Nach Tschernobyl: Wildpilze in Teilen Bayerns weiterhin stark belastet
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 16. November 2017
Auch mehr als drei Jahrzehnte nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl sind einige Wildpilzarten in Bayern stark radioaktiv belastet. Eine Gefahr für die Gesundheit besteht allerdings laut dem Bundesamt für Strahlenschutz nicht, solange diese Pilze in üblichen Mengen verzehrt werden.
Seit dem Reaktorunfall untersucht das Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) regelmäßig die Belastung von Wildpilzen mit radioaktivem Cäsium-137. Die Ergebnisse werden jährlich berichtet und publiziert.
Welche Regionen sind besonders betroffen?
Besonders stark kontaminiert sind nach Angaben des BFS kleinere Gebiete im Bayrischen Wald, im Donaumoos südwestlich von Ingolstadt und in der Region Mittenwald. Allerdings variiert der Gehalt von radioaktivem Cäsium einer Pilzart selbst innerhalb eines kleinen Waldgebiets stark mit dem Standort und diese Unterschiede sind meist deutlich größer als der mittlere jährliche Rückgang von Cäsium-137. In anderen Regionen Deutschlands, beispielsweise in Norddeutschland, hat sich nach dem Reaktorunfall deutlich weniger Cäsium-137 abgelagert. Dementsprechend ist die Belastung dort auch heute wesentlich geringer.
Welche Wildpilze können stark belastet sein?
Unter den Wildpilzarten können unter anderem Schnecklinge, Gemeine Erdritterlinge, Semmelstoppelpilze, Maronenröhrlinge und Rotbraune Scheidenstreiflinge eine Cäsium-137-Belastung von mehreren 1000 Becquerel pro Kilogramm aufweisen. Zum Vergleich: Durch den Verzehr landwirtschaftlicher Produkte nimmt einer Person in Deutschland im Mittel weniger als 100 Becquerel Cäsium-137 pro Jahr auf.
Was ist bei dem Verzehr von Wildpilzen zu beachten?
Trotz der teilweise immer noch hohen Belastung von Wildpilzen sieht das BFS keine Notwendigkeit, in den betroffenen Regionen komplett vor dem Genuss von Pilzgerichten zu warnen. Werden selbst gesammelte Pilze nur „in üblichen Mengen“ verzehrt, „muss man nicht mit negativen gesundheitlichen Folgen wegen des Radioaktivitätsgehalts rechnen“, ist in der aktuellen Pressemitteilung des BFS zu lesen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) rät allerdings, aus anderen Gründen maximal 250 Gramm Wildpilze pro Woche zu verzehren. Denn diese können giftige Schwermetalle wie Blei, Quecksilber und Cadmium anreichern.
Für Wildpilze, die im Lebensmittelhandel erworben werden, gilt ein Grenzwert für radioaktives Cäsium in Höhe von 600 Becquerel pro Kilogramm. Die Einhaltung dieses Grenzwerts wird stichprobenartig von der amtlichen Lebensmittelüberwachung kontrolliert. Bei einer Überschreitung dürfen die Pilze in Deutschland nicht mehr verkauft werden.
Quellen einblenden
- Bundesamt für Strahlenschutz (2017): Wildpilze in Teilen Bayerns nach wie vor belastet. Pressemitteilung vom 26.09.2017
- Bundesamt für Strahlenschutz (2017): Radioaktive Kontamination von Speisepilzen. Aktuelle Messwerte (Stand 2016).
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 16. November 2017 um 07:13
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