Jugend im Fokus

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Donnerstag, 31. Mai 2012

Jugendliche könnten mehr für ihre Gesundheit tun

„Viele Jugendliche schöpfen ihr gesundheitliches Potential nicht voll aus“, schlussfolgern Wissenschaftler. Für die regelmäßig unternommene HBSC-Studie befragten sie schriftlich über 200 000 Kinder und Jugendliche in 39 Ländern und Regionen Europas und Nordamerikas zu ihrem Gesundheitsverhalten.

Kinder beim Angeln
© madmetal

Koordiniert wird die länderübergreifende, vierjährliche „Health Behaviour in School-aged Children“-Studie seit 1995 von der Biologin Candance Currie. Currie arbeitet mit Wissenschaftlern mehrerer Länder zusammen. Sie befragen Elf-, Dreizehn- und Fünfzehnjährige zu ihrem Wohlbefinden, ihrem Gesundheitsverhalten und ihrem sozialen Kontext. Dabei stehen die Befragten stellvertretend für ein Sechstel der Weltbevölkerung, denn dieser Bruchzahl entspricht der Anteil der Jugendlichen weltweit. Aus der Untersuchung werden Empfehlungen abgeleitet, um das Leben Millionen junger Menschen zu verbessern. Deutschland war mit dem jüngsten Durchlauf im Jahr 2009/2010 zum fünften Mal an der HBSC-Studie beteiligt. Nun liegt eine international vergleichende Auswertung des letzten Durchlaufs vor.

Der Vergleich ergab, dass deutsche Jugendliche mit ihrem Körper besonders unzufrieden sind. Jedes zweite Mädchen und jeder dritte Junge in Deutschland finden sich zu dick. Etwa jedes fünfte Mädchen macht eine Diät, obwohl nur jedes zwölfte übergewichtig ist. Hiernach diäten Mädchen fast doppelt so häufig wie Jungen, wenngleich diese tendenziell eher übergewichtig sind. „Die deutschen Jugendlichen (sind) traurige Spitzenreiter in Sachen Körperunzufriedenheit“, stellt die Gesundheitswissenschaftlerin Petra Kolip, die den deutschen Teil der Studie leitete, fest. Dabei sind 78,3 Prozent der Jungen und 76,4 der Mädchen normalgewichtig. Mit der schlechten Bewertung ihres Körpers und den Abmagerungskuren spiegeln die deutschen Mädchen einen sich hartnäckig haltenden internationalen Trend unter den Jugendlichen wider, der bereits in vorangegangenen HBSC-Durchgängen auffiel.

Viele Jugendliche verzichten morgens auf das Frühstück.

Auch was das Frühstück angeht, zeigen sich international vergleichbare Entwicklungen. In vielen Ländern frühstücken die Kinder umso seltener, je älter sie werden. Vor allem Mädchen aus Familien mit niedrigem familiären Wohlstand verzichten auf die morgendliche Mahlzeit, wohl auch, weil sie irrigerweise annehmen, dadurch ihr Gewicht kontrollieren zu können. Ein häufiges Überspringen des Frühstücks scheint aber ganz im Gegenteil Übergewicht noch zu begünstigen. Kinder und Jugendliche, die regelmäßig frühstücken, ernähren sich zudem in der Regel ausgewogener, sind meist aufmerksamer und zeigen bessere Gedächtnisleistungen. In Deutschland kommen auf zehn Kinder, die regelmäßig vor der Schule frühstücken, drei, die das Frühstück ausfallen lassen.

Mit zunehmenden Alter ebenfalls rückläufig ist der Obst- und Gemüseverzehr. Auch bei niedrigem sozioökonomischen Status fällt der Verzehr oft geringer aus. Außerdem gibt es Geschlechterunterschiede: Vor allem Jungen halten sich bei Obst und Gemüse eher zurück. Die empfohlenen fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag dürften die wenigsten Jugendlichen erreichen. In Deutschland isst jedes dritte Mädchen, aber nur jeder fünfte Junge mindestens einmal täglich Gemüse. Obst ist beliebter: Unter den Mädchen nimmt jedes zweite mindestens einmal pro Tag Obst zu sich, unter den Jungen jeder dritte. Deutsche Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund essen im Vergleich mehr Gemüse, die Jungen auch mehr Obst. Nur in seltenen Fällen kommen bei Jugendlichen in Deutschland Obst und Gemüse weniger als einmal wöchentlich auf den Tisch.

