Hyposensibilisierung gegen Nahrungsmittelallergien zukünftig per Pflaster?

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Freitag, 6. August 2021

In Zukunft könnten mit Mikronadeln versehene Pflaster zur Therapie von Nahrungsmittelallergien eingesetzt werden. In einer Tierstudie ließ sich damit eine langfristige Gewöhnung (Toleranz) gegenüber dem Erdnussallergen erzielen. Darüber hinaus haben die Pflaster weitere Vorteile.

Angst vor der Nuss

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Unter den Nahrungsmittelallergien ist die Erdnussallergie besonders gefürchtet. Denn bereits der Kontakt zu Spuren von Erdnüssen kann bei Erdnussallergikern heftige Reaktionen bis hin zum lebensbedrohenden anaphylaktischen Schock auslösen. Allergien sind zwar nicht heilbar, allerdings können Hyposensibilisierungen helfen, die Überreaktionen des Immunsystems einzudämmen. Bei dieser Langzeittherapie erhalten Menschen mit Allergien wiederholt sehr gering dosierte Allergen-Gaben. Dies soll zu einer Gewöhnung an das Allergen führen. Nach einer erfolgreich verlaufenden Hyposensibilisierung gegenüber Erdnussprotein toleriert der Körper ein, zwei Erdnüsse ohne gefährliche allergische Reaktion. Ein normaler Erdnussverzehr ist allerdings trotz Hyposensibilisierung nicht möglich. Hinzu kommt, dass Allergiker ihr Immunsystem möglicherweise lebenslang trainieren müssen, um den Hyposensibilisierungserfolg aufrechtzuerhalten.

Die Hyposensibilisierung gilt als sehr aussichtsreich bei Erdnussallergikern. Jedoch birgt jeder Hyposensibilisierungsschritt dieselben Risiken wie ein Verzehr von Erdnüssen. Denn die verabreichten Allergene gelangen dabei in den gesamten Organismus (systemische Wirkung). Daher forschen Wissenschaftler der Universität North Carolina an einer Methode, mit der eine vergleichbare Wirksamkeit, jedoch ohne systemische Nebenwirkungen, erzielt werden kann. Sie entwickelten ein mit Mikronadeln versehenes Pflaster, über welches das Allergen (in der Studie wurde Erdnusseiweiß verwendet) in die oberste Hautschicht aufgebracht wird. Auf diese Weise konnte im Tierversuch an Mäusen innerhalb von drei Wochen eine immunologische Toleranz erzielt werden.

In einem Interview fassen die Autoren die Ergebnisse ihrer Studie folgendermaßen zusammen: „Mit Erdnussproteinen beladene Microneedle-Pflaster waren in der Lage, bei Mäusen mit niedrigen Dosen von Erdnussprotein robuste immunologische Reaktionen zu induzieren. Im Gegensatz zur subkutanen Injektion von Erdnussproteinen führte die Verabreichung von Erdnussproteinen über Mikronadeln zu fast nicht nachweisbaren Allergenkonzentrationen im systemischen Kreislauf.“ Und weiter: „Diese Ergebnisse zeigen uns, dass dieser neuartige, auf Mikronadeln basierende Ansatz das Potenzial hat, eine positive Immunantwort hervorzurufen, die möglicherweise nicht zu schweren systemischen allergischen Reaktionen führt. Wenn sich dieses Profil auf den Menschen übertragen lässt, könnte dies ein Ansatz sein, der eine sichere und bequeme Möglichkeit bietet, Menschen gegen eine Erdnuss- oder andere Nahrungsmittelallergien zu desensibilisieren.“

Es gab bereits Probanden, die den Tragekomfort des Pflasters (ohne Wirkstoff) getestet haben. Sie beschrieben die Methode als „relativ schmerzfrei“. Das Forscherteam befasst sich nun mit der Aufklärung der zugrunde liegenden Mechanismen. Außerdem werden vorklinische Sicherheitsstudien durchgeführt. Sie bilden die Voraussetzung dafür, die Wirksamkeit des Pflasters später an Menschen testen zu können. Zukünftig, so die Vision der Wissenschaftler, könnte das Pflaster für die Hyposensibilisierung bei Erdnuss- und anderen Nahrungsmittelallergien wie Ei-, Milch-, Nuss-, und Schalentierallergien eingesetzt werden.

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verfasst von am 6. August 2021 um 07:53

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