Low-Carb-High-Protein-Diät riskant fürs Herz

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Freitag, 7. September 2012

Eiweißreiche Ernährung kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen

Die Epidemiologin Pagona Lagiou unternahm mit einem Team an Wissenschaftlern eine Kohortenstudie in der schwedischen Provinz Uppsala, um mögliche Folgen einer eiweißreichen Ernährung auf die Herzgesundheit zu untersuchen. Die Forscher stellten fest, dass ein Mehr an Eiweiß verstärkt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen könnte.

Gemüse
© Sutter Butters/John DiDomenico Photography

Gemüse kann bei Low-Carb-Diäten zu kurz kommen.

„Low-Carb-High-Protein-Diäten, regelmäßig eingesetzt und ohne die Natur der Kohlenhydrate oder der Proteinquelle zu beachten, sind mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen verbunden“, schlussfolgert die Arbeitsgruppe im British Medical Journal. Abnehmwillige würden sich häufig für diese Form der Ernährung entscheiden, da sie sich erhofften, durch einen höheren Anteil an Eiweiß schneller satt zu werden. Solche Diäten sähen bisweilen unter 15 Energie-Prozent Kohlenhydrate und mehr als 30 Energie-Prozent Eiweiß vor. Obst, Gemüse, Getreide und Hülsenfrüchte kämen nur eingeschränkt vor. Diese seien aber nicht nur reich an Kohlenhydraten, sondern wahrscheinlich auch für den Herzschutz von Bedeutung. Wenn diese Kohlenhydrat-Quellen zu kurz kommen, könnte das Herz in Mitleidenschaft gezogen werden, vermuteten die Forscher.

Um zu prüfen, ob die Menge an Protein und das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammenhängen, unternahmen sie eine langjährig angelegte Studie. Das Forscher-Team befragte zu Beginn der Studie über 43 000 Schwedinnen im Alter von 30 bis 49 Jahren. Diese füllten einmalig einen Fragebogen aus, der ihr Ernährungsverhalten in den letzten sechs Monaten, ihren Lebensstil, anthropometrische Daten sowie vorliegende Erkrankungen erfragte. Lagiou und Kollegen vergaben im Anschluss Punkte an die Teilnehmer, abhängig davon, wie viel Eiweiß bzw. Kohlenhydrate diese aufnahmen.

Die Punkte reichten von eins bis zehn. Eins bedeutete sehr wenig, zehn sehr viel Eiweiß. Die Kohlenhydrate ordneten die Forscher umgekehrt zu. Schlussendlich kombinierten sie die beiden Punkte-Bewertungen zu einer gemeinsamen: Zwei war gleichbedeutend mit sehr wenig Eiweiß und sehr vielen Kohlenhydraten, zwanzig mit sehr viel Eiweiß und sehr wenigen Kohlenhydraten.

Nach 15,8 Jahren untersuchten die Forscher die Teilnehmerinnen nach. Sie stellten 1270 kardiovaskuläre Ereignisse fest (1). Pro Anstieg um zwei Punkte wuchs das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um fünf Prozent. Zwei Einheiten entsprechen dabei ungefähr 20 Gramm Kohlenhydrate weniger und fünf Gramm Eiweiß mehr. Absolut betrachtet betrug der Risikoanstieg, bezogen auf 10.000 Frauen, etwa vier bis fünf Fälle mehr pro Jahr.

Dabei machte es in der Untersuchung von Pangiou und Kollegen keinen Unterschied, ob die Proteine tierischer oder pflanzlicher Herkunft waren – ein Ergebnis, das andere Studien nicht teilten. Die Daten der Health Professional Study und Nurses Health Study wiesen, je nach Herkunft des Proteins, auf einen Unterschied in der Wirkung hin. So waren in diesen Studien tierische Proteine mit signifikant mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, pflanzliche dagegen nicht.

Einschränkend wiesen Lagiou und Team darauf hin, dass eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten während des langen Untersuchungszeitraums nicht auszuschließen sei. Bei den Ergebnissen dieser Studie handelt es sich schlussendlich um einen Zusammenhang, nicht um eine nachweisliche Ursache-Wirkungs-Beziehung.

(1) Die Forscher berücksichtigten bei der Auswertung der Daten einen möglichen Einfluss von Störgrößen wie Körpergröße, BMI, Bildungsstand, Fett- und Energieaufnahme, Bewegung, Rauchen, Alkoholkonsum sowie Bluthochdruck.

Quellen einblenden

  • Lagiou P, Sandin S, Lof M, Trichopoulos D, Adami HO, Weiderpass E: Low carbohydrate-high protein diet and incidence of cardiovascular diseases in Swedish women: prospective cohort study. BMJ 2012;344:e4026 doi: 10.1136/bmj.e4026
  • Fung TT, van Dam RM, Hankinson SE, Stampfer M, Willett WC, Hu FB.: Low-carbohydrate diets and all-cause and cause-specific mortality: two cohort studies. Ann Intern Med. 2010 Sep 7;153(5):289-98.

verfasst von am 7. September 2012 um 06:32

Was ist das?

DEBInet-Ernährungsblog - über uns

Unsere Autoren schreiben für Sie über Aktuelles und Wissenswertes aus Ernährungswissenschaft und Ernährungsmedizin. Die redaktionell aufbereiteten Texte richten sich nicht nur an Experten, sondern an alle, die sich für das Thema "Ernährung" interessieren.

Sie können sich die Beiträge per Newsletter zuschicken lassen oder diese über RSS-Feed oder Twitter abonnieren.

Für die Schriftenreihe der Gesellschaft für Rehabilitation bei Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V. (GRVS) wurden 222 unserer Blog-Artikel ausgewählt. Das dabei entstandene Ernährungs-Lesebuch ist 2017 im Pabst Science Publishers Verlag erschienen und steht Ihnen hier kostenlos zum Download zur Verfügung

Der "DEBInet-Ernährungsblog"
ist ein Projekt der


© 2010-2024 Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

- noch keine Kommentare -

Kommentar abgeben

Du mußt Dich registrieren, um kommentieren zu können: einloggen