Integration an der Lebensmitteltheke mit „Halal-Lebensmitteln“

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Mittwoch, 23. Juli 2014

In Zeiten geringer Handelsspannen und hoher Konkurrenz auf dem Lebensmittelmarkt kommt es für Supermärkte auf jeden Kunden an. Dennoch wurde eine kaufkräftige Zielgruppe bislang weitgehend übersehen, nämlich gläubige Muslime mit ihrem Wunsch nach „halal“ erzeugten Lebensmitteln. Dies ist umso erstaunlicher, da sie doch bereit sind, für Lebensmittel, die nach ihren Glaubensgrundsätzen hergestellt wurden, mehr zu bezahlen.

Plakat mit halal-Lebensmitteln

Zukunftsvision? © sashafatcat

Der Begriff „halal“ (auf Türkisch „helal“) stammt aus dem Arabischen und bedeutet „das Erlaubte“ oder „das Statthafte“. „Halal“ sind Handlungen im täglichen Leben, die gläubigen Muslimen gestattet sind. Auch wenn sich die Glaubensvorschriften nicht nur auf das Essen und Trinken beziehen, werden Vorgaben in diesem Bereich von der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen. So ist es gläubigen Muslimen beispielsweise verboten, Schweinefleisch, Blut oder Aas zu essen und Berauschendes (zum Beispiel Alkohol) zu trinken. Der Koran macht außerdem Vorgaben zur Haltung von Tieren, zu Rohstoffen, deren Verarbeitung zu Lebensmitteln, sowie deren anschließender Lagerung.

In deutschen Supermärkten haben gläubige Muslime ähnliche Probleme wie deutsche Bevölkerungsgruppen, die zum Beispiel aufgrund einer Lebensmittelallergie auf detaillierte Angaben auf der Lebensmittelpackung angewiesen sind. Erschwerend kommt hinzu, dass bei Halal-Lebensmitteln nicht nur die Zutaten von Bedeutung sind, sondern auch die Art der Herstellung und die Lagerung der Produkte (zum Beispiel getrennte Lagerung von erlaubten und verbotenen Lebensmitteln). Dies dürfte einer der wichtigsten Gründe dafür sein, weshalb zum beispielsweise Menschen mit türkischem Migrationshintergrund vorzugsweise in türkischen Lebensmittelgeschäften einkaufen. „Für 70 Prozent der muslimischen Community ist Halal bei ihrem Einkaufsverhalten relevant“ erläutert Engin Ergün, Geschäftsführer der Ethno-Marketing Agentur ethno IQ gmbh. Und: „90 Prozent gehen einmal wöchentlich morgens zum türkischen Supermarkt und erst danach zum deutschen Lebensmitteleinzelhandel„, fügt Ergün hinzu.

Wie könnte es gelingen, den Wünschen dieser Bevölkerungsgruppe, deren Kaufkraft auf 18 bis 20 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt wird, in deutschen Supermärkten Rechnung zu tragen? Brauchen wir ein neues Zertifikat, das Halal-Lebensmittel auf den ersten Blick erkennbar macht? Hamza Wördemann vom Zentralrat der Muslime in Deutschland sieht dazu keine Veranlassung: „Nicht die Zertifizierung ‚halal‘ ist entscheidend, sondern eine klare und deutliche Kennzeichnung der Produkte „ohne Schweinefleisch“ ist für den türkischen Kunden weitaus hilfreicher und aussagekräftiger.“ Auch andere „frei-von-Angaben“ (zum Beispiel „ohne Alkohol“ oder „ohne Gelatine“) und Angaben zur Herstellung wären nützlich.

Interessanterweise beschränkt sich der Markt für halal erzeugte Lebensmittel keineswegs auf gläubige Muslime. Inzwischen fragt auch die deutsche Kundschaft solche Produkte nach, wie Sefik Aras, Betreiber eines EDEKA-Marktes in Berlin-Reinickendorf berichtet. Dort wird die bekannte türkische ‚Sucuk‘-Wurst mittlerweile sogar mehr von deutschen als von türkischen Kunden gekauft.

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verfasst von am 23. Juli 2014 um 06:25

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