Studie zeigt: Traumschlaf reguliert Essverhalten

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Donnerstag, 27. August 2020

Wissenschaftler der Universität und des Universitätsspitals Bern stellten fest, dass die Aktivität bestimmter Nervenzellen im Hypothalamus das Essverhalten reguliert. Wurde diese Aktivität bei Mäusen durch äußere Einflüsse unterdrückt, führte dies zu einer geringeren Nahrungsaufnahme, die über mehrere Tage anhielt.

Im Schlaf durchlaufen wir verschiedene Schlafphasen, die gemeinsam auf unterschiedliche Weise dazu beitragen, dass wir am Morgen ausgeruht aufwachen. Eine dieser Schlafphasen, der sogenannte REM-Schlaf (engl. „rapid eye movement“) oder auch Traumschlaf, ist gekennzeichnet durch schnelle Augenbewegungen. In dieser Schlafphase sind verschiedene Hirnareale und neuronale Schaltkreise hochaktiv und wir träumen intensiv – auch wenn wir uns am Morgen meistens nicht mehr an die Träume erinnern. Unter den im REM-Schlaf besonders aktiven Hirnregionen befinden sich Zentren, die Erinnerungen und Emotionen regulieren, und der laterale Hypothalamus, der im Wachzustand Appetit und Nahrungsaufnahme steuert und auch mit Motivation und Suchtverhalten assoziiert ist.

Der physiologische Sinn der hohen elektrischen Aktivität dieser Hirnregionen während des REM-Schlafs war bislang weitgehend unklar. Eine Gruppe von Wissenschaftlern um Prof. Antoine Adamantidis hat nun die Aktivierung von Nervenzellen im Hypothalamus von Mäusen während des REM-Schlafs genauer untersucht. Das Ziel der Forschenden bestand darin zu verstehen, wie die Aktivierung der Nervenzellen im Hypothalamus während des REM-Schlafs unser alltägliches Verhalten (beziehungsweise stellvertretend das Verhalten der Mäuse) beeinflusst. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der Fachzeitschrift „Proceedings of the National Academy of Science“ (PNAS) veröffentlicht.

Mithilfe von Lichtpulsen gelang es den Wissenschaftlern, die Aktivität der Nervenzellen im lateralen Hypothalamus während des REM-Schlafs gezielt auszuschalten. Nachfolgende Beobachtungen zeigten, dass sich dadurch das Essensaktivitätsmuster der Zellen veränderte und die Tiere weniger aßen. „Wir waren erstaunt, wie stark und langanhaltend unsere Intervention im lateralen Hypothalamus die Aktivität der Nervenzellen und das Verhalten der Mäuse beeinflusst hat“, berichtet der Erstautor der Studie, Lukas Oesch. „Die Veränderung der Aktivitätsmuster war noch nach vier Tagen feststellbar.“ Aus ihren Beobachtungen schließen die Wissenschaftler, dass hypothalamische Schaltkreise zu einem stabilen Essverhalten beitragen, dieses allerdings durch elektrische Aktivität (beispielsweise durch Lichtpulse) verändert werden kann.

Der neu entdeckte Zusammenhang zwischen der Aktivität von Zellen des lateralen Hypothalamus im REM-Schlaf und dem Essverhalten könnte dazu beitragen, neue Therapieansätze bei Essstörungen zu entwickeln. Möglicherweise existieren ähnliche Zusammenhänge im Bereich Motivation und Suchtverhalten. „Dies hängt jedoch von den genauen neuronalen Schaltkreisen, der Schlafphase und anderen Faktoren ab, die noch zu erforschen sind“, gibt Adamantidis zu bedenken.

Nichtdestotrotz kann die Studie als Beleg dafür gesehen werden, dass nicht nur die Schlafdauer, sondern auch die Schlafqualität für die Gesundheit von Bedeutung ist. „Das ist besonders entscheidend in unserer Gesellschaft, in der nicht nur die Schlafdauer abnimmt, sondern auch die Schlafqualität stark leidet, etwa bei Schichtarbeit, künstlichem Licht oder Social-Jetlag bei Jugendlichen“, erläutert Adamantidis.

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verfasst von am 27. August 2020 um 12:14

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