Energiereiche Softdrinks werden länderübergreifend unter den Fünfzehnjährigen stärker verzehrt als unter den Elfjährigen. In Deutschland trinkt der größte Anteil von Jugendlichen mindestens einmal pro Woche Softdrinks, Jungen in größerer Zahl als Mädchen. Dabei werden Softdrinks von Jugendlichen häufiger täglich verzehrt als nie. Vor allem ein niedrigerer sozioökonomischer Status und ein Migrationshintergrund scheinen, zumindest in Deutschland, mit einem erhöhten Konsum verbunden zu sein. Da der Konsum zuckerhaltiger Getränke die Entstehung von Übergewicht fördern kann, ist Wasser Softdrinks vorzuziehen.

Kind beim Gameboy-Spielen
© preetamrai

Die Jugendlichen gehen abends weniger aus und unterhalten sich mehr über elektronische Medien. Wenn sie sich dadurch weniger bewegen, könnte diese Entwicklung die Gesundheit schmälern: Insgesamt zwei Stunden am Tag mit dem Fernseher und Computer zu verbringen, gilt als oberes Limit, Vorgaben, die die meisten Jungen und Mädchen mehr als ausreizen. Mehr als zwei Stunden vor dem Fernseher verbringen 58,2 Prozent der deutschen Jungen und 55,5 Prozent der Mädchen. Zwar sieht jeder sechste Jugendliche täglich weniger als 30 Minuten fern. Genauso so viele bringen es aber auch auf mehr als vier Stunden am Tag. Zusätzlich nutzen 40,3 Prozent der Mädchen und 35,9 Prozent der Jungen in ihrer Freizeit den Computer für mindestens zwei Stunden am Tag. Während die Jungen eher Computerspiele machen, pflegen die Mädchen soziale Kontakte oder bearbeiten Hausaufgaben. Jungen bewegen sich mehr und sind sportlich aktiver als Mädchen, weshalb vor allem Mädchen zu mehr Bewegung ermutigt werden sollten.

Länderübergreifend rauchen und trinken ältere Jugendliche mehr als die jüngeren. Im Alter von elf Jahren rauchen zum Beispiel weniger als ein Prozent der Jugendlichen, bei den Fünfzehnjährigen fällt der Anteil je nach Land und Region sehr unterschiedlich aus. So rauchen unter den Fünfzehnjährigen in Österreich und Litauen bereits 25 Prozent, in Deutschland fünfzehn Prozent und in Norwegen und Portugal dagegen zehn Prozent. Rauchen gilt als eine der wichtigsten vermeidbaren Krankheitsursachen. Wenn früh damit begonnen wird, steigt das Risiko für eine spätere Abhängigkeit sowie einen künftig erhöhten Alkoholkonsum. Dieses Risikoverhalten legen in den meisten Ländern überwiegend Jungen an den Tag. In Deutschland hingegen gibt es – wie in vielen westlichen Ländern – kaum Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen. Dabei waren hier circa acht von zehn Jugendlichen noch nie betrunken und neun von zehn rauchen nie. 6,2 Prozent rauchen mindestens einmal die Woche. Rauschtrinken ist oftmals mit sozialen, physischen und psychischen Konsequenzen verbunden. Unter Alkoholeinfluss steigt die Zahl der Unfälle, der Suizid-Versuche, der ungewollten Schwangerschaften, der Gewaltanwendung und des schulischen Scheiterns. In Deutschland war jedes neunte Mädchen sowie jeder achte Junge bereits bei zwei oder mehr Gelegenheiten betrunken.

Faktoren wie Alter, Geschlecht und der sozioökonomische Status bedingen Unterschiede im Verhalten. Bei Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sollten diese Faktoren daher berücksichtigt werden, ebenso wie der soziale Kontext, der einen wichtigen Beitrag leisten kann. Eine problemlose Beziehung zu den Eltern, Freundschaften mit Gleichaltrigen und erfahrene Unterstützung durch die Schule können eine gesunde Entwicklung unterstützen. In diesem Fall haben die Jugendlichen mehr Selbstvertrauen, sind zufriedener und verhalten sich eher ihrer Gesundheit zuträglich.

Weitere Ergebnisse der Studie…

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verfasst von am 31. Mai 2012 um 09:33

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