Junk-Food-reiche Ernährung kann zur Erblindung führen

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Dienstag, 8. Oktober 2019

In einem Fallbericht schreiben Ärzte der Universität Bristol von einem Patienten, dessen Hör- und Sehvermögen aufgrund seiner einseitigen, Fast-Food-betonten Ernährungsweise irreversibel gestört ist.

Dass ein häufiger Verzehr von Junk Food1 das Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen, Fettleibigkeit und Krebs erhöht, ist allgemein bekannt. Bislang dürfte aber selbst in Fachkreisen kaum geläufig sein, dass eine schlechte Ernährung selbst in Ländern mit breitem Nahrungsmittelangebot das Nervensystem und insbesondere das Sehvermögen dauerhaft schädigen kann.

Dr. Denize Atam, klinische Leiterin der Abteilung für Neuro-Ophthalmologie an der Augenklinik Bristol und ihre Kollegen schildern den Fall eines heute 19-jährigen Briten, der sich bereits seit einem Alter von ca. sieben Jahren sehr einseitig ernährte. Damals entwickelte er eine Essstörung, was ihm und seiner Familie aber erst viel später bewusst wurde. Der Junge ekelte sich vor der Textur von Obst und Gemüse und tolerierte nur noch wenige Lebensmittel. Alle Bemühungen, ihm das Essen wieder schmackhaft zu machen, blieben vergebens, und so aß das Kind in den folgenden Jahren ausschließlich Pommes, Chips, Würstchen, verarbeiteten Schinken und Weißbrot.

Im Alter von 14 Jahren konsultierte die Familie erstmals einen Arzt, weil der Teenager ständig müde war. Abgesehen davon, dass der Patient ein „wählerischer Esser“ war, war er weder über- noch untergewichtig, hatte eine normale Körpergröße und keine sichtbaren Anzeichen von Mangelernährung. Erste Tests zeigten jedoch eine makrozytäre Anämie bedingt durch einen niedrigen Vitamin-B12-Spiegel. Zur Behandlung erhielt der Teenager Vitamin-B12-Injektionen und Ernährungsempfehlungen. Ein Jahr später litt er unter Hörverlust und einer zunehmenden, rasch voranschreitenden Verschlechterung seiner Sehkraft, für die der Hausarzt keine Erklärung fand.

Als der Junge mit 17 Jahren zu einem Spezialisten überwiesen wurde, war er bereits erblindet. Auch für den Experten war die Ursache dieses drastischen Sehkraftverlusts zunächst ein Rätsel, denn laut Untersuchung war der Sehnerv nicht entzündet oder eingeklemmt, und auch eine genetische Ursache konnte ausgeschlossen werden. Anders sah allerdings die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen aus. Laut Laboranalysen hatte der Jugendliche mittlerweile nicht nur einen Vitamin-B12-Mangel, sondern auch niedrige Kupfer- und Selenspiegel, einen hohen Zinkspiegel sowie deutlich verringerte Vitamin-D-Werte.

Atam und ihre Kollegen gehen davon aus, dass dieser Mangel an Mikronährstoffen letztlich eine optische Neuropathie verursachte, also eine Störung des Sehnervs. In Industrieländern wie Großbritannien sind Darmprobleme oder Medikamente, welche die Aufnahme verschiedener wichtiger Nährstoffe aus dem Magen beeinträchtigen, die häufigsten Ursachen für eine optische Neuropathie. Rein diätetische Ursachen sind dagegen seltener, weil die Lebensmittelversorgung im Allgemeinen gut ist. Wird die Neuropathie rechtzeitig erkannt, ist der Zustand reversibel, unbehandelt kann es zu bleibenden strukturellen Schäden am Sehnerv und zur Erblindung kommen.

Atam und ihre Kollegen folgern, dass die Junk-Food-Diät des Patienten und die damit einhergehende eingeschränkte Zufuhr von Vitaminen und Mineralstoffen zu einer ernährungsbedingten irreversiblen optischen Neuropathie führten. Angesichts des weit verbreiteten Konsums von Junk Food auf Kosten nahrhafterer Optionen und der zunehmenden Popularität von Veganismus halten sie es für möglich, dass solche Fälle in Zukunft häufiger auftreten werden. „Unser Sehvermögen hat einen solchen Einfluss auf Lebensqualität, Bildung, Erwerbstätigkeit und soziale Interaktionen und psychische Gesundheit“, betont Atam. „Dieser Fall hebt die Auswirkungen der Ernährung auf die visuelle und physische Gesundheit hervor und verdeutlicht, dass Kalorienaufnahme und BMI keine zuverlässigen Indikatoren für den Ernährungsstatus sind.“

1 schnell und einfach zu verzehrende, aber kalorienreiche Nahrung mit einem ungesund hohen Salz-, Zucker- oder/und Fettanteil

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verfasst von am 8. Oktober 2019 um 06:09

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Ein Kommentar zu “Junk-Food-reiche Ernährung kann zur Erblindung führen”

  1. Keto Fit sagt:

    Ich halte es für sehr wahrscheinlich das übermäßiger Junk Food Konsum solche Schäden anrichten kann. Diese Lebensmittel sind derart verarbeitet und eigentlich auch verseucht, dass ein durchschnittlicher Körper da zügig dran kaputt gehen kann

    Sehr interessante Untersuchungsergebnisse.

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