Rote Karte für Lebensmittelverschwendung
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 29. Juli 2014
Vor ziemlich genau einem Jahr erkannte die Bundesregierung die Reduzierung von Lebensmittelabfällen als einen zentralen Handlungsschwerpunkt zur Vermeidung von Abfall. Über die Umweltauswirkungen von Lebensmittelabfällen in Deutschland war damals wenig bekannt. In einem Fachgespräch gab das Umweltbundesamt nun erste Ergebnisse bekannt und schlug Maßnahmen zur Abfallvermeidung vor.
Lebensmittel sind – nicht nur im monetären Sinne – kostbar. Denn zur Erzeugung jedes Lebensmittels werden natürliche Ressourcen benötigt, die nur begrenzt zur Verfügung stehen, beispielsweise Ackerland, Wasser und fossile Energie. Für die Erzeugung der Lebensmittel, die jeder Einwohner Deutschlands durchschnittlich pro Jahr einkauft, werden pro Person eine Fläche in der Größe eines halben Fußballfeldes und 84 Badewannen voll Wasser benötigt. Außerdem entstehen pro Person und Jahr 3 Tonnen Treibhausgase, was mengenmäßig den CO2.-Emissionen eines Fluges von Frankfurt nach New York und zurück entspricht. Daher ist sich die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger, sicher: Die Vermeidung von Lebensmittelabfällen ist ein maßgeblicher Beitrag zur Erhaltung unserer Lebensgrundlage.
Besonders viele Lebensmittelabfälle entstehen bereits unmittelbar bei der Erzeugung von Grundnahrungsmitteln in der Landwirtschaft. Beschädigte Produkte und Lebensmittel, die bestimmte Normen nicht erfüllen (bekanntes Beispiel: EU-Gurke), sowie zu viel produzierte Lebensmittel werden entsorgt, bevor sie überhaupt zum Endverbraucher gelangen. An zweiter Stelle nach der Lebensmittelerzeugung steht der Lebensmittelverbrauch. Insbesondere beim Außer-Haus-Verzehr werden große Mengen an Lebensmitteln vorzeitig (d. h. unverzehrt) entsorgt: Von den 53,3 Kilogramm Lebensmitteln, die in Restaurants, Großküchen und bei Veranstaltungen mit Catering pro Person innerhalb eines Jahres angeboten werden, wird fast die Hälfte (44 Prozent bzw. 23,6 Kilogramm) weggeworfen. Zuhause im eigenen Haushalt ist der Anteil der Lebensmittel, die unverzehrt entsorgt werden, mit 17 Prozent zwar geringer als in der Gastronomie (44 Prozent). Da hier jedoch mit Abstand die meisten Lebensmittel verzehrt werden (430 Kilogramm Lebensmittel pro Person und Jahr!), ist die absolute Abfallmenge beim sogenannten „Inner-Haus-Konsum“ mit 82 Kilogramm pro Person und Jahr drei- bis viermal höher als beim Außer-Haus-Verzehr.
Auch für die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Frau Maria Krautzberger, ist das Ausmaß der Lebensmittelverschwendung „schockierend„. Sie appelliert: „In kaum einem anderen Bereich liegt die Abfallvermeidung so zum Greifen nah wie bei Lebensmitteln. 5 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Deutschlands entstehen durch Lebensmittelverluste. Wir können viel tun, um diese zu verringern und damit einen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz leisten.“
Zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen empfiehlt das Bundesamt, die freiwilligen Vereinbarungen zwischen Lebensmitteleinzelhandel und Gastronomie zur Reduktion von Lebensmittelabfällen möglichst rasch umzusetzen. Des Weiteren sollte überprüft werden, ob rechtliche Standards und Handelsnormen für das Aussehen und die Form von Lebensmitteln tatsächlich notwendig und Haftungs- und Hygienevorschriften in ihrem Ausmaß gerechtfertigt sind oder nur zu zusätzlichen Lebensmittelabfällen führen.
Quellen einblenden
- Umweltbundesamt (2014): Schlechte Ökobilanz für „Auswärts Essen“. Presseinformation vom 24.6.2014
- Umweltbundesamt (2014): Fachgespräch: Vermeidung von Lebensmittelabfällen.
- Umweltbundesamt (2014): Grafik zu Quellen der Lebensmittelverschwendung in Europa.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 29. Juli 2014 um 06:15
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