Süßstoffe für Kinder?

Autor/in: , Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit

Mittwoch, 12. Februar 2020

Obwohl Süßstoffe schon seit über 60 Jahren auf dem Markt sind, sind die gesundheitlichen Risiken einer regelmäßigen Süßstoffaufnahme nicht vollständig geklärt. Dies gilt insbesondere für Kinder. US-amerikanische Pädiater empfehlen daher eine Intensivierung der Forschung sowie eine Mengenkennzeichnung von mit Süßstoff gesüßten Produkten.

Laut einer Auswertung der Nationalen Gesundheits- und Ernährungsstudie nahm bereits 2009 bis 2012 mehr als jedes vierte Kind in den USA mit Süßstoff gesüßte Lebensmittel und Getränke zu sich, die meisten davon (80 Prozent) täglich. Die Süßstoffwelle ist längst auch in Deutschland angekommen. Was macht Süßstoffe so beliebt? Wie der Name schon vermuten lässt, sind Süßstoffe besonders süß, ihre Süßkraft ist 180 bis 20.000-mal höher als die von Zucker. Hinzu kommt, dass Süßstoffe im Gegensatz zu Haushaltszucker kaum beziehungsweise keine Kalorien liefern und den Blutzuckerspiegel nicht in die Höhe treiben. Diese Eigenschaften machen sie besonders attraktiv für Menschen, die an Diabetes erkrankt sind oder ihr Gewicht reduzieren möchten.

Ob der Austausch von Haushaltszucker gegen Süßstoffe tatsächlich zur Gewichtskontrolle beiträgt, ist umstritten. Die meisten Kurzzeitstudien deuten darauf hin, dass das Ersetzen von Zucker durch Süßstoffe die Gewichtszunahme verringern und den Gewichtsverlust bei Kindern geringfügig fördern kann, berichtet die Amerikanische Akademie für Kinderheilkunde (AAP). Die Studienlage sei allerdings begrenzt und es gäbe auch Studien, in denen der Verzehr süßstoffhaltiger Lebensmittel mit einer Gewichtszunahme verbunden sei. Darüber hinaus deuten einige Studien auf Zusammenhänge zwischen dem Konsum von Süßstoffen und Änderungen der Appetit- und Geschmacksvorlieben sowie des Darmmikrobioms hin. Dies könnte wiederum den Blutzuckerspiegel beeinflussen, zur Gewichtszunahme beitragen und die Entstehung von Insulinresistenz, Diabetes und einem metabolischem Syndrom begünstigen. „Als wir die wissenschaftliche Evidenz analysierten, stellten wir fest, dass es noch viel zu lernen gibt darüber, wie sich nicht-nahrhafte Süßstoffe auf die Gesundheit von Kindern auswirken“, fasst Assistenzprofessorin Carissa Baker-Smith von der Medizinischen Fakultät Maryland zusammen. „Wir müssen die Verwendung von nicht-nahrhaften Süßungsmitteln und das Risiko für Fettleibigkeit und Typ-2-Diabetes, insbesondere bei Kindern, genauer untersuchen. Angesichts der Tatsache, wie viele Kinder diese Produkte regelmäßig konsumieren, sollten wir besser verstehen, wie sie sich auf die langfristige Gesundheit von Kindern auswirken.“

Gemeinsam mit ihren Kollegen von der AAP setzt sich Baker-Smith für eine Kennzeichnung süßstoffhaltiger Lebensmittel und Getränke mit der Art und Menge des enthaltenen Süßstoffs ein, anstelle – wie bisher üblich – lediglich den Namen des Süßstoffs im Zutatenverzeichnis zu erwähnen. „Es ist derzeit schwer zu wissen, wie viel Süßstoff in einem Produkt enthalten ist, da die Hersteller keine genauen Angaben machen müssen“, begründet Baker-Smith. „Die Auflistung der Menge an Süßstoff, die ein Produkt enthält, würde Familien und Forschern helfen, zu verstehen, wie viel tatsächlich von Einzelpersonen und Bevölkerungsgruppen konsumiert wird, um potenziell damit einhergehende gesundheitliche Auswirkungen besser abwägen zu können“, fährt Baker-Smith fort.

Aktuellen Studien zufolge sind sich viele Eltern nicht darüber im Klaren, dass ihre Kinder mit Süßstoff gesüßte Produkte verzehren. Lediglich ein Viertel der Eltern (23 Prozent) konnte korrekt Produkte identifizieren, die Süßstoffe enthalten. Mehr als die Hälfte der Eltern (53 Prozent) gab an, nach Produkten Ausschau zu halten, die als „zuckerreduziert“ gekennzeichnet waren, den meisten war allerdings nicht bewusst, dass bei diesen Produkten statt Zucker Zuckeraustauschstoffe oder Süßstoffe zum Süßen zugegeben wurden. Durch die Offenlegung des Süßstoffgehalts ließe sich ermitteln, wieviel Süßstoff ein Kind pro Tag zu sich nimmt und ob es sich mit dieser Menge noch im wahrscheinlich sicheren gesundheitlichen Bereich (unterhalb des Grenzwerts einer akzeptablen tägliche Aufnahme) befindet.

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verfasst von am 12. Februar 2020 um 07:43

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