Schweineleber, Schweinefleisch und daraus hergestellte Produkte sind häufig mit Hepatitis-E-Viren belastet
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 24. September 2020
In jeder zehnten Probe von Schweineleber und Schweinefleischprodukten fanden Wissenschaftler des Universitätsklinikums Tübingen und ihre Kollegen Hepatitis-E-Virus-Genom. Ob die Viren tatsächlich in der Lage sind, Menschen zu infizieren oder beispielsweise durch Erhitzung inaktiviert wurden, ist noch nicht geklärt.
Wenn Menschen an einer akuten Virushepatitis erkranken, ist dies in den meisten Fällen auf eine Infektion mit Hepatitis-E-Viren zurückzuführen. Ein schlimmer Krankheitsverlauf kann zu Leberversagen führen. Zwar treten die meisten Hepatitis-E-Infektionen in Entwicklungsländern auf, aber auch in Deutschland ist die Anzahl der gemeldeten Fälle im letzten Jahrzehnt stark angestiegen (2011: 238 Fälle, 2019 3.727 Fälle). Hauptinfektionsquellen sind hierzulande rohe oder zu wenig gegarte Lebensmittel (insbesondere Schweinefleisch) sowie der direkte Kontakt mit Tieren.
Professor Dr. Thirumalaisamy P. Velavan, Leiter der Gruppe Molekulargenetik von Infektionskrankheiten am Institut für Tropenmedizin des Universitätsklinikums Tübingen, und seine Kollegen haben in Kooperation mit Partnern aus dem Robert-Koch-Institut, dem Bundesinstituts für Risikobewertung in Berlin sowie der Medizinischen Hochschule Hannover in einer Nachweisstudie untersucht, wie häufig Schweineleber und aus Schweineleber und Schweinefleisch hergestellte Produkte mit Hepatitis-E-Viren belastet sind. Die Studie soll dazu beitragen, das von Schweinefleischprodukten ausgehende Infektionsrisiko besser abschätzen zu können.
Zwischen Oktober 2019 und Februar 2020 sammelten die Forscher 41 Schweineleberproben, 40 Proben von streichfähigen Leberwürsten, 40 Proben von Leberpasteten und 10 Proben von Rohwürsten ohne Leber aus Supermärkten und Metzgereien in Tübingen, Reutlingen, Stuttgart und Dortmund. Die meisten Produkte stammten aus West- oder Südwestdeutschland, ein paar auch aus anderen europäischen Ländern (zum Beispiel Polen, Österreich, Belgien, Niederlande). Mittels geschachtelter PCR (Polymerase Chain Reaction; Polymerase-Kettenreaktion) und anschließender Sequenzierung untersuchten die Wissenschaftler die Proben auf Bestandteile von Hepatitis-E-Virus-RNA.
„Da die Verteilung und Belastung durch Hepatitis E in Europa unterschiedlich ist, war das Ziel, die tatsächliche Prävalenz von Hepatitis-E-Virus-kontaminiertem Fleisch zu bewerten und das Risiko von Exposition und Infektion abzuschätzen. Das Ergebnis der Studie zeigt nun, dass mehr als zehn Prozent aller getesteten Proben mit dem Hepatitis-E-Virus kontaminiert sind“, erläutert Prof. Velavan. „Insbesondere streichfähige Leberwürste (13 Prozent der Proben) und Leberpasteten (15 Prozent der Proben) waren häufig mit Heptatis-E-Viren kontaminiert. Auch in 5 Prozent der Schweineleberproben fanden die Wissenschaftler Hepatitis-E-Virus-RNA, während in den Rohwürsten keine Hepatitis-E-Viren gefunden wurden. „Nach Vergleichen mit früheren Studien deuten die Ergebnisse darauf hin, dass in Deutschland die Prävalenz von Hepatitis-E-Viren in Lebensmitteln mit Schweineleber seit zehn Jahren relativ unverändert und sehr hoch ist“, folgert Velavan.
Da in der aktuellen Studie allerdings weder die Viruslast1 noch die Infektiosität der gefundenen Viren untersucht wurden, können Velavan und seine Kollegen nicht abschätzen, inwiefern die gefundenen Viren eine Gefahr für die Konsumenten darstellen. In ihrer Publikation, die aktuell im der Fachzeitschrift „Journal of Viral Hepatitis“ erschienen ist, empfehlen sie dennoch zur Vermeidung einer Hepatitis-E-Infektion, Schweineleber und Schweinefleischprodukte sorgfältig zu garen und gegebenenfalls den Kontakt zu Tieren, die häufig mit Hepatitis-E-Viren infiziert sind (wie Schweine), zu meiden.
Quellen einblenden
- S. R. Pallerla, S. Schembecker, C. G. Meyer et al. (2020): Hepatitis E virus genome detection in commercial pork liver and pork meat products in Germany. Journal of Viral Hepatitis, Online-Vorabveröffentlichung
- Universitätsklinikum Tübingen: Hepatitis-E-Viren in Schweinefleisch nachgewiesen. Neue Studie zeigt Häufigkeit von Verunreinigungen in kommerziellem Schweinefleisch. Pressemitteilung vom 08.09.2020
1 Anzahl von Viruspartikeln im Blut eines infizierten Patienten oder in kontaminiertem Material (hier Schweinefleisch, Schweineleber und daraus hergestellte Produkte)
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 24. September 2020 um 06:30
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