Stressessen ist auch Nervensache
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 10. März 2015
Menschen reagieren unterschiedlich auf Stress. Stressesser beispielsweise essen – bewusst oder unbewusst – mehr und vor allem mehr Hochkalorisches. Welche inneren Vorgänge veranlassen Stressesser dazu, sich so zu verhalten? Dieser Frage gingen Wissenschaftler des Nutrition Research Centers in Kalifornien nach.
Das Ziel von Dr. Kevin Laugero und seinen Kollegen bestand darin, die Neurophysiologie des Stressessens besser zu verstehen. Hierfür untersuchten sie Signalwege im Gehirn, die bei Stressessern mit ungünstigen Ernährungsgewohnheiten in Verbindung stehen könnten.
An der Studie nahmen 30 Frauen im Alter von 20 bis 53 Jahren teil. Alle Probandinnen beantworteten zunächst einen Fragebogen, in dem sie zu chronischem Stress während ihrer Arbeit, in ihrer Partnerschaft und in finanziellen Bereichen befragt wurden. Anhand der Ergebnisse des Fragebogens bestimmten die Wissenschaftler das Ausmaß an chronischem Stress, dem die Studienteilnehmerinnen ausgesetzt waren. Im nächsten Schritt sahen sich die Frauen verschiedene Bilder an, während ihre Gehirnaktivität via funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) gemessen wurde. Von den insgesamt 500 Bildern zeigten je 200 Bilder energiereiche Lebensmittel und gesündere Alternativen. Die restlichen Bilder stammten von Alltagsgegenständen, die nichts mit dem Essen zu tun hatten.
Ein Vergleich der fMRT-Aufnahmen von Frauen mit hoher chronischer Stressbelastung und Frauen mit geringem chronischen Stress offenbarte Muster, die sich zwischen den Gruppen unterschieden: Beim Ansehen von Bildern hochkalorischer Lebensmittel war bei den Frauen mit hoher chronischer Stressbelastung der präfrontale Kortex nahezu „ausgeschaltet„. Diese Gehirnregion ist normalerweise für Selbstkontrolle und strategische Entscheidungsfindung zuständig. Dafür war die Amygdala, das Reaktionszentrum der Emotionen, besonders aktiv. Beide Vorgänge wurden bei den Studienteilnehmerinnen mit geringem chronischen Stress nicht beobachtet.
Damit haben die Wissenschaftler einen Signalweg gefunden, der Stressessen erklären könnte. Offen bleibt die Frage, wie diese Erkenntnisse zum Nutzen von Stressessern beitragen können, insbesondere zur Vermeidung von Übergewicht und seinen Folgeerkrankungen.
Quellen einblenden
- M. Wood (2014): Your brain and comfort foods. Neuroimages capture effects. Agricultural Research
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 10. März 2015 um 07:07
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Interessanter artikel. Vor allem weil es jeden mal betrifft. Ob auf der Arbeit oder Privat, wenn man stress hat, verfällt man zum Stressesser. Eventuell wären gesunder alternativen, die sättigen und auch „to-go“ mitgenommen werden können.