High-Protein-Lebensmittel: Teuer, überflüssig und mitunter sogar gesundheitlich gefährlich

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Dienstag, 30. November 2021

Lebensmittel mit hohem Eiweißgehalt sind nicht nur bei Kraftsportlern sehr beliebt. Abgesehen von ihrem gesunden Image punkten sie durch ansprechende Verpackung, lange Haltbarkeit, hohen Benutzerkomfort, Schmackhaftigkeit und nicht zuletzt durch ein ausgeklügeltes Marketing. Doch sind die Protein-Booster tatsächlich notwendig?

Von Müsli über High-Protein-Pudding und Proteineis bis hin zu Linsenchips: Das Angebot an Lebensmitteln mit hohem Proteingehalt ist vielfältig und für jeden Geschmack ist etwas dabei. Begonnen hat der High-Protein-Boom sehr wahrscheinlich in den Fitnessstudios. Viele Kraftsportler achten gezielt auf eine hohe Proteinaufnahme, um ihren Muskelaufbau zu optimieren.

Hersteller dürfen ihre Produkte als „Proteinquelle“ bezeichnen, wenn mindestens 12 Prozent des Energiegehalts aus Protein stammten. High-Protein-Produkte müssen sogar mindestens 20 Prozent ihres Energiehalts in Form von Protein enthalten. Dies gelingt beispielsweise, indem Produktentwickler Fertiggerichte aus verschiedenen proteinreichen Zutaten zusammenstellen, an sich kohlenhydratreiche Lebensmittel wie Brot mit Eiweißkonzentraten anreichern oder bereits proteinreiche Lebensmittel wie Milch mit weiterem Protein anreichern. Manche Produkte wie Quark sind bereits von Natur aus eiweißreich. Hier genügt es, den Proteingehalt auf der Packung entsprechend auszuloben, um neue Käuferkreise zu akquirieren.

Als High-Protein-Produkte beworbene Lebensmittel sind erfahrungsgemäß teurer als die konventionellen Alternativen. Doch ist der Preisaufschlag auch gerechtfertigt? Diese Frage stellt sich insbesondere angesichts der Tatsache, dass viele proteinreichen Produkte aus kostengünstigen Zutaten (überwiegend aus industriellen Energie- und Nährstoffquellen und Zusatzstoffen) zusammengesetzt sind.

Anders als von der Werbung suggeriert, hat der Großteil der Bevölkerung kein Problem mit der Proteinversorgung. „Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind High-Protein-Produkte überflüssig. Wer die Vielfalt herkömmlicher Lebensmittel nutzt, bekommt genug Protein und spart sich das Geld für die meist teureren Produkte“, sagt Antje Gahl, Pressesprecherin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

Das Fitnessziel Schlanksein und Muskelaufbau lässt sich ohnehin nicht alleine durch den erhöhten Verzehr proteinreicher Produkte erreichen. Grundvoraussetzung ist eine Steigerung der körperlichen Aktivität und Veränderung der gesamten Ernährungsweise. Sogar Leistungssportler und andere Menschen mit einem höheren Proteinbedarf können diesen über proteinreiche Lebensmittel decken. Gute Proteinquellen sind Fleisch, Fisch, Milchprodukte, Eier und Hülsenfrüchte (Soja, Linsen, Erbsen und Bohnen). Die Proteinaufnahme lässt sich außerdem verbessern, wenn verschiedene Eiweißquellen kombiniert werden (beispielsweise Kartoffeln und Ei, Hülsenfrüchte und Getreide).

Werden häufig proteinreiche Produkte verzehrt, besteht die Gefahr, dass diese frische Lebensmittel wie Gemüse, Obst und Nüsse vom Speisezettel verdrängen. Langfristig kann dies die Versorgung mit sekundären Pflanzenstoffen, Nähr- und Ballaststoffen gefährden und darüber hinaus die Entstehung von Übergewicht und ernährungsbedingten Erkrankungen fördern. Auch wenn Linsenchips und High-Protein-Schokoriegel viel Protein enthalten, sind sie noch lange kein „gesunder Snack“!

High-Protein-Produkte enthalten mehr Protein als ernährungsphysiologisch gesehen notwendig ist. Für gesunde Menschen stellt dies kein Problem dar. Der Körper scheidet überflüssiges Protein in Form von Harnstoff mit dem Urin aus. Bei hoher Proteinaufnahme ist es daher wichtig, auf eine ausreichende Trinkmenge zu achten. Problematisch wird eine hohe Proteinzufuhr für Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion.

Bis auf wenige Ausnahmen lohnt sich der Kauf proteinreicher Lebensmittel vor allem für einen: den Hersteller. Einige Innovationen können aber für bestimmte Personengruppen sinnvoll sein, räumt Gahl ein. Hierzu zählen beispielsweise Nudeln auf Linsen- oder Erbsenbasis für Menschen mit einer Zöliakie.

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verfasst von am 30. November 2021 um 09:36

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