Mit Eiweißbrot zur Strandfigur?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Julia Kluthe-Lebek
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 26. Juni 2012
Nachdem Kohlenhydrate als Dickmacher in Verruf geraten sind, erobert ein neuer Trend das Brotregal: Eiweißbrot, also Brot mit einem erhöhten Eiweißgehalt. Doch helfen solche Brote tatsächlich beim Abnehmen?
Mit der Entwicklung von Eiweißbrot reagieren Bäckereien auf den „Low Carb“- und „Schlank im Schlaf“-Trend, bei dem ein weitgehender Verzicht auf Kohlenhydrate als Energielieferant propagiert wird. Versprochen wird ein „leichtes, bekömmliches Brot“, das für den Verzehr abends gedacht ist und das „das Wohlbefinden steigern“ und einen gesunden Lebenswandel unterstützen soll.
Die Zusammensetzung
Eiweißbrot wird aus einer Mischung aus Weizeneiweiß (Gluten), Soja- und Lupineneiweiß sowie Sojaschrot, Leinsaat, Sonnenblumenkernen, Obst- und Gemüsefasern hergestellt. Es enthält lediglich ein Siebtel der Kohlenhydratmenge von herkömmlichem Brot (sechs Prozent; zum Vergleich: ein Weizenmischbrot besteht zu 44 Prozent aus Kohlenhydraten). Dafür ist der Eiweißgehalt deutlich erhöht: 21 Prozent anstatt fünf Prozent bei einem Weizenmischbrot. Was Verbrauchern allerdings in der Regel nicht bekannt ist: Verglichen mit normalen Broten ist der Fettanteil von Eiweißbroten drei- bis zehnmal höher. Dies hat auch Auswirkungen auf den Energiegehalt des Brotes: er ist etwa ein Zehntel höher als bei normalem Brot.
Der Preis
Eiweißbrot ist vergleichsweise teuer: Ein Brot mit 400-500 Gramm kostet ungefähr drei Euro. Dies ist zum einen auf die spezielle Zusammensetzung des Brotes zurückzuführen, zum anderen ist darin auch Marktkalkül erkennbar: Es wird davon ausgegangen, dass Abnehmwillige freiwillig mehr Geld für ein Brot ausgeben, das eine Gewichtsreduktion unterstützen soll.
Das Prinzip
Es wird angenommen, dass der erhöhte Eiweißgehalt in Eiweißbrot das Sättigungsgefühl verlängert. Außerdem soll die erhöhte Eiweißaufnahme die Freisetzung von Insulin hemmen. Das körpereigene Hormon Insulin verhindert normalerweise den Abbau von Fettreserven. Wird es weniger ausgeschüttet, führt dies zu einer Steigerung der Fettverbrennung, so die Theorie. In der Praxis ist der Nutzen von Eiweißbrot zur Gewichtsreduktion umstritten. Kritiker beanstanden den vergleichsweise hohen Fett- und Energiegehalt des Brotes. Ob die aufwendigere Verstoffwechselung von Eiweißbrot dieses Plus an Energie wettmacht, ist ebenfalls umstritten. Außerdem wird argumentiert, dass nicht ein einziges Lebensmittel wie Brot verantwortlich für die Gewichtszunahme ist, sondern die Energiemenge, die insgesamt über den Tag verteilt aufgenommen wird (Tagesbilanz). Außerdem wird vor möglichen gesundheitlichen Konsequenzen einer vermehrten Eiweißaufnahme gewarnt.
Die Alternative
Isabelle Keller von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt als Rezept zur Gewichtsabnahme nach wie vor auf Bewegung zu setzen. Wer den Fettabbau über Nacht ankurbeln möchte, kann dies auch ohne Eiweißbrot erreichen, indem abends gegen 18 oder 19 Uhr ein normales Abendbrot gegessen und danach nichts mehr verzehrt wird. Dann ist der Insulinspiegel nach ca. zwei Stunden wieder abgesunken und das Körperfett kann wieder abgebaut werden.
Quellen einblenden
- Mitteldeutscher Rundfunk (2012): Schlank mit Eiweißbrot? Beitrag vom 04.05.2012.
- WAZ (2012): Eiweißbrot – ein umstrittener Diättrend erobert die Bäckereien. Artikel vom 21.05.2012.
- Tanja Wessendorf (2012): Eiweißbrot zum Abendessen. Artikel in der Kölnischen Rundschau vom 12,03.2012.
