„Lasst wohlbeleibte Männer um mich sein“
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 19. Dezember 2012
Wohlstand, Bildung und Essensauswahl
Armut, geringes Bildungsniveau und eine unter Gesundheitsaspekten ungünstige Lebensmittelauswahl gehen häufig Hand in Hand. Doch was lässt Wohlhabendere eher zu Obst und Gemüse greifen und weshalb kaufen ärmere Menschen tendenziell mehr ungesunde, kalorienreiche Lebensmittel? Eine finnische Studie sucht nach Antworten.
Im Rahmen der FINDRISK-Studie wurden 1691 finnische Männer und 2059 finnische Frauen im Alter von 24 bis 65 Jahren zu den Gründen für ihre Lebensmitttelauswahl befragt. Mit Hilfe verschiedener Aussagen, welche die Probanden nach ihrer subjektiv empfundenen Wichtigkeit sortieren sollten, wurde die Bedeutung von Gesundheit, Genuss, Ethik, Bequemlichkeit, Preis und Vertrautheit für die Lebensmittelauswahl erfragt. Diese Angaben wurden dann gemeinsam mit Angaben zum Lebensmittelkonsum der Probanden, soziodemographischen Charakteristika sowie Bildungsstand und Einkommen ausgewertet.
Übereinstimmend mit früheren Studien konnten die Wissenschaftler auch in dieser Studie beobachten, dass Menschen mit einem höheren Bildungsniveau und Einkommen vergleichsweise häufiger Obst und Gemüse aßen. Gleichzeitig bestand ein negativer Zusammenhang zwischen dem Bildungsstand und dem Verzehr energiedichter Lebensmittel, das bedeutet, dass besser gebildete Menschen seltener energiereiche, gesundheitlich eher ungünstige Lebensmittel aßen. Hinter dieser Entscheidung standen überwiegend gesundheitliche Gründe. Im Unterschied dazu wählten Menschen mit geringem Bildungsstand und Einkommen ihre Lebensmittel hauptsächlich aufgrund von Preis und Vertrautheit aus. Obst und Gemüse wurden von ihnen häufig (z. T. fälschlicherweise) mit höheren Preisen assoziiert und deshalb seltener gekauft. Hinzu kam ein Misstrauen vor neuen, gesünderen Lebensmitteln, die sich möglicherweise als Fehlkauf erweisen könnten.
Die Forscher raten vor diesem Hintergrund dazu, die Preise von Obst und Gemüse zu senken, um diese Lebensmittel auch für ärmere Bevölkerungsgruppen attraktiver zu machen. Allerdings ist fraglich, ob diese Maßnahme tatsächlich den erwünschten Erfolg erzielen würde. Vielleicht liegt das Problem der Menschen nicht (nur) beim Preis von einzelnen Lebensmitteln, sondern vielmehr bei mangelnden Kenntnissen und Fähigkeiten, mit einem sehr geringen Budget auszukommen. In diesem Fall würde ihnen ein praxisbezogenes Haushaltstraining sicher besser helfen als gezielte Preissenkungen im Lebensmittelbereich.
Quellen einblenden
- Überschrift: Shakespeare-Zitat aus Julius Cäsar I, 2. (Cäsar), Originaltitel: The Tragedy of Julius Caesar. Erscheinungsjahr: 1623
- H. Konttinen, S. Sarli-Lähteenkorva, K. Silventoinen, S. Männistö, A. Haukkala (2012): Socio-economic disparities in the consumption of vegetables, fruit and energy-dense foods: the role of motive priorities. Public Health Nutrition, Seite 1-10.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 19. Dezember 2012 um 07:00
vorheriger Artikel: Neue Verbündete für „Zu gut für die Tonne“
nächster Artikel: Frühstücksflocken für Kinder – doch kein guter Start in den Tag
DEBInet-Ernährungsblog - über uns
Unsere Autoren schreiben für Sie über Aktuelles und Wissenswertes aus Ernährungswissenschaft und Ernährungsmedizin. Die redaktionell aufbereiteten Texte richten sich nicht nur an Experten, sondern an alle, die sich für das Thema "Ernährung" interessieren.
Sie können sich die Beiträge per Newsletter zuschicken lassen oder diese über RSS-Feed oder Twitter abonnieren.
Für die Schriftenreihe der Gesellschaft für Rehabilitation bei Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (GRVS) wurden 222 unserer Blog-Artikel ausgewählt. Das dabei entstandene Ernährungs-Lesebuch ist 2017 im Pabst Science Publishers Verlag erschienen und steht Ihnen hier kostenlos zum Download zur Verfügung
© 2010-2024 Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit