Pfefferscharfstoff Piperin auch in Muttermilch anzutreffen
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 11. Januar 2022
An der Technischen Universität München (TUM) haben Wissenschaftler untersucht, ob und in welchem Umfang scharf schmeckende Substanzen aus Chili, Ingwer und Pfeffer in die Muttermilch gelangen können. Ihre Erkenntnisse helfen dabei zu verstehen, wie Nahrungsvorlieben bereits im Säuglingsalter geprägt werden können.
Im Gegensatz zu standardisierter Säuglingsnahrung (Fertigmilch zum Anrühren) schmeckt und riecht natürliche Muttermilch jeden Tag anders. Geruch und Geschmack von Muttermilch werden maßgeblich durch die mütterliche Ernährung bestimmt. Die Ergebnisse verschiedener Studien geben Grund zu der Annahme, dass das „Geschmackserlebnis“ des Säuglings das Ernährungsverhalten bis ins Erwachsenenalter beeinflussen kann.
Doch die Geschmacksstoffe und Aromen der von stillenden Müttern verzehrten Speisen gelangen nicht alle im selben Ausmaß in die Muttermilch. In früheren Studien haben Forscher geschmacksaktive Stoffe aus Knoblauch und Kaffee in Muttermilch nachgewiesen. Aromastoffe aus Fischöl und Stilltee fanden Sie dagegen nicht darin. Die Frage, inwieweit Scharfstoffe sich in der Muttermilch wiederfinden, wurde bislang kaum untersucht.
Im Zuge einer kleinen Interventionsstudie verzehrten 18 stillende Frauen ein Currygericht, das mit verschiedenen Scharfstoffen gewürzt war. In den darauffolgenden Stunden gaben die Frauen mehrere Milchproben ab. Diese wurden massenspektrometrisch auf ihren Gehalt an scharf schmeckenden Substanzen untersucht.
Bereits eine Stunde nach dem Verzehr entdeckte das Forscherteam den Pfefferscharfstoff Piperin in Muttermilchproben. Dieser ließ sich auch in den darauffolgenden Stunden nachweisen. „Die beobachteten maximalen Konzentrationen von 14 bis 57 Mikrogramm pro Liter lagen dabei etwa 70- bis 350-fach unter der geschmacklichen Wahrnehmungsgrenze eines Erwachsenen“, erläutert Prof. Corinna Dawid, die momentan den Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik der TUM leitet. Ihr Kollege, Dr. Roman Lang vom Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie an der TUM ergänzt: „Dass die Säuglinge die Schärfe bewusst wahrnehmen, erscheint uns daher eher unwahrscheinlich zu sein. Dennoch wäre es denkbar, dass eine regelmäßige, niederschwellige Aktivierung des ‚Scharfstoff-Rezeptors‘ TRPV1 dazu beitragen könnte, die spätere Toleranzgrenze für solche Stoffe zu erhöhen.“
Im Unterschied zu Piperin waren die Scharfstoffe aus Ingwer und Pfeffer sowie der sekundäre Pflanzenstoff Curcumin aus Curry nicht in der Muttermilch wiederzufinden. „Letzteres hat uns besonders überrascht, da Piperin nach den Ergebnissen anderer Untersuchungen die Bioverfügbarkeit von Curcumin deutlich erhöhen soll“, räumt Lang ein.
Gemeinsam mit ihren Partnern von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg und dem Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung möchten Dawid, Lang und ihre Kollegen die Ursachen für die bisherigen Beobachtungen ergründen. Ziel ist es, die Entstehung von Nahrungspräferenzen besser zu verstehen. Darüber hinaus möchten die Wissenschaftler Stoffwechselprozesse erforschen, die für den Transfer von bioaktiven Inhaltsstoffen aus Lebensmitteln in die Muttermilch von Bedeutung sind.
Quellen einblenden
- G. Olias (2021): Scharfe Muttermilch? – Scharfstoff aus Pfeffer gelangt nach dem Essen in Muttermilch. Gemeinsame Pressemitteilung der Technischen Universität München (TUM) und des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der TUM vom 25.11.2021
- K. N´Diaye, M. Debong, J. Behr et al. (2021): Dietary piperine is transferred into the milk of nursing mothers. Molecular Nutrition & Food Research 11:e2100508
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 11. Januar 2022 um 08:52
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