Sport und Gesundheit: Eine Frage der Dosis?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 31. Januar 2017
Wie viel Sport muss ich treiben zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebs und frühem Tod? Genügt es, das Bewegungspensum an ein bis zwei Wochenendtagen zu absolvieren oder ist es vorteilhafter, regelmäßig körperlich aktiv zu sein? Antworten auf diese Fragen gibt eine aktuelle britische Studie.
Zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen empfehlen europäische Fachgesellschaften, sich an fünf Wochentagen insgesamt mindestens 150 Minuten bei moderater Intensität zu bewegen. Alternativ sind auch mindestens 75 Minuten bei intensiver körperlich Aktivität (zum Beispiel Dauerlauf, Tennis) oder Kombinationen zwischen moderaten und intensiven Aktivitäten möglich. Zur Prävention von Krankheiten werden häufig zusätzlich zwei Krafttrainings-Einheiten pro Woche empfohlen.
Immer wieder klagen Menschen, dass dieses Sportpensum mit ihren Verpflichtungen während der Woche nicht vereinbar ist. Genügt es nicht auch, als „Wochenendkämpfer“ (weekend warrior) das komplette Sportpensum am Wochenende zu absolvieren?
Zur Beantwortung dieser Frage haben der Sportwissenschaftler Gary O’Donovan von der Universität Leicester und seine Kollegen Daten von 63.591 erwachsenen Teilnehmern des englischen und schottischen Gesundheitssurveys von 1994-2012 analysiert. In der aktuellen Auswertung wurden alle Probanden berücksichtigt, die zum Zeitpunkt der Erhebung mindestens 40 Jahre alt waren. Alle Probanden wurden unter anderem zu ihrem Lebensstil (einschließlich körperlicher Aktivität) und ihrer Gesundheit interviewt. Diese Angaben werteten die Wissenschaftler im Nachhinein gemeinsam mit späteren Daten aus dem offiziellen Sterberegister aus, wobei die Probanden anhand ihrer Angaben zur körperlichen Aktivität in Gruppen eingeteilt wurden.
Wie zu erwarten war, hatten körperlich aktive Menschen ein geringeres Gesamtsterberisiko im Untersuchungszeitraum als Menschen, die angegeben hatten, nie moderat oder intensiv körperlich aktiv zu sein. Die Wahrscheinlichkeit, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs zu versterben, war unter den körperlich Aktiven ebenfalls geringer. Wurde die Gruppe der körperlich Aktiven allerdings weiter unterteilt in diejenigen, die zwar körperlich aktiv waren, das Wochenziel von 150 bzw. 75 Minuten jedoch nicht erreichten (zu wenig Aktive), diejenigen, die das Wochenziel erreichten und mindestens dreimal pro Woche körperlich aktiv waren (regelmäßig Aktive) und diejenigen, die ebenfalls das Wochenziel erreichten, allerdings verteilt auf ein bis zwei Einheiten (Wochenendkämpfer), ergaben sich interessante Details.
Verglichen mit den körperlich Inaktiven war das Gesamtsterberisiko der zu wenig Aktiven im Untersuchungszeitraum um 34 Prozent vermindert, bei den Wochenendsportlern um 30 Prozent und bei den regelmäßig Aktiven um 35 Prozent. Statistisch gesehen bestand dabei kein Unterschied zwischen den drei Sportgruppen. Die Sterblichkeit an Herz-Kreislauf-Erkrankungen war bei den zu wenig Aktiven und den Wochenendsportlern jeweils 40 Prozent geringer und nur geringfügig höher als bei den regelmäßig sportlich Aktiven (-41 Prozent verglichen mit sportlich Inaktiven). Auch in Bezug auf die Sterblichkeit an Krebserkrankungen zeigten sich kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Sportgruppen (zu wenig Aktive: -17 Prozent, Wochenendsportler: -18 Prozent, regelmäßig Aktive: -21 Prozent), die auch statistisch nicht signifikant waren.
Damit gibt diese Studie Anlass zu der Vermutung, dass bereits ein geringeres Maß an körperlicher Aktivität oder Wochenendsport genügen, um das Sterberisiko in vergleichbarem Umfang zu senken wie bei dem bisher empfohlenen Aktivitätspensum von 150/75 Minuten pro Woche. Einschränkend soll an dieser Stelle aber darauf hingewiesen werden, dass in der aktuellen Studie lediglich die Selbstangaben der Probanden zum Umfang und zur Intensität ihrer körperlichen Aktivität ausgewertet wurden, was vor allem die Unterschiede zwischen den drei Sportgruppen beeinträchtigt haben könnte. Außerdem wäre es interessant gewesen zu erfahren, aus welchem Grund die sportlich Inaktiven keinen Sport getrieben haben.
Quelle einblenden
- Gary O’Donovan, I. Lee, M. Hammer, E. Stamatakis (2017): Association of „Weekend Warrior“ and other leisure time physical activity patterns with risks for all-cause, cardiovascular disease, and cancer mortality. JAMA Internal Medicine, Online-Vorabveröffentlichung
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 31. Januar 2017 um 07:06
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