäßig erfasst. Geschmackliche Vorlieben der Kinder werden bei der Gestaltung des Speiseplans ebenso berücksichtigt wie ihre speziellen und kulturellen Bedürfnisse. Honoriert wurde außerdem die Fokussierung vieler Einrichtungen auf Ernährungssozialisation und -bildung. In vielen Kitas isst das Personal gemeinsam mit den Kindern, erklärt ihnen, welche Lebensmittel sie gerade essen, und pflegt Regeln und Rituale. Außerdem werden auch außerhalb der Mahlzeiten Aktivitäten im Bereich der Ernährungsbildung angeboten.
Bei der Auswertung der 4-Wochen-Speisepläne der Kitas stellten die Wissenschaftler fest, dass fast alle Kitas (96,5 Prozent) die Anforderung des DGE-Qualitätsstandards erfüllen, höchstens viermal in 20 Verpflegungstagen Paniertes oder/und Frittiertes anzubieten. Gut die Hälfte der Einrichtungen (55,4 Prozent) hat maximal achtmal Fleisch oder Wurst auf dem Speiseplan wie im Qualitätsstandard vorgesehen. In immerhin 86 Prozent der ausgewerteten Speisepläne werden die Speisen eindeutig bezeichnet und in knapp 12 Prozent der Speisepläne sind Allergene vollständig gekennzeichnet (ein Jahr vor der verpflichtenden Kennzeichnung mit Inkrafttreten der Lebensmittelinformationsverordnung).
Verbesserungsbedürftig ist dagegen das Angebot an Salat und Rohkost. Ein Viertel der Kitas (25,8 Prozent) erfüllen die Anforderungen des DGE-Qualitätsstandards in diesem Bereich nicht und ein weiteres Drittel (35,3 Prozent) erfüllt die Anforderungen lediglich „überwiegend“.
Laut Nährwertberechnungen werden die Referenzwerte für die Zufuhr von Folsäure, Eisen, Vitamin B1 (Thiamin) und Ballaststoffen mit der Mittagsmahlzeit im Wochendurchschnitt nur in wenigen Kitas unterschritten. Mindestens drei Viertel aller Kitas (75 Prozent) überschreiten mit ihren Mittagsmahlzeiten die Empfehlung für die Aufnahme von Vitamin C, Magnesium, Folsäure, Vitamin B1 und Ballaststoffen; alle Werte liegen allerdings im gesundheitlich unbedenklichen Bereich. In gut der Hälfte der Kitas werden die Referenzwerte für die Aufnahme von Energie, Kohlenhydraten und Fett überschritten, während die empfohlenen Mengen an Eiweiß, Vitamin E und Calcium häufig nicht erreicht werden. Auch wenn die Aussagekraft dieser Ergebnisse durch die stark unterschiedlichen Portionsgrößen in den verschiedenen Kitas limitiert wird, raten die Wissenschaftler den Einrichtungen, zur Unterstützung des Knochenwachstums ausreichend calciumreiche Lebensmittel anzubieten und verstärkt Vitamin-E-reiche Öle für die Zubereitung der Speisen zu verwenden.
Kritisiert werden außerdem fehlende Ressourcen in Bezug auf die finanzielle und materielle Ausstattung, Räumlichkeiten und Fachpersonal, die dem Angebot einer hochwertigen, gesundheitsfördernden Verpflegung im Wege stehen. Insbesondere in der Zusammenarbeit zwischen hauswirtschaftlichem und pädagogischem Personal besteht Verbesserungspotential, beispielsweise bei der Planung von Aktionen zur Ernährungsbildung oder dem Austausch von Rückmeldungen zum Essen. Dies ergab auch die schriftliche Befragung: Zwei von drei zertifizierten Kitas (65,4 Prozent) wünschen sich mehr Informationen zur Gestaltung der Zusammenarbeit zwischen hauswirtschaftlichem und pädagogischem Personal.
Weitere Informationen, Ergebnisse sowie die resultierenden Empfehlungen der DGE finden Sie in der Vorveröffentlichung des zweiten Kapitels des Ernährungsberichts 2016 „Verpflegung in Kindertageseinrichtungen (VeKiTa): Ernährungssituation, Bekanntheitsgrad und Implementierung des DGE-Qualitätsstandards“.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 15. Juni 2016 um 07:41
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