Viele Fake News zur Krebsprävention und -therapie in den sozialen Medien
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 24. Februar 2022
Von den beliebtesten Beiträgen zur Krebsprävention und -therapie in Facebook, Twitter und Co. enthält jeder dritte Fehlinformationen. Dies ist umso gravierender, da in zahlreichen dieser Beiträge Empfehlungen ausgesprochen werden, die gesundheitsschädlich sein können.
Dr. Skyler Johnson, Arzt und Wissenschaftler am Huntsman Cancer Institute (HCI) an der Universität von Utah hat in einer Studie gemeinsam mit seinen Kollegen die Korrektheit von Informationen zur Krebsbehandlung und -therapie in den sozialen Medien untersucht. Ein wichtiges Kriterium der Studie war die Einschätzung der Gefahr, welche von den darin ausgesprochenen Empfehlungen möglicherweise ausgehen könnte. Die Ergebnisse der Studie wurden im Journal of the National Cancer Institute veröffentlicht.
Anhand einer speziellen Software zur Auswertung von Online-Daten identifizierten die Wissenschaftler die 200 beliebtesten englischsprachigen Artikel auf Facebook, Reddit, Twitter oder Pinterest. Dabei beschränkten sie sich auf die vier häufigsten Krebsarten: Brust-, Prostata-, Darm- und Lungenkrebs. Im Anschluss daran überprüften jeweils zwei Krebsexperten für jede Krebsart unabhängig voneinander die Artikel anhand der folgenden Fragen: Sind die Informationen in den Beiträgen korrekt? Geht von den Artikeln eine Gefahr für die Gesundheit aus? Als potentiell gesundheitsschädlich stuften sie beispielsweise Behauptungen ein, die dazu führen könnten, dass eine medizinische Behandlung hinausgezögert wird. Auch kostspielige Empfehlungen und Ratschläge mit möglicherweise toxischen gesundheitlichen Auswirkungen fielen in diese Kategorie. Ein Beispiel hierfür wäre etwa ein Blogbeitrag, in dem empfohlen wird, anstelle einer herkömmlichen Krebsbehandlung eine Eigentherapie mit Backpulver zu starten. Denn aktuell liegen keine Hinweise dafür vor, dass Backpulver oder eine andere alkalische Ernährungsweise wirksam bei der Therapie von Krebs sind.
„Wir haben festgestellt, dass Fehlinformationen in Beiträgen zum Thema Krebs in den sozialen Medien weit verbreitet sind und die große Mehrheit dieser Posts gesundheitsschädliche Informationen enthält“, fasst Dr. Skyler Johnson ein Ergebnis der Studie zusammen. Jeder dritte der 200 analysierten Artikel enthielt Fehlinformationen. „Viele der Artikel, auf die wir gestoßen sind, empfehlen, die Krebsvorsorge, -diagnose oder -behandlung zu verzögern und sprechen Empfehlungen zugunsten von Techniken oder Behandlungen aus, die wissenschaftlich nicht fundiert sind“, fährt Johnson fort. Interessanterweise war der Zugriff auf diese Artikel besonders groß. Ferner erfreuten sie sich großer Beliebtheit, wie die Auswertung der Gefällt-mir-Angaben („Likes“) zeigte. Wissenschaftlich fundierte Artikel aus dem Bereich der evidenzbasierten Medizin schnitten dagegen deutlich schlechter ab.
„Ernährung ist etwas, mit dem jeder etwas anfangen kann, und Menschen, die Krebs vorbeugen oder behandeln wollen, möchten das Gefühl haben, dass sie etwas tun und damit die Kontrolle ausüben können“, erläutert Karen Collins vom Amerikanischen Institut für Krebsforschung (AICR). „Weil die sozialen Medien so persönlich sind, neigen wir dazu, den Menschen oder Gruppen, denen wir folgen, zu vertrauen, und es gibt eine Tendenz, weniger kritisch über das nachzudenken, was man sieht“, berichtet die Ernährungsberaterin. „Als Gesundheitsexpertin erlebe ich das ständig: Weil jemand eine Schlagzeile von einem Prominenten oder jemandem, dem er folgt und dem er vertraut, in den sozialen Medien gesehen hat, klingt sie glaubwürdig.“
„Diese Studie zeigt, wie wichtig es ist, zwischen Quellen vertrauenswürdiger Informationen, die sich auf die Gesundheit auswirken können, und Unterhaltungslektüre zu unterscheiden“, betont Collins. In der Presseinformation des Amerikanischen Institut für Krebsforschung (AICR) weisen Collins und andere Experten auf sieben Möglichkeiten hin, wie Leser von Tweets, Posts und Pins Fehlinformationen mit hoher Wahrscheinlichkeit erkennen können.
Dieser Artikel befasst sich ausschließlich mit schriftlichen Beiträgen in den sozialen Medien. Nach wie vor sei es dringend notwendig, Fehlinformation über Krebs auf sozialen Medienplattformen ohne Text, wie Instagram, TikTok oder YouTube zu analysieren, schreiben andere Autoren aus diesem Forschungsbereich.
Quellen einblenden
- Amerikanisches Institut für Krebsforschung (2021): How to sift through cancer and nutrition misinformation on social media. Pressemitteilung vom 14.09.2021
- S. B. Johnson, M. Parsons, T. Dorff, et al. (2021): Cancer misinformation and harmful information on facebook and other social media: a brief report. Journal of the National Cancer Institute, Online-Vorabveröffentlichung
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 24. Februar 2022 um 10:08
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