Mobiler Fortschritt erleichtert die Therapie Jugendlicher

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Freitag, 1. Juni 2012

Wie kann man Jugendliche in der Therapie bei der Stange halten und zur Mitarbeit motivieren? Zum Beispiel durch den Einbezug von mobilen Geräten, denn die Technikbegeisterung der jungen Generation macht auch vor medizinischen Anwendungen für Smartphones nicht halt.

Treffen mit Freunden, Freizeitaktivitäten, Partys, Schule – im Leben von Jugendlichen sind viele Dinge wichtiger als die eigene Gesundheit. Liegt eine ernstzunehmende Erkrankung vor, fällt es vielen Jugendlichen deshalb schwer, feste Therapierhythmen einzuhalten und Werte zu dokumentieren. Für bessere Therapieerfolge können sich Mediziner die Technik-Affinität von Jugendlichen auf zielführende Weise zunutze machen, wie eine amerikanische Studie zeigte.

Smartphone
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In der Studie, die gemeinsam von Wissenschaftlern der Purdue-Universität, des Krebscenters der University von Hawaii und der School of Public Health an der Curtin-Universität durchgeführt wurde, wurde der Nutzen eines mobilen Ernährungstagebuchs untersucht. Rückwirkende, schriftliche Ernährungsdokumentationen sind häufig sehr ungenau, da sie stark vom Erinnerungsvermögen der Probanden abhängen. In der Vergangenheit unterschätzten Probanden die tatsächliche Energieaufnahme um rund 30 Prozent, da sie nicht alle verzehrten Lebensmitteln angaben. Ein zusätzliches Problem bei der Erhebung der Ernährung von Jugendlichen ist ihr unregelmäßiger Lebensstil mit zahlreichen, häufig unstrukturierten Mahlzeiten zwischendurch. Die Wissenschaftler wollten nun evaluieren, ob eine Ernährungs-App als mobile Anwendung zur Erhebung der Nahrungsaufnahme via Smartphone traditionellen Ernährungserhebungen überlegen ist.

Für die Studie wurden 78 Jugendliche und 57 Erwachsene gebeten, die Ernährungs-App zu testen. Anstelle des aufwendigen Aufschreibens aller verzehrter Lebensmittel und gegebenenfalls Abwiegens/Schätzens von Portionsgrößen, sollten alle Teilnehmer je ein Foto von allen Speisen und Getränken vor und nach jeder Mahlzeit machen. Mithilfe eines mitfotografierten Markers und einer Nährwertsoftware konnte daraus die tägliche Gesamtenergieaufnahme ermittelt werden.

Die mobile Anwendung wurde von allen Teilnehmern gut angenommen. Gerade die Jugendlichen kamen prompt mit dem Programm zurecht. An der ersten Dokumentationsrunde nahmen alle 78 Jugendlichen freiwillig teil, bei der zweiten Runde waren es immerhin noch 70 (90 Prozent). Die Erwachsenen hatten mehr Probleme im Umgang mit der neuen Technik, nur 24 von ursprünglich 57 Probanden (42 Prozent) nahmen an der zweiten Erhebungsrunde teil. Allerdings fiel es den Jugendlichen, bedingt durch den unregelmäßigen Tagesablauf, deutlich schwerer, an die Fotos vor und nach dem Essen zu denken. Automatische Erinnerungen, beispielsweise eine einfache Alarmfunktion, könnten hierbei hilfreich sein. Solche Alarmfunktionen sind bereits in vielen Apps Standard. Mit der eingesetzten Ernährungs-App lässt sich außerdem genau ermitteln, wie lange eine Mahlzeit gedauert hat. Bei den Jugendlichen waren es im Mittel nur 14 Minuten.

Da die Neuentwicklung von Apps zur medizinischen Dokumentation aufwendig und deshalb auch kostspielig ist, wird empfohlen, auf bestehende Anwendungen zurückzugreifen. Die Nutzung vieler dieser Apps ist für die Patienten kostenfrei möglich. Bei der Auswahl geeigneter Apps für Jugendliche zu Therapiezwecken sollten folgende Kriterien berücksichtigt werden:

  • Verständliche Menüführung: Die App sollte möglichst selbst erklärend sein.
  • Grafische Darstellung von Werten und Daten: Dies ermöglicht einen schnellen Überblick über den Verlauf.
  • Spielerischer Effekt: Jugendliche sollten sich durch den Aufbau und die Gestaltung angesprochen fühlen und motiviert werden, die App zu nutzen.
  • Erinnerungsfunktion: Diese kommt dem unregelmäßigen Tagesablauf der Jugendlichen entgegen.
  • Eindeutige Warnhinweise: Bei kritischen Gesundheitswerten, sollte eine Warnung, z. B. durch ein Ampelsystem, erfolgen.
  • Datenübertragung: Die Möglichkeit zum Export von Daten an den behandelnden Arzt sollte gegeben sein.

Quellen einblenden

  • B. L. Daugherty, T. R. E. Schap, R. Ettienne-Gittens et al. (2012): Novel technologies for assessing dietary intake: Evaluating the usability of a mobile telephone food record among adults and adolescents. Journal of Medical Internet Research 2012 (Vol 14)
  • R. Höhl (Ärzte Zeitung, 1.05.2012): Apps halten jugendliche Patienten bei der Stange.

verfasst von am 1. Juni 2012 um 06:09

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