Gutes Ei, schlechtes Ei?

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Donnerstag, 9. Mai 2019

Laut einer aktuellen Metaanalyse könnte das in Eiern enthaltene Cholesterin entgegen bisheriger Kenntnisse doch an der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beteiligt sein. Sind wir wieder auf dem Weg zum schlechten Ei?

Wie war das noch einmal mit dem Cholesterin und dem Ei? Jahrzehntelang standen Eier und andere cholesterinhaltige Lebensmittel im Verruf, den LDL-Cholesterinspiegel in die Höhe zu treiben und damit (mit) schuld an der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu sein. Dann erfolgte ein Freispruch aus der Wissenschaft, denn das in Eiern und anderen Lebensmitteln enthaltene Cholesterin konnte nicht zweifelsfrei mit dem LDL-Cholesterinspiegel und kardiovaskulären Erkrankungen in Verbindung gebracht werden.

Ein großes Manko bisheriger Studien zu diesem Thema besteht darin, dass bislang andere Nahrungsinhaltsstoffe, die gemeinsam mit Cholesterin auftreten (wie gesättigte und ungesättigte Fette, Transfette, tierisches Eiweiß, Ballaststoffe und Natrium) nicht in den Analysen mitberücksichtigt wurden. Der Zusammenhang könnte auch dadurch verfälscht werden, dass Menschen, die häufig Eier verzehren, auch in anderen Bereichen zu ungesunden Verhaltensweisen neigen.

Wissenschaftler der Northwestern University in Chicago haben nun versucht, im Rahmen einer Metaanalyse den Einfluss dieser Störgrößen durch entsprechende Adjustierungen und Subgruppenanalysen zu beseitigen. Für ihre Studie werteten sie die Daten von insgesamt 29.615 Probanden aus sechs prospektiven Kohortenstudien aus. Die Daten stammten aus dem Zeitraum zwischen März 1985 und August 2016. Zu Beginn der Studie waren die Probanden im Mittel 51,6 Jahre alt, wobei etwas weniger als die Hälfte der Probanden (44,9 Prozent) männlich war. In der sich anschließenden medianen Nachbeobachtungszeit von 17,5 Jahren wurden insgesamt 5.400 neue kardiovaskuläre Ereignisse dokumentiert. Hierzu zählten koronare Herzerkrankungen mit nichttödlichem und tödlichem Verlauf, Schlaganfälle, Herzversagen sowie andere kardiovaskulär bedingte Todesfälle. Insgesamt 6132 Probanden starben im Studienzeitraum.

Nachdem die Ergebnisse um demographische, sozioökonomische, ernährungs- und verhaltensbedingte Effekte bereinigt wurden, zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der Cholesterinaufnahme, dem Eikonsum und kardiovaskulären Ereignissen sowie Todesfällen jeglicher Ursache: Mit jeden 300 Milligramm Nahrungscholesterin, die täglich zusätzlich verzehrt wurden, stieg das Risiko für neue kardiovaskuläre Ereignisse um 17 Prozent und das Risiko im Erhebungszeitraum zu versterben (Mortalität) um 18 Prozent. In Eierwährung bedeutet dies: Der täglichen Verzehr von einem halben Ei zusätzlich erhöhte das Risiko für neue kardiovaskuläre Ereignisse um 6 Prozent und die Mortalität um 8 Prozent. Die Tatsache, dass der Zusammenhang zwischen dem Eiverzehr und kardiovaskulären Erkrankungen sowie Todesfällen nicht mehr vorhanden war, wenn die Cholesterinaufnahme der Probanden als zusätzlicher Einflussfaktor berücksichtigt wurde, lässt darauf schließen, dass tatsächlich das in Eiern enthaltene Cholesterin (gemeinsam mit anderen cholesterinhaltigen Lebensmitteln) kardiovaskuläre Erkrankungen und Todesfälle verschiedener Ursache begünstigt.

Die US-amerikanischen Forscher empfehlen, die Ergebnisse ihrer aktuellen Studie bei der Entwicklung und Überarbeitung von Leitlinien für eine gesunde Ernährung zu berücksichtigen. Bei der Überarbeitung der „10 Regeln“ für eine gesunde Ernährung der Deutschen Gesellschaft für eine Ernährung wurde auf die Empfehlungen, Eier nur in Maßen zu verzehren, verzichtet, in der Annahme, dass mit der Nahrung aufgenommenes Cholesterin sich bei den meisten Menschen nicht wesentlich auf den Cholesterinspiegel im Blut auswirkt. Man darf gespannt sein, wie die Geschichte vom guten und bösen Ei weitergeht…

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verfasst von am 9. Mai 2019 um 07:40

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