Lieber füllig, aber glücklich als schlank und unglücklich?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 13. November 2013
Warum nehmen Menschen ab? Beispielsweise um gesünder zu sein und genauso erfolgreich und glücklich wie die Ranken und Schlanken. Doch Menschen, die erfolgreich abgenommen haben, fühlen sich zwar gesundheitlich fitter, dafür leidet aber ihr seelisches Wohlbefinden. Wir beleuchten Ursachen und mögliche Konsequenzen.
Im Rahmen der bevölkerungsbasierten KORA-Studie wurden 3.080 Deutsche zu ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden befragt. Außerdem wurden Körpergröße und Gewicht aller Teilnehmer bestimmt. Sieben Jahre später wurde das Vorgehen wiederholt und die Wissenschaftler teilten die Probanden rückwirkend in verschiedene Gruppen ein: Es gab Probanden, deren Gewicht über den Zeitraum konstant geblieben war, andere hatten zugenommen oder abgenommen. Doch welche Probandengruppe fühlte sich am wohlsten? Mithilfe der Angaben der Teilnehmer zu ihrem körperlichen und seelischen Wohlbefinden wollten die Wissenschaftler diese Frage klären.
Wie veränderte sich das Gewicht der Probanden während der siebenjährigen Studienphase? Die Auswertungen zeigten, dass jeder dritte Proband über fünf Prozent seines Körpergewichts zugenommen hatte, jeder zehnte Proband hatte über fünf Prozent abgenommen und über die Hälfte der Probanden (60 Prozent) hatte ihr Gewicht gehalten. Sowohl Frauen als auch Männer mit einem höheren Body Mass Index (BMI) fühlten sich körperlich beeinträchtigt. Erstaunlich war allerdings, dass Frauen, die während der Studienlaufzeit an Gewicht zugenommen hatten, sich psychisch wohler fühlten als solche, die es geschafft hatten, abzunehmen.
Ist Abnehmen trotz gesundheitlicher Vorteile damit ein Stimmungskiller? Über die Ursachen des Zusammenhangs zwischen Gewichtsänderung und Wohlbefinden können die Wissenschaftler bislang nur spekulieren. Michael Laxy, der als Wissenschaftler an der Studie beteiligt war, rät zu einer differenzierten Betrachtung der Ergebnisse. Seiner Meinung nach muss nicht das Zunehmen Auslöser für die bessere Stimmungslage der Probanden sein. Vielleicht ist ihr höheres psychisches Wohlbefinden auch auf den Genuss beim Essen zurückzuführen. Denn Frauen essen häufig um Stress abzubauen. Abnehmen dagegen kann Stress für die Psyche bedeuten.
Heißt das nun, dass Menschen mit Übergewicht die Wahl haben zwischen übergewichtig und glücklich oder schlank, aber unglücklich? Nein. Die Ergebnisse dieser Studie sollen vielmehr dazu beitragen, Abnehmprogramme so weiterzuentwickeln, dass auch psychosoziale Bedürfnisse der Teilnehmer berücksichtigt werden, und der Widerspruch zwischen körperlichem und psychischem Wohlbefinden aufgelöst wird.
Quellen einblenden
- R. Laxy, R. Holle, A. Döring, A. Peters, M. Hunger (2013): The longitudinal association between weight change and healthrelated quality of life: the KORA S4/F4 cohort study. International Journal of Public Health, Online-Vorabveröffentlichung
- M. Preuk (2013): Wie die Psyche das Gewicht beeinflusst. Online-Artikel vom 13.09.2013.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 13. November 2013 um 08:36
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