Warum neigen Menschen zum Hamstern? Ergebnisse aus dem ersten Lockdown
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 11. März 2021
Die Bilder von leeren Regalplätzen im Supermarkt nach der Verkündung der globalen COVID-19-Pandemie gingen durch alle Medien. Diese waren das Resultat eines geänderten Einkaufsverhaltens einiger Konsumenten. Doch was genau waren die Antriebskräfte für das sogenannte „Hamstern“?
Im Frühsommer 2020, noch während des ersten Lockdowns, befragten Wissenschaftler der Universität Geisenheim 488 Personen zu ihrem Einkaufsverhalten, speziell dem Horten von lagerfähigen Lebensmitteln. Um ein möglichst umfassendes Bild zu erhalten, wurden Personen verschiedenen Alters und Geschlechts, unterschiedlichen Einkommens und aus allen Regionen Deutschland mittels quantitativer und qualitativer Methoden befragt.
Bei den meisten Befragten kam das Hamstern von Lebensmitteln nicht gut an. Ihrer Ansicht nach war es etwas Negatives und Unnötiges und zeugte von Egoismus und unsozialem Verhalten. Allerdings räumte ein Viertel der Befragten ein, am Anfang des Lockdowns lagerfähige Lebensmittel gehamstert zu haben. Bei dieser Personengruppe schnitt das Hamstern besser ab.
Die Gründe für das Lebensmittelhorten waren vielfältig. Zu den Hauptgründen zählte die Unsicherheit über die Lage in Deutschland allgemein und speziell die Versorgung mit Lebensmitteln. Auch wenn die Befragten davon ausgingen, dass insgesamt immer genug Lebensmittel zu kaufen seien, hatte jeder zweite Befragte leere Regale und Mengenbeschränkungen beim Lebensmitteleinkauf mitbekommen. Neben der allgemeinen Verunsicherung führt auch die Angst davor, dass Lebensmittel zukünftig nicht mehr verfügbar sein könnten, zum Horten. Auch das „Rudelverhalten“ befeuerte das Hamstern: Der Drang, selbst Lebensmittel zu hamstern, wurde umso größer, je häufiger die Befragten den Eindruck hatten, dass andere hamsterten. „Die Vermutung liegt nahe, dass Medienberichte über leere Regale eine Art Herdentrieb hingehend zum Hamstern angefeuert haben“, äußern die Forschenden. Um möglich selten einkaufen gehen zu müssen und dadurch die Ansteckungsgefahr zu verringern, kauften viele größere Mengen an Lebensmitteln auf einmal ein. Auch dies zählte zu den Motiven für das Horten von Lebensmitteln.
„In den letzten Monaten wurden einige Studien und Umfragen zum Thema Hamstern durchgeführt. Zu Beginn des jetzigen Lockdowns zeigte sich, dass weniger gehamstert wird als noch in der Anfangsphase der Pandemie“, berichtet Dr. Mira Lehberger vom Institut für Frischproduktlogistik der Hochschule Geisenheim über Veränderungen im Einkaufsverhalten im Vergleich zum ersten Lockdown in Deutschland. Für die Forschenden wäre es nun aufschlussreich, die verschiedenen Lockdownphasen zu vergleichen, um Änderungen im Konsumverhalten zu ergründen.
Quellen einblenden
- M. Lehberger, A.-K. Kleih, K. Sparke (2021): Panic buying in times of coronavirus (COVID-19): Extending the theory of planned behavior to understand the stockpiling of nonperishable food in Germany. Appetite 161: 105118
- Hochschule Geisenheim (2021): Hamstern und Herdentrieb – Auf den Spuren ausverkaufter Lebensmittel im ersten Lockdown. Pressemitteilung vom
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 11. März 2021 um 08:39
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Ich kann das geschriebene durchaus nachvollziehen. Aber wieso man z.B. WC-Papier hamstert ist mir ein Rätsel. Dies war bei uns in der Schweiz mehrmals der Fall.
Super geschriebener und informativer Artikel :-). In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen