Typ-2-Diabetes: Eiweißreiche Kost lässt Leberfett schmelzen
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Mittwoch, 23. November 2016
Eine Umstellung der Ernährung auf eine eiweißreiche Kost kann das Leberfett von Menschen mit Typ-2-Diabetes innerhalb von sechs Wochen um bis zu 48 Prozent reduzieren. Ob das Eiweiß überwiegend aus pflanzlichen oder tierischen Lebensmitteln stammt, ist dabei von untergeordneter Bedeutung, wie eine aktuelle Studie unter Leitung des Deutschen Instituts für Ernährungsforschung (DIfE) zeigte.
In Europa und den USA ist die nichtalkoholische Fettlebererkrankung die häufigste chronische Lebererkrankung. Der Fettgehalt der Leber liegt üblicherweise unter fünf Prozent. Ein ungesunder Lebensstil, Medikamente oder andere Erkrankungen können eine verstärkte Einlagerung von Fetten in die Leberzellen bewirken. Bei einer stark ausgeprägten Fettleber sind mehr als zwei Drittel der Leberzellen übermäßig verfettet. „Unbehandelt ist die Fettleber ein Schrittmacher des Typ-2-Diabetes und kann in eine Leberzirrhose übergehen, die lebensbedrohliche Folgen haben kann“, erläutert der Leiter der aktuellen Studie, Prof. Dr. Andreas Pfeiffer vom DIfE. „Gemeinsam mit unseren Partnern effektive Ernährungsstrategien zu entwickeln, die der Erkrankung vorbeugen, ist daher wichtiger denn je, da die Zahl der Betroffenen steigt“, so Pfeiffer weiter.
In früheren Studien wurde bereits gezeigt, dass eine eiweißreiche Diät sich günstig auf das Körpergewicht, den Erhalt der Muskelmasse, den Leberfettgehalt, die Blutfettwerte und den Langzeit-Blutzuckerspiegel auswirkt. Zugleich wurde in einigen Studien aber auch von einer verminderten Insulinwirkung und einer Belastung der Nierenfunktion durch eine hohe Eiweißaufnahme berichtet. Prof. Dr. Pfeiffer und seine Kollegen vermuteten daher, dass die Herkunft des aufgenommenen Eiweißes für die physiologischen Wirkungen von Bedeutung ist. Um ihre Vermutung zu prüfen, untersuchten die Wissenschaftler in ihrer aktuellen Studie die Effekte von zwei eiweißreichen Diäten auf den Stoffwechsel von 37 Probandinnen und Probanden, die an Typ-2-Diabetes erkrankt waren.
Vor Studienbeginn nahmen die 49- bis 78-jährigen Teilnehmer/-innen im Mittel 17 Prozent ihrer täglichen Energieaufnahme in Form von Eiweiß zu sich, 42 Prozent aus Kohlenhydraten und 41 Prozent aus Fett. Für die Studie wurde der Eiweißanteil auf 30 Energieprozent erhöht, also nahezu verdoppelt, und der Fettgehalt um 11 Energieprozent gesenkt. Der Kohlenhydratgehalt blieb mit 40 Prozent der täglichen Energieaufnahme nahezu unverändert. Um zu vermeiden, dass eine Gewichtsabnahme die Studienergebnisse verfälscht, wurde der Energiegehalt der eiweißreichen Kost individuell auf jeden Probanden abgestimmt. Ernährungsberater achteten außerdem darauf, dass die Aufnahme an gesättigtem, einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren in beiden Gruppen ausgeglichen war.
Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Eine der beiden Gruppen sollte für sechs Wochen überwiegend Eiweiß pflanzlicher Herkunft verzehren. Hierfür erhielten die Teilnehmer speziell mit Erbsenprotein angereicherte Lebensmittel, beispielsweise Nudeln oder Brot. Die Mitglieder der anderen Gruppe wurden angewiesen, stattdessen viel tierisches Eiweiß aus mageren Milchprodukten, weißem Fleisch und Fisch zu sich zu nehmen.
