Magen-Darm-Erkrankungen - Darmkrebs
Definition
Da die Bildung von Karzinomen im Dünndarm ausgesprochen selten ist, wird im folgenden nur auf den häufigeren Dickdarmkrebs eingegangen. Mit Dickdarmkrebs - auch kolorektales Karzinom genannt - wird das Wachstum eines bösartigen Tumors im Dickdarm bezeichnet. Betroffen sind in der Regel die Abschnitte Kolon (Grimmdarm) und Rektum (Mastdarm oder Enddarm).
Das kolorektale Karzinom entwickelt sich meist aus gutartigen Polypen (Adenomen) aus der Darmschleimhaut heraus. Diese Geschwülste verursachen allerdings keine Krankheitszeichen, weshalb das Auftreten von Beschwerden für ein bereits fortgeschrittenes Krankheitsstadium spricht.
Häufigkeit
Darmkrebs ist in Deutschland der häufigste bösartige Tumor des Magen-Darm-Trakts und nach Lungenkrebs (bei Männern) und Brustkrebs (bei Frauen) die zweithäufigste Krebstodesursache in Deutschland, und zwar mit 25,5 Toten pro 100 000 Einwohner pro Jahr.
Am häufigsten tritt die Erkrankung in den westlichen Industriestaaten auf, was sehr wahrscheinlich auf die Ernährungsgewohnheiten zurückzuführen ist. In solchen Ländern, in denen traditionell viele komplexe Kohlenhydrate, Ballaststoffe und Antioxidantien, und vergleichsweise wenig Fett, raffinierte Kohlenhydrate und tierisches Protein aufgenommen werden, ist das Auftreten von Darmkarzinomen relativ selten. Dies trifft auf die meisten afrikanischen, asiatischen und südamerikanischen Ländern zu.
Ursachen
Ernährung
Es ist naheliegend, dass die Ernährung bei der Darmkrebsentstehung eine entscheidende Rolle spielt. Eine fettreiche und ballaststoffarme Ernährung stellt einen Risikofaktor dar, es gibt aber gleichzeitig auch Nahrungsinhaltsstoffe, die eine schützende Wirkung besitzen.
Verdauung
Je länger der Stuhl im Darm verweilt und je länger darin enthaltene krebserregende Substanzen - aus der Nahrung oder im Darm gebildet - die Darmschleimhaut berühren, desto größer ist das Risiko der Entstehung eines Dickdarmtumors. Eine wichtige Vorsorgemaßnahme wäre also Verstopfungen zu vermeiden.
Dies kann hauptsächlich erleichtert werden durch:
- eine ausreichende Ballaststoffzufuhr
- einer ausreichenden Aufnahme an Trinkflüssigkeit, am besten Wasser
- viel Bewegung
Fett
Der Nährstoff Fett trägt maßgeblich zur Entstehung eines kolorektalen Karzinoms bei. Dies gilt als so gut wie gesichert.
Bei hohem Fettverzehr kommt es infolge einer gesteigerten Gallensekretion zu einem vermehrten Übertritt von Gallensäuren in den Dickdarm. Die Darmbakterien verstoffwechseln diese Gallensäuren, wobei Stoffe entstehen, die krebserregend (kanzerogen) wirken. Vermutlich ändert sich bei einer fettreichen Ernährungsweise auch die Keimflora insofern, als sich solche Keimgruppen vermehren, die Gallensäuren abbauen und somit verstärkt Kanzerogene produzieren.
Ebenfalls eine Rolle spielt die Zusammensetzung des Fettes. Gesättigte Fette tierischen Ursprungs oder mehrfach ungesättigte Omega-6-Fettsäuren (z.B. Maiskeimöl) fördern die Krebsentstehung stärker als pflanzliche gesättigte und einfach ungesättigte Fette (z.B. Olivenöl). Mehrfach ungesättigte Omega-3-Fettsäuren, die vorwiegend im Fischöl enthalten sind, wirken sogar schützend, indem sie die Bildung von Polypen der Dickdarmschleimhaut hemmen.
Ballaststoffe und komplexe Kohlenhydrate
Ein geringer Verzehr von ballaststoffreichen Lebensmitteln geht mit einem verstärkten Auftreten von Dickdarmkarzinomen einher.
Folgende schützende Wirkungen von Ballaststoffen werden diskutiert:
- Durch eine ballaststoffreiche Kost wird die Passagezeit durch den Dickdarm verkürzt, wodurch potentielle Kanzerogene (wie aus Gallensäuren gebildete Stoffe) kürzer mit der Darmschleimhaut in Kontakt sind.
- Ballaststoffe vergrößern das Stuhlvolumen durch Bindung von Wasser, wodurch Kanzerogene verdünnt werden. Außerdem können sie diese binden, so dass solche schädlichen Stoffe weniger mit der Darmschleimhaut in Berührung kommen.
- Wenn den Darmbakterien reichlich Ballaststoffe zur Fermentation zur Verfügung stehen, ändert sich die Zusammensetzung der Darmflora, die dann insgesamt weniger Kanzerogene produziert.
- Bei dem bakteriellen Abbau von Kohlenhydraten entstehen im Dickdarm kurzkettige Fettsäuren, die der Krebsentstehung entgegenwirken und das Wachstum von Karzinomzellen hemmen.
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Proteine
Ein hoher Fleischkonsum steht im Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko an Dickdarmkrebs zu erkranken. Neben der Wirkung des Fettes scheint der hohe Proteingehalt eine zusätzliche Rolle zu spielen.
