Internetrezepte, Rezepte aus Bestsellerkochbüchern und Fertiggerichte im Vergleich: Welche Gerichte sind am gesündesten?

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Donnerstag, 11. Mai 2017

Bei einer Gegenüberstellung von Rezepten eines Rezeptportals, eines populären TV-Kochs und Fertiggericht-Rezepturen mit etablierten Ernährungsempfehlungen schnitten die Onlinerezepte eher schlecht ab. Grund dafür war ihr hoher Gehalt an Fett insgesamt und gesättigten Fetten einerseits sowie der geringe Ballaststoffgehalt andererseits.

Immer wieder wird empfohlen, öfter selbst den Kochlöffel zu schwingen, in der Annahme dass sich dadurch das Risiko für lebensstilbedingte Erkrankungen wie Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) verringern lässt. Früher wurden Rezepte traditionell in der Familie von der älteren an die jüngere Generation weitergegeben und gegebenenfalls ergänzt um Rezepte aus Standardkochbüchern oder dem Freundeskreis. Während das Kochen im 20. Jahrhundert eher ins Hintertreffen geriet, erfreut es sich inzwischen wieder zunehmender Beliebtheit. Allerdings haben sich die Rezepte, nach denen gekocht wird, geändert. Heute greifen immer mehr Hobbyköche auf das Internet zurück, wenn sie nach einem Rezept suchen. Bei besonderen Anlässen dürfen es auch gerne einmal Rezepte aus der gehobenen Küche sein. Bleibt im Alltag keine Zeit zum Kochen, locken dagegen Fertiggerichte.

Doch wie ist es um die ernährungsphysiologische Qualität dieser Rezepte bestellt? Ist selbst zubereitet tatsächlich besser? Und schlägt die Internetevidenz Rezepte eines TV-Starkochs? Diese Fragen beantworteten unlängst ein internationales Forscherteam, darunter Prof. Dr. David Elsweiler von der Universität Regensburg. In ihrer Studie analysierten sie die Nährwerte von sage und schreibe 5.237 Rezepten des internationalen Rezeptportals „Allrecipes.com“, 100 Rezepten des beliebten TV-Kochs Jamie Oliver sowie 100 Fertiggerichten britischer Supermärkte. Zur Beurteilung des Gesundheitswerts wurden die Ernährungsrichtlinien der Weltgesundheitsorganisation WHO und der britischen Food Standards Agency (für Lebensmittelsicherheit zuständige Behörde) herangezogen.

Leider erfüllten nur sechs der insgesamt analysierten 5.237 (0,1 Prozent) Internetrezepte alle WHO-Empfehlungen für eine gesunde Ernährung. Von den jeweils untersuchten 100 Rezepten des TV-Kochs und den Fertiggerichten hielt nicht einmal ein Rezept alle Empfehlungen ein. 5,9 Prozent der Internetrezepte, 7 Prozent der TV-Koch-Rezepte und 1 Prozent der Fertiggerichte erreichten keine einzige WHO-Ziel-Vorgabe.

Während der Proteingehalt der meisten Gerichte unabhängig von der Rezeptquelle zu hoch war, erreichten nur wenige Rezepte den empfohlenen Kohlenhydratgehalt von 55 bis 75 Energieprozent (s. Tabelle). Dies dürfte auch darauf zurückzuführen sein, dass in vielen Gerichten zu viel Fett enthalten war (medianer Fettgehalt Internetrezepte: 45,4 Energieprozent, TV-Koch-Rezepte: 42,2 Energieprozent, Fertiggerichte: 32,4 Energieprozent; WHO-Vorgabe: 15 bis 30 Energieprozent). In Bezug auf den Gehalt an gesättigten Fetten hielt nur gut ein Viertel der Internetrezepte der WHO-Empfehlung stand, während dies auf ein Drittel der TV-Koch-Rezepte und der Fertiggerichte zutraf.

Anteil der Rezepte, die die entsprechende Nährstoff-Empfehlung der WHO für eine gesunde Ernährung erfüllen

Nährstoff Internetrezepte TV-Koch-Rezepte Fertiggerichte
Protein 10,9 Prozent   7 Prozent   9 Prozent
Kohlenhydrate   7,9 Prozent   6 Prozent 18 Prozent
   Zucker 81,1 Prozent 81 Prozent 83 Prozent
Fett 14,3 Prozent 24 Prozent 37 Prozent
   gesättigtes Fett 25,1 Prozent 33 Prozent 34 Prozent
Ballaststoffe 16,8 Prozent 14 Prozent 56 Prozent
Natrium 19,6 Prozent 36 Prozent   4 Prozent

 

Die meisten Rezepte erfüllten die Zuckervorgaben (unter 10 Energieprozent), dagegen war der Ballaststoffgehalt insbesondere in den Internetrezepten und den TV-Koch-Rezepten zu gering. Erfreuliche Ausnahme waren hier die Fertiggerichte, bei denen mehr als die Hälfte der analysierten Gerichte der WHO-Empfehlung entsprachen. Obwohl der mediane Gehalt des Kochsalzbestandteils Natrium sich kaum zwischen den verschiedenen Rezeptgruppen unterschied, erreichten wesentlich mehr TV-Koch-Rezepte die WHO-Empfehlung, gefolgt von dern Internetrezepten und mit weitem Abstand den Fertiggerichten. Bei gemeinsamer Berücksichtigung aller Kategorien schnitten Fertiggerichte am besten ab, vor TV-Koch-Rezepten und Internetrezepten. Dies galt sowohl hinsichtlich der WHO-Empfehlungen als auch in Bezug auf die Empfehlungen der britischen Food Standards Agency.

In weiteren Analysen untersuchten die Wissenschaftler die Internetrezepte nach Kategorien, beispielsweise „Frühstück“, „Nachspeise“ oder „Beilage“. Sie stellten fest, dass die ernährungsphysiologische Qualität mit der Rezeptkategorie variierte. Beispielsweise waren Rezepte der Kategorie „Beilagen“ gesünder als andere Kategorien wie zum Beispiel Rezepte für das Abendessen. Versuche mit Freiwilligen zeigten außerdem, dass Laien die gesundheitliche Qualität eines Rezeptes nur schwer einschätzen können: „In über 90 Prozent der Fälle war es unseren 32 Probanden nicht möglich, korrekt festzustellen, inwieweit eine Kategorie in ‚Allrecipes.com‘ nun gesund oder ungesund ist“, berichtet Prof. Elsweiler.

Interessanterweise werden gerade die aus ernährungsphysiologischer Perspektive ungünstigeren Rezepte deutlich häufiger und besser bewertet sowie kommentiert. Als Folge davon werden diese Gerichte bei einer Auflistung nach Beliebtheit/Bewertung früher angezeigt und dementsprechend häufiger nachgekocht. Prof. Elsweiler und seine Kollegen raten daher zu einer neuen technologischen Suchmethode, bei der gezielt nach ähnlichen Gerichten mit unterschiedlichen ernährungsphysiologischen Eigenschaften gesucht werden kann.

Auf den Seiten des DEBInet finden Sie über 1.600 Rezepte zu unterschiedlichen Kategorien (z.B. eiweißarme , glutenfreie oder lactosefreie Rezepte, die u.a. von Selbsthilfegruppen, Kliniken und Privatpersonen zur Verfügung gestellt wurden.

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verfasst von am 11. Mai 2017 um 06:08

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