LIFE & COVID-Studie: Welchen Einfluss hat der Lebensstil auf die Erkrankungsschwere?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 15. Dezember 2020
In einer Online-Studie haben Wissenschaftler des Studienzentrums Diabetes an der Ludwig-Maximilians-Universität München untersucht, ob verschiedene Lebensstilfaktoren vor schweren COVID-19-Verläufen schützen oder diese sogar begünstigen.
Schwere COVID-19-Verläufe sind gekennzeichnet durch Lungenentzündung, Atemnot, Notwendigkeit einer zusätzlichen Sauerstoffzufuhr beziehungsweise künstlicher Beatmung. Zwischen Mai und Juli 2020 beantworteten 201 vormals an COVID-19 erkrankte und ambulant behandelte Erwachsene Fragen zu ihrer Erkrankung, ihrem Lebensstil, Vorerkrankungen und Medikamenteneinnahme sowie zu demographischen Faktoren. Als möglicherweise vor schweren COVID-19-Verläufen schützende Lebensstilfaktoren wurden
- regelmäßiger Sport (mindestens 150 Minuten pro Woche bei mittlerer bis hoher Intensität),
- gesunde Ernährungsgewohnheiten (an mindestens drei Tagen pro Woche fünf Portionen Obst / Gemüse, Verwendung frischer Lebensmittel zum Kochen, Fleisch und Fleischerzeugnisse maximal zweimal wöchentlich),
- erholsamer Schlaf sowie
- ein häufiger Kontakt zu Kindern (und damit Atemwegsviren), beispielsweise durch Leben mit Kindern im selben Haushalt oder regelmäßige Betreuung von Kindern.
berücksichtigt.
Zu den eventuell schädlichen Lebensstilfaktoren zählten:
- Übergewicht (BMI über 25 kg/m2) oder Adipositas (Fettleibigkeit; BMI von 30 kg/m2 oder höher),
- eine ungünstige Fettverteilung,
- Rauchen (aktuell oder während der vergangenen fünf Jahre) sowie
- regelmäßiger Alkoholkonsum.
Laut den Ergebnissen der statistischen Auswertung hatten Personen mit Übergewicht oder Adipositas etwa doppelt so häufig Symptome einer Lungenentzündung als Personen mit Normalgewicht (34,9 Prozent vs. 16,7 Prozent). Des Weiteren waren Personen mit Übergewicht und Adipositas häufiger auf eine zusätzliche Zufuhr von Sauerstoff oder künstliche Beatmung angewiesen als normalgewichtige Personen. Dagegen fanden die Wissenschaftler keinen Zusammenhang zwischen den anderen untersuchten Lebensstilfaktoren und der Erkrankungsschwere.
Die Wissenschaftler um Studienleiter PD Dr. Andreas Lechner vermuten, dass Signalstoffe des Fettgewebes den Zusammenhang zwischen Übergewicht und schweren COVID-19-Verläufen vermitteln. Beispielsweise steigt mit zunehmender Fettmasse die Synthese des Hormons Leptin. Es ist bekannt, dass Leptin einen bestimmten Abwehrmechanismus bei Virusinfektionen vermindern kann. Ob davon allerdings auch die Abwehr des Coronavirus SARS-CoV-2 betroffen ist, ist noch nicht geklärt.
Die Studie kann als Hinweis dafür gesehen werden, dass Übergewicht bereits unterhalb der Schwelle zur Adipositas mit einem schwereren COVID-19-Verlauf einhergehen kann. Um den Zusammenhang zwischen Übergewicht, Adipositas und schweren Erkrankungsverläufen besser zu verstehen, sind weitere Untersuchungen erforderlich.
Quellen einblenden
- Vanessa Sacco, Barabara Rauch, Christina Gar, et al. (2020): Overweight/obesity as the potentially most important lifestyle factor associated with signs of pneumonia in COVID-19. Onlineveröffentlichung auf medRxix
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 15. Dezember 2020 um 08:33
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