Wie viel Süßes ist gut für Kinder?
Autor/in: Dr. oec. troph. Christina Bächle,
Redaktion: Dr. Bertil Kluthe
© Kluthe-Stiftung Ernährung und Gesundheit
Dienstag, 24. Oktober 2017
Dass zu viel Zucker die Zähne schädigt und bereits im Kindesalter die Entstehung von Übergewicht und Typ-2-Diabetes fördert, ist allgemein bekannt. Gänzlich verbieten lassen sich Süßigkeiten und Co. deshalb aber kaum. Die Stiftung Kindergesundheit hat daher Tipps für den Umgang mit Süßem formuliert.
Im Jahr 2016 verbrauchte jeder Einwohner Deutschlands – vom Baby bis zum Hochbetagten – durchschnittlich Süßwaren im Wert von 97,90 Euro. Damit sind die Ausgaben im Vergleich zu den Vorjahren zwar weiterhin rückläufig, dennoch warnen Experten vor den Folgen des immer noch zu hohen Süßwaren- und Zuckerverzehrs hierzulande. „Mit der hohen Zuckerzufuhr in Deutschland haben wir bei Kindern wie Erwachsenen ein Riesenproblem“, erläutert Professor Berthold Koletzko von der Haunerschen Kinderklinik der LMU München und gleichzeitig Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit. „Die nachweislichen Folgen eines hohen Zuckerverzehrs sind Übergewicht, Diabetes Typ 2 und Karies. Dicke Kinder laufen Gefahr, später an Zivilisationskrankheiten wie hohem Blutdruck, Herz- und Kreislaufleiden und Gicht zu erkranken.“
Aktuell konsumiert jeder Einwohner Deutschlands rund 33 Kilogramm Süßigkeiten pro Jahr. Dies entspricht etwa 22 Teelöffeln Zucker täglich. Zum Vergleich: Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt Erwachsenen, maximal 12 Teelöffel Zucker pro Tag insgesamt aufzunehmen, für Kinder liegt die Tagesmenge sogar nur bei 6 Teelöffeln. Damit einhergehend rät die Stiftung Kindergesundheit, maximal zehn Prozent des gesamten täglichen Energiebedarfs durch Süßwaren, Limonade und Knabberartikel zu decken. „Für ein vier- bis sechsjähriges Kind liefern eine Kugel Eiscreme und zwei Butterkekse bereits zehn Prozent des täglichen Energiebedarfs“, verdeutlicht Koletzko. In diesem Zusammenhang warnt die Stiftung Kindergesundheit eindringlich vor den gesundheitlichen Folgen eines hohen Konsums zuckerhaltiger Getränke einschließlich Fruchtsaft. „Mit Zucker gesüßte Getränke fluten den Organismus ungebremst und schnell mit überzähligen Kalorien und können so die Energiebilanz aus dem Gleichgewicht bringen. Flüssige Kalorien wirken außerdem weniger sättigend als feste Nahrung. Und durch den raschen Blutzuckeranstieg stimulieren sie die Bildung des Hormons Insulin und damit die Fettablagerung im Körper“, so Koletzko. Auch Fruchtsaft enthält (natürlicherweise) Zucker. Daher empfiehlt Koletzko: „Säuglinge und Kleinkinder sollten Fruchtsaft so zurückhaltend trinken wie Erwachsene Champagner. Saft ist kein alltägliches Lebensmittel, sondern vielmehr etwas, das zu besonderen Anlässen genossen werden darf.“ Zur Stillung des Durstes empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit Leitungs- und Mineralwasser, ungesüßte Kräuter- und Früchtetess oder Fruchtsaftschorle mit einem Mischungsverhältnis von einem Teil Fruchtsaft auf zwei Teile Wasser.
Soweit die Theorie. Nur: Wie sag ich’s meinem Kinde? „Süßes schmeckt gut, keine Frage“, räumt Koletzko ein. „Kinder kennen den Geschmack schon aus der Muttermilch oder aus der Babynahrung und lieben ihn deshalb. Kein vernünftiger Mensch käme deshalb auf den Gedanken, den Kindern alles Süße zu verbieten.“ Daher empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit Familien, von Anfang an feste Regeln im Umgang mit Süßigkeiten zu etablieren und ihren Kindern so zu helfen, ein eigenes Maß zu finden. Hierfür gibt sie jungen Eltern folgende Tipps an die Hand:
- Um zu vermeiden, dass Süßigkeiten einen übertriebenen Gefühlswert erhalten, sollten diese niemals als Belohnung, Druckmittel oder Strafe verwendet werden.
- Süßigkeiten sollten möglichst nur einmal am Tag und dann in Verbindung mit einer Mahlzeit verzehrt werden. Zum Schutz vor Karies sollten hinterher die Zähne geputzt werden.
- Auch Großeltern, Verwandte und Bekannte sollten die familiären Regeln zum Umgang mit Süßigkeiten kennen und beachten.
- Süßigkeiten sollten nicht offen herumstehen und nicht in größeren Mengen bevorratet werden.
- Kinder sollten so früh wie möglich wissen, dass Süßes nicht gut für die Zähne ist. Nach dem Verzehr zuckerhaltiger Lebensmittel sollten sie daher die Zähne putzen, den Mund ausspülen oder einen Apfel essen, rät die Stiftung Kindergesundheit. Nach dem Zähneputzen vor dem Zubettgehen darf nichts mehr gegessen werden.
- Gleiches für alle: Auch die Eltern sollten sich an die Regeln zum Umgang mit Süßigkeiten halten. Wer ständig nascht, kann kein gutes Vorbild für seine Kinder sein.
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- Stiftung Kindergesundheit: Wie viel Süßes für Kinder? September-Newsletter
verfasst von Dr. oec. troph. Christina Bächle am 24. Oktober 2017 um 06:20
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Ein sehr aufklärender Beitrag. Meine Kinder dürfen nur 2 Mal die Woche Süßigkeiten essen. Es gibt aber dafür jeden Tag eine bessere Alternative und zwar Obst. Und daran halten Sie sich zum Glück.
Schöne Grüße aus Hamburg
Interessanter Beitrag,
Die Situation ist heutzutage echt gravierend geworden. Wie soll man einem erklären, dass Kleinkinder tagtäglich Coca-Cola mit fast 50g Zucker in einer einzigen Dose, zugeführt bekommen?
Da ist es kein Wunder, dass sie hyperaktiv werden und Medikamente von Ärzten bekommen.