Zu Beginn der Studie und nach sechs Wochen wurden der Körpermassenindex der Probanden (Body Mass Index, BMI), die Körperzusammensetzung und der Leberfettgehalt bestimmt. Außerdem wurden Blutproben entnommen und die Insulinsensitivität gemessen.
Nach sechs Wochen proteinreicher Ernährung war das Leberfett der Probanden in der Gruppe mit hohem Anteil an tierischen Proteinen um durchschnittlich 48 Prozent und in der Pflanzengruppe um 36 Prozent gesunken. Allerdings war der Unterschied zwischen beiden Gruppen nicht statistisch signifikant. „Wie unsere Ergebnisse zeigen, profitierten alle Studienteilnehmer von der eiweißreichen Kost, egal ob sie auf pflanzlichem oder tierischem Eiweiß basierte“, folgert die Erstautorin dieser kürzlich in der Fachzeitschrift Gastroenterology veröffentlichten Studie, Mariya Markova. „Negative Effekte auf die Nierenfunktion oder den Zuckerstoffwechsel beobachteten wir nicht“, fährt Markova fort. Und ihre Kollegin Dr. Olga Pivovarova, ebenfalls Erstautorin der Studie, ergänzt: „Das Leberfett nahm deutlich ab, bei der Hälfte der Studienteilnehmer sogar um mehr als 50 Prozent. Damit verbunden beobachteten wir günstige Veränderungen des Leber- und Fettstoffwechsels, eine verbesserte Insulinempfindlichkeit der Teilnehmer und zudem eine deutliche Abnahme des Botenstoffs fibroblast growth factor 21 im Blut.“ Die Bedeutung dieses zuletzt genannten Ergebnisses konnten die Wissenschaftlern bislang noch nicht einordnen. Aus früheren Studien ist bekannt, dass das Hormon fibroblast growth factor 21 das Fettgewebe und verschiedene Organe beeinflusst, und besonders Menschen mit Übergewicht vergleichsweise hohe Konzentrationen dieses Hormons im Blut aufweisen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass der fibroblast growth factor 21-Spiegel von der Art und der Menge der verzehrten Makronährstoffe (Eiweiß, Fett und Kohlenhydrate) abhängt.
„Letztendlich sind größere und längere Studien notwendig, um die der Beobachtung zu Grunde liegenden Stoffwechselmechanismen besser zu verstehen, um die Langzeiteffekte zu untersuchen und um zu prüfen, ob auch jüngere Patienten von der Ernährungsumstellung profitieren würden“, betont Prof. Dr. Pfeiffer. „Denn die von uns in der Studie beobachteten günstigen Effekte könnten auch altersabhängig sein, da die Studienteilnehmer im Schnitt das 60. Lebensjahr überschritten hatten. Sofern keine Nierenerkrankungen vorliegen, spielt eine ausreichende Eiweißversorgung besonders in dieser Altersgruppe eine wichtige Rolle, wenn man zum Beispiel an die mit dem Alter oft einhergehende Abnahme der Muskelmasse denkt.“ Interessant wäre in diesem Zusammenhang auch, ob Unterschiede zwischen der Wirkung von natürlicherweise in Lebensmitteln enthaltenem Eiweiß und Eiweiß aus mit Eiweiß angereicherten Lebensmitteln bestehen.
Quellen einblenden
- Deutsches Institut für Ernährungsforschung (DIfE) (2016): Eiweißreiches Essen lässt Leberfett schmelzen. Pressemitteilung vom 28.10.2016
- M. Markova, O. Pivovarova, S. Honemann (2016): Isocaloric diets high in animal or plant protein reduce liver fat and inflammation in individuals with type 2 diabetes. Gastroenterology, Online-Vorabveröffentlichung
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 23. November 2016 um 07:11
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