- Heidrund Schubert (2012): Eiweißbrot allein macht noch nicht schlank. Artikel im Münchner Merkur vom 13.06.2012.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 26. Juni 2012 um 06:25
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ich denke, das große Problem ist, dass Leute, die Eiweißbrot auf ihren Speiseplan schreiben, es als „Freifahtsschein“ sehen, ganz nach dem Motto „hat doch keine Kohlenhydrate, dann kann ich abends auch mehr davon essen“.
Das ist natürlich fatal. Es steht und fällt alles – wie in dem Artikel beschrieben – mit dem Kaloriendefizit.
Plane ich meine Ernährung durch und achte auf das Kaloriendefizit, finde ich Eiweißbrot einen super Ersatz zu herkömmlichen Brot und sehr gut für eine Low Carb Diät geeignet
Bekanntlich gibt es heute nichts, was es nicht gibt. Fakt ist aber, dass der Genuss eines Eiweissbrotes nicht die Traumfigur verursacht. Da nehme ich doch lieber eine Scheibe Brot, die mir schmeckt und lege dort eiweißhaltigen Fisch drauf und kombiniere das mit ausreichend Bewegung!
Ich hab das Brot probiert und mir schmeckt es, halt sehr viele Kerne aber was solls.
Wenn man nur eine dünne Scheibe nimmt und dazu viel Belag isst, gehts sogar am Abend durch.
Gute Idee!
Auch wenn ich die Wirksamkeit nicht wirklich einschätzen kann, da zum Abnehmen wesentlich mehr als der Verzehr eines gesunden Brots gehört, finde ich es gut, dass die Bäcker den Trend endlich erkannt haben:
Ich bin recht zuversichtlich, dass das neue Brot die Umsätze dieser Branche ankurbeln wird. Es hat mich gewundert, dass dieses Brot nicht schon wesentlich früher gebacken wurde.
Grüße
Günni
Capra, das meiste Soja für das Regenwald gerodet wird, geht in die Tiermast.
Ich hab auch so ein „Abendbrot“ von verschiedenen örtlichen Bäckern probiert, aber ich mag die Konstistenz und den Geschmack nicht. Ich bin auch kein Fan von Soja.
Jetzt lass ich abends einfach das Brot weg, im Sommer gibts eh hauptsächlich bunte Salate bei mir, da brauch ich kein Brot dazu!
Hallo, der Sojaanteil ist in dem Brot extrm hoch, was ist mit einer Sojaallergie, ist das Soja gen-manipuliert, wieviel Urwald muß dafür in Brasilien gerodet werden. Warum essen wir nicht einfach vernünftiges Vollkornbrot und treiben Sport
Mein Abnehmrezept bleibt:
Möglichst wenig verarbeitete Produkte (ergo viel selber kochen)
Kein Zucker, kein Weißmehl, kein Schweinefleisch.
Dann geht das fast von alleine.
Liebes Team vom DEBInet und Frau Bächle!
Als selbstständig tätige Diätassistentin werde ich in letzter Zeit durch meine Patienten und Klienten permanent auf dieses „Wunderbrot“ aufmerksam gemacht. Ich empfehle Gesunden ebenfalls die Ernährung vollwertig und eiweißreich zu gestalten, wobei ein solches Brot lediglich neben all den anderen, besonders pflanzlichen Eiweißträgern (z.B. Haferflocken, Getreide) stehen sollte. Vielen Dank für die Veröffentlichung des Beitrages.
Mit freundlichen Grüßen,
Claudia Brandt, Ernährungsberatung und Diättherapie
Man sollte auch wissen, dass viele Menschen (auch wenn sie vielleicht nichts davon wissen) Gluten relativ schlecht tolerieren. Bei normalem Brot mag das ja noch „ok“ sein, aber bei einem Brot mit einem vielfachen Gehalt an Gluten kann man hier sehr schnell Probleme bekommen.
Das Eiweißbrot, dass man bei einem stink normalen Bäcker kaufen kann, ist schmeckt zwar gut, hat aber nicht so einen hohen Eiweißanteil, wie das Eiweißbrot zum selber backen. Die Backmischungen für ein gutes Eiweißbrot (hoher Eiweißanteil), erhält man oft auch im Fitnessstudio. Diese Backmischungen sind dafür ziemlich teuer und das Brot schmeckt nicht so gut wie beim Bäcker.
Nur durch den Verzehr von Eiweißbrot wird das nichts. Viel mehr ist es wichtig einen Kaloriendefizit zu haben, wenn man abnehmen will. Eiweißbrot kann während einer abwechslungsreichen Ernährung natürlich gegessen werden.