Was Europa eint: Obst- und Gemüsekonsum in der gesamten Europäischen Union zu niedrig
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Donnerstag, 15. Dezember 2016
Mehr als jeder dritte EU-Bürger nimmt nicht täglich Obst und Gemüse zu sich und nur jeder Siebte erreicht die „5 am Tag“-Empfehlung. Zwar unterscheidet sich der Verzehr von Obst und Gemüse zwischen einzelnen EU-Ländern deutlich, dennoch scheint es gemeinsame Einflussfaktoren zu geben. Dies belegen kürzlich publizierte Zahlen des statistischen Amts der Europäischen Union (Eurostat).
Zwischen 2013 und 2015 wurden im Rahmen der Europäischen Gesundheitsbefragung (European Health Interview Survey, kurz EHIS) Bürger aus den Mitgliedsstaaten der EU, Island, Norwegen und der Türkei zu ihrer Gesundheit, medizinischen Versorgung sowie Determinanten der Gesundheit befragt. In diesem Kontext wurde auch der Konsum von Obst und Gemüse erhoben. Die aktuellen Empfehlungen zum Obst- und Gemüseverzehr richten sich nach der Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation WHO, die einen täglichen Konsum von mindestens 400 Gramm Obst und Gemüse befürwortet, wobei stärkehaltige Knollengemüsesorten wie beispielsweise Kartoffeln nicht mitgerechnet werden.
Wie viele Menschen essen nicht täglich Obst und Gemüse?
Wie bereits erwähnt gaben 34,4 Prozent aller befragten EU-Bürger an, seltener als einmal täglich Obst und Gemüse zu verzehren. Besonders hoch war der Anteil mit 65,1 Prozent in Rumänien, gefolgt von Bulgarien (58,6 Prozent), Lettland (48,5 Prozent) und der Tschechischen Republik (46,3 Prozent). Knapp die Hälfte der befragten Deutschen (45,2 Prozent) gaben ebenfalls an, nicht jeden Tag Obst und Gemüse zu essen. Damit befand sich Deutschland im untersten Drittel aller EU-Länder. Dagegen verzehrte die Mehrheit der Belgier (83,9 Prozent), Portugiesen (79,3 Prozent) und Briten (78,7 Prozent) mindestens eine Portion Obst oder Gemüse pro Tag.
Wie häufig wird die „5 am Tag“-Empfehlung erreicht?
In den 28 EU-Ländern aßen lediglich 14,2 Prozent mindestens fünfmal täglich Obst oder Gemüse. Von den EU-Ländern war der Anteil in Rumänien (3,5 Prozent) und Bulgarien (4,4 Prozent) am geringsten, aber auch in der Türkei (3,0 Prozent) und in Norwegen (6,5 Prozent) erreichte nur ein geringer Prozentsatz der Befragten die WHO-Empfehlung. In Deutschland gab knapp jeder Zehnte (9,9 Prozent) an, mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu essen. Mit diesem Ergebnis befand sich Deutschland wieder im untersten Drittel des Ländervergleichs. Spitzenreiter war erneut Großbritannien, wo beinahe jeder dritte Befragte (33,1 Prozent) die Empfehlung erreichte, gefolgt von Dänemark (25,9 Prozent) und den Niederlanden (25,0 Prozent).
Welche Faktoren beeinflussen den Verzehr von Obst und Gemüse?
Die aktuelle Studie ist ein weiteres Beispiel für den Zusammenhang zwischen der Bildung und gesundheitsrelevanten Themen. Knapp jeder fünfte EU-Bürger mit hohem Bildungsstand (19 Prozent), aber nur weniger als jeder achte EU-Bürger mit niedrigem Bildungsstand (12 Prozent) erreichte die von der WHO empfohlene tägliche Menge an Obst und Gemüse. Die Tatsache, dass der Unterschied zwischen einem hohen und einem geringen Bildungsstand in den einzelnen EU-Mitgliedsländern unterschiedlich stark ausgeprägt ist, macht es schwer, eine Erklärung für den beobachteten Zusammenhang zu finden.
Wenig überraschend dürfte der beobachtete Geschlechtsunterschied im Obst- und Gemüseverzehr sein. Beinahe jede vierte Frau, aber nur jeder siebte Mann mit einem hohen Bildungsniveau befolgte die „5 am Tag“-Empfehlung.
Zahlen über Zahlen … Interessant wäre in diesem Zusammenhang neben der Ursachensuche die Frage, welche Konsequenzen aus den Ergebnissen dieser Studie für die Ernährungskommunikation auf EU-Ebene gezogen werden (sollten).
Quellen einblenden
- H. Kreutz, H. Seitz (2016): Obst und Gemüse. Konsum nach wie vor zu gering. aid infodienst, Online-Artikel vom 26.10.2016.
- A. de Cicco (2016): The fruit and vegetable sector in the EU – a statistical overview. Eurostat Statistics Explained. Online-Artikel (Stand: Oktober 2016)
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 15. Dezember 2016 um 07:49
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