Sitzen statt schwitzen: Zahl der Sportmuffel in Deutschland nimmt zu
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Montag, 23. September 2013
Die moderne Dienstleistungsgesellschaft fordert ihren Tribut: Immer weniger Deutsche treiben Sport und die Kluft zwischen Sporttreibenden und Sportmuffeln wird immer größer. Angesichts der aktuellen Ergebnisse der Studie „Beweg‘ Dich, Deutschland“ schlagen die Krankenkassen Alarm. 1003 Personen im Alter ab 18 Jahren wurden kürzlich von Forsa-Mitarbeitern zu ihrem Bewegungsverhalten während der Arbeit und in ihrer Freizeit befragt – mit alarmierenden Ergebnissen:
- Vier von zehn Erwachsenen bewegen sich am Tag weniger als 30 Minuten, jeder sechste sogar unter 15 Minuten. In dieser Zeitspanne sind bereits Arbeitsgänge z. B. zum Kopierer enthalten!
- Im Durchschnitt verbringt jeder Erwachsene hierzulande sieben Stunden am Tag sitzend, jeder dritte Berufstätige sogar neun Stunden und mehr.
- Doch nicht nur auf der Arbeit verbringen die Menschen in Deutschland viel Zeit inaktiv. Nach dem Feierabend sitzen die Befragten an durchschnittlich 3,2 Stunden vor dem Fernseher, Handy, am Laptop oder Tablet. Experten gehen davon aus, dass die tatsächliche Dauer möglicherweise noch länger sein wird. Mehr als ein Drittel der Männer und knapp jede dritte Frau verbringen täglich über vier Stunden vor dem Fernseher oder im Internet.
- Auch kurze Alltagswege werden heute meistens inaktiv bewältigt. Nur vier von zehn Befragten gaben an, alltägliche Wege bewusst zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückzulegen. Die Mehrheit bevorzugt es, schnell ans Ziel zu kommen, am besten mit dem Auto.
- In Bezug auf das Sport-Treiben haben sich die Mehrheitsverhältnisse seit der letzten Umfrage vor sechs Jahren geändert. Damals gaben 56 Prozent, also über die Hälfte der Befragten, an, Sport zu treiben. Heute sind diejenigen, die keinen Sport treiben, mit 54 Prozent in der Mehrheit.
- Das lange Sitzen hat gesundheitliche Konsequenzen: Die Hälfte der Befragten ab Mitte 40 leideten an Beschwerden des Bewegungsapparates. Und jeder Vierte aller Befragten sagt von sich, dass er übergewichtig, schlapp und schlafgestört sei. Insgesamt zeigte sich, dass unter den Bewegungsmuffeln mehr Personen krank sind als unter den Aktiven.
Anlässlich der aktuellen Daten warnt der Chef der Techniker Krankenkasse Jens Baas vor gesundheitlichen Konsequenzen: „Das Leben vieler Menschen in Deutschland ist weitestgehend bewegungslos“. Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenschmerzen und weitere Beschwerden des Bewegungsapparats seien mögliche Konsequenzen. „Der Bewegungsapparat des Menschen ist nicht für das Sitzen gebaut, sondern für die Bewegung und das Stehen“, so der Krankenkassenchef weiter. Besonders bedenklich ist für Baas, dass sich „eine ganze Bevölkerungsgruppe immer weiter von Bewegung abzukoppeln scheint“. Was bei der Freizeitgestaltung zu beobachten ist, spiegele sich auch beim Zurücklegen von kurzen Wegstrecken und der Urlaubsgestaltung wider. „Bewegung wird für immer mehr Menschen zum Fremdwort“, klagt Baar.
Und dennoch: Die Situation ist nicht hoffnungslos. Denn „Zwei Drittel der Vielsitzer bedauern den Bewegungsmangel und hätten gerne einen bewegteren Joballtag“, weist Forsa-Geschäftsführer Professor Manfred Güllner auf einen Lösungsansatz für mehr Bewegung im Alltag hin. Bleibt „nur“ noch die Frage, ob und wie sich mehr Bewegung im beruflichen Alltag dauerhaft etablieren lässt.
Quellen einblenden
- T. Szent-Ivanyi (2013): Deutschland sitzt sich krank. Mitteldeutsche Zeitung, Artikel vom 31.07.2013.
- S. Langemak (2013): Deutschland sitzt sich krank. Die Welt, Artikel vom 30.07.2013.
- Ärztezeitung (2013): Deutschland sitzt sich krank. Artikel vom 31.07.2013.
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 23. September 2013 um 06:04
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