Quetschies: Baby-Fast Food in der Kritik
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 8. Mai 2019
Die Stiftung Kindergesundheit rät ausdrücklich vom Verzehr von Fruchtzubereitungen aus Quetschbeuteln ab. Die sogenannten Quetschies sind nicht nur teuer und mülllastig, sie enthalten auch viel Energie und Zucker, was die Entstehung von Übergewicht und Karies fördert. Außerdem kann das Erlernen des Essens vom Löffel und des Kauens und Beißens fester Lebensmittel erschwert werden.
Die scheinbaren Vorteile von Quetschies liegen auf der Hand: Schon kleine Kinder können die Extraportion Obst selbst halten und dank des Saugaufsatzes schnell und unproblematisch austrinken ohne sich zu verschlucken oder etwas zu verschütten. In Quetschies steckt „100% Frucht“ „ohne Zuckerzusatz“, was viele Eltern annehmen lässt, dass es sich dabei um einen gesunden Snack handelt. Doch ist dies tatsächlich so?
Die Stiftung Kindergesundheit warnt mit deutlichen Worten vor dem Konsum von Quetschies. Verglichen mit normalem Obst enthalten Quetschies extrem viele Kalorien und viel Zucker. In vielen Produkte steckt sogar mehr Zucker als in Cola. Da der in Quetschies enthaltene Zucker überwiegend oder sogar vollständig aus dem Zucker der verwendeten Fruchtzubereitungen stammt, dürfen Quetschies die Aufschrift „ohne Zuckerzusatz“ tragen, selbst wenn das Produkt zum Beispiel durch Zugabe von konzentriertem Fruchtmus oder Fruchtsaft zusätzlich gesüßt wurde. „Dies kann bei Eltern fälschlicherweise den Eindruck erwecken, es würde sich um ein zuckerarmes Produkt handeln“, warnt Prof. Berthold Koletzko, Stoffwechselexperte der Universitäts-Kinderklinik München und Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Aber nicht nur ‚zugesetzter Zucker’, sondern vor allem auch der Gesamtzuckergehalt ist verantwortlich für unerwünschte gesundheitliche Auswirkungen beim Kind.“
Häufig enthalten Quetschies Fruchtsäuren wie zum Beispiel Zitronensaftkonzentrat, um die Haltbarkeit zu verlängern. Doch die Säure kann den pH-Wert des Speichels vermindern und damit den Zahnschmelz anfälliger für Karies machen. Dies gilt umso mehr, wenn Kinder an Quetschies nuckeln, da das Fruchtpüree und damit Zucker und Fruchtsäure die Zähne dann länger umspülen. Verglichen mit frischem Obst enthalten die meisten Quetschies übrigens aufgrund der Erhitzung bei der Herstellung und längeren Lagerung wenig Vitamin C, auch wenn häufig mit dem Vitamin C-Gehalt geworben wird. Hinzu kommt, dass das trinkfertige Fruchtpüree durch seine Konsistenz schnell in den Darm gelangt und diesen überfordern kann. Dies kann bei kleinen Kindern zu Bauchschmerzen, Durchfällen und Blähungen führen.
Der häufige Verzehr von Quetschies kann sich zudem negativ auf die Essfertigkeiten und Lebensmittelakzeptanz von Säuglingen auswirken. „Wenn Säuglinge Beikost vorwiegend durch das Saugen aus einem Beutel aufnehmen, kann dadurch das Lernen des Essens von einem Löffel bzw. von festeren Nahrungsstücken aus der Hand verzögert und erschwert werden“, gibt Prof. Koletzko zu bedenken. Außerdem kann das Erkunden der Nahrung mit den Lippen, der Zunge und den Händen sowie das Einüben des Kauens und Beißens nachteilig beeinflusst werden, so Koletzko. „Das kann dazu führen, dass das Kind später festere Nahrung wie Gemüse und Obst ablehnt“. Füttern Eltern dagegen ihre Kinder mit dem Löffel oder isst es Nahrung aus der Hand, fördert dies die Kommunikation zwischen Eltern und Kind. Das Kind beobachtet, was und wie Eltern und Geschwister essen und wird zum Probieren neuer Lebensmittel angeregt.
Quellen einblenden
- Stiftung Kindergesundheit: Was gibt es auf den Löffel? Newsletter vom Dezember 2018.
- D. Voscherau (2019): Quetschies: Wie gesund ist das Fruchtpüree? Onlineartikel vom 15.03.2019
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 8. Mai 2019 um 09:07
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