Jojo-Effekt durch Gentherapie bekämpfen?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 6. März 2018
In einer Tierstudie haben Wissenschaftler einen vielversprechenden Ansatzpunkt dafür gefunden, wie sich ein dem Jojo-Effekt zugrunde liegender Mechanismus aktiv beeinflussen ließe. Ihr Forschungsansatz könnte langfristig dabei helfen, eine erfolgte Gewichtsabnahme zu stabilisieren.
Dass die Verbreitung von Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) weltweit zunimmt, liegt nicht zuletzt auch an den geringen langfristigen Erfolgsaussichten einer konservativen Therapie. Denn zu den vielen Widerständen, die für eine erfolgreiche Gewichtsreduktion überwunden werden müssen, gesellt sich ein weiteres Problem: der berühmt-berüchtigte Jojo-Effekt. Er ist dafür verantwortlich, dass die Waage nach einer eigentlich erfolgreichen Gewichtsabnahme am Ende mehr Gewicht anzeigt als zuvor. Schuld daran sind Veränderungen im Stoffwechsel, die durch die verringerte Energiezufuhr ausgelöst worden sind. Beispielsweise ist bekannt, dass der Organismus nach einer Reduktionsdiät weniger stoffwechselanregende Hormone produziert, andererseits aber die Konzentration appetitanregender Botenstoffe wie Ghrelin gesteigert wird. An dieser Stelle setzt die Forschung von Dr. Stephen Brimijoin und seinen Kollegen von der Mayo-Klinik in Rochester an. Gemeinsam suchten die Wissenschaftler nach einer Möglichkeit, der gesteigerten Ghrelin-Synthese entgegenzuwirken.
Für ihre Studie ließen die Wissenschaftler zunächst adipöse Mäuse, die zuvor ein fettreiches Futter erhalten hatten, stark abnehmen. Die Tiere erhielten für drei Wochen 40 Prozent weniger Kalorien als vorher und wurden dementsprechend deutlich schlanker. Danach wurden alle Tiere normal weiterernährt. „Klinische Studien zeigen, dass gesundheitliche Probleme wie Übergewicht, ein gestörter Fettstoffwechsel oder Typ 2-Diabetes oft mit einer veränderten Konzentration von Butyrylcholinesterase im Blut einhergehen“, schreiben die Wissenschaftler in ihrer aktuellen Publikation. Daher bekam ein Teil der Mäuse zusätzlich eine Injektion mit Genen für das Enzym Butyrylcholinesterase (Interventionsgruppe). Die Gene wurden durch spezielle, für den Organismus unschädliche Viren in die Zellen der Mäuse eingeschleust und führten dort zur verstärkten Synthese von Butyrylcholinesterase. Dieses Enzym ist entscheidend an der Kontrolle von Appetitsignalwegen beteiligt. Es spaltet Ghrelin und macht das appetitsteigernde Hormon auf diese Weise inaktiv.
Im weiteren Verlauf der Studie stellten die Wissenschaftler fest, dass die Butyrylcholinesterase -Konzentration im Blut der Tiere der Interventionsgruppe auf Dauer deutlich höher war als in der Kontrollgruppe, bei der stattdessen ein wirkungsloses Gen injiziert worden war. Dementsprechend war weniger aktives, appetitanregendes Ghrelin im Blut der Tiere der Interventionsgruppe vorhanden. Dies hatte wiederum zur Folge, dass die Tiere der Interventionsgruppe nach dem Ende der Diät weniger Energie zu sich nahmen und weniger zunahmen als die Tiere der Kontrollgruppe.
Dr. Brimijoin und seine Kollegen sehen daher ihre Ergebnissen als Hinweis darauf, wie sich Hintergrundprozesse des Jojo-Effekts aktiv beeinflussen lassen. „Die Methode könnte in Zukunft das Potential haben, Fettleibigkeit zu behandeln und langfristig ein gesundes Körpergewicht zu fördern“, stellen die Wissenschaftler in ihrem Artikel in Aussicht.
Quellen einblenden
- V. Ping Chen, Y. Gao, L. Geng, S. Brimijoin (2017): Butyrylcholinesterase gene transfer in obese mice prevents postdieting body weight rebound by suppressing ghrelin signaling. Proceedings of the National Academy of Sciences 114: Seite 109060-5
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 6. März 2018 um 07:05
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