Bei hoher Proteinzufuhr treten vermehrt Proteine und andere Eiweißstoffe in den Dickdarm über. Diese werden von den Darmbakterien zu Ammoniak abgebaut, das die Krebsentwicklung begünstigt. Bei einer ballaststoff- und stärkereichen Kost wird dieser Ammoniak von der Keimflora wieder zu Proteinen aufgebaut und damit unschädlich gemacht, ein weiterer protektiver Effekt der Ballaststoffe.
Calcium
Bei Bevölkerungsgruppen mit hoher Calciumzufuhr findet sich eine vergleichsweise geringe Häufigkeit von Kolonkarzinomen.
Das mit der Nahrung aufgenommene Calcium wird nur zu 30% resorbiert, also in den Körper aufgenommen. Folglich gelangt der Großteil in den Dickdarm, wo das Calcium vermutlich an Gallensäuren und langkettige Fettsäuren (potentielle krebserregende Stoffe) bindet und damit deren Wirkung aufhebt.
Pflanzensterine
Pflanzensterine (Phytosterine) sind das pflanzliche Pendant zum Cholesterin. Im Tiermodell vermindern Pflanzensterine die Rate an Kolonkarzinomen. Beim Menschen finden sich bei Gruppen, die einen hohen Gehalt an Pflanzensterinen im Stuhl haben (vor allem Vegetarier), ein verringertes Risiko für Dickdarmkrebs.
Vitamine
Vermutlich haben Vitamin C und Vitamin D eine schützende Wirkung auf die Entstehung und Entwicklung von Kolonkrebs.
Alkohol
Es gibt verschiedene Hinweise darauf, dass - speziell für das Rektumkarzinom (Enddarmkrebs) - ein hoher Alkoholkonsum einen Risikofaktor darstellt.
Die hier genannten Ernährungsfaktoren dürfen nicht isoliert betrachtet werden, da sich die verschiedenen Nahrungsinhaltsstoffe gegenseitig beeinflussen und die Wirkungen dadurch modifiziert werden.
Vererbung
Genetische Faktoren spielen bei den meisten Darmkrebsfällen eine untergeordnete Rolle. Eine gewisse Veranlagung für die Erkrankung kann allerdings vererbt werden, da auch familiäre Häufungen auftreten.
Es existieren seltene Gendefekte, die mit hoher Wahrscheinlichkeit - schon in jungen Jahren - einen Darmkrebs zur Folge haben.
Chronisch entzündliche Darmerkrankungen
Bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa ist das Risiko an einem Darmkrebs zu erkranken höher als bei der Normalbevölkerung.
Darmpolypen
Vorhandene Darmpolypen sind meist Vorläufer eines kolorektalen Karzinoms. Wenn sie entdeckt werden, können sie mit dem Endoskop vollständig entfernt werden. Die Früherkennung ist daher entscheidend.
Symptome
Die Beschwerden bei Dickdarmkrebs treten erst spät auf. Viele Patienten haben zum Zeitpunkt der Diagnosestellung bereits Metastasen (Tochtergeschwülste), die häufig in der Leber zu finden sind.
Verdächtige körperliche Zeichen sind:
- Änderungen in Häufigkeit und Art der Stuhlentleerung. Es kann zu einem Wechsel von Verstopfung und Durchfall sowie zu vermehrtem Stuhldrang kommen
- Blutbeimengungen im Stuhl, meist nicht sichtbar (okkult)
- Eisenmangelerscheinungen aufgrund von Blutverlusten durch den Darm führen zu Müdigkeit und Schwäche
- Bauchschmerzen und -krämpfe
- Gewichtsverlust
Früherkennung
Da der Dickdarmkrebs sehr langsam wächst und die Symptome meist erst in einem fortgeschritteneren Stadium auftreten, kommt der Früherkennung eine entscheidende Bedeutung zu.
Ab dem 45. Lebensjahr sollten einmal im Jahr Früherkennungsuntersuchungen durchgeführt werden. Diese bestehen aus einer Abtastung des Enddarms durch den Arzt und einer Untersuchung des Stuhls auf unsichtbare Blutbeimengungen (Haemoccult-Test). Der Nachweis von okkultem Blut kann aber auch andere Ursachen haben.
Die Durchführung einer Spiegelung der unteren Anteile des Dickdarms (Rektosigmoidoskopie) ist ab dem 50. Lebensjahr sinnvoll. Es wird für Menschen ab 50 weiterhin empfohlen, alle 10 Jahre eine komplette Dickdarmspiegelung (totale Koloskopie) durchführen zu lassen und Gewebeproben aus verdächtigen Arealen entnehmen und untersuchen zu lassen.
Diese Maßnahmen geben mit ziemlich großer Sicherheit Auskunft darüber, ob ein Dickdarmkrebs vorliegt oder nicht.
Sind in der Familie schon Dickdarmkrebsfälle aufgetreten, sollten Früherkennungsmaßnahmen schon in jüngeren Jahren und in kürzeren Abständen getroffen werden.
Therapie
Die Therapie der Wahl ist die Operation.
Je nach Ort und Stadium des Karzinoms müssen Teile des Darm oder auch der gesamte untere Darmbereich entfernt werden. Liegt der Tumor mehr als 8 cm oberhalb des Schließmuskels, kann der natürliche Darmausgang erhalten bleiben, bei tieferer Lage wird ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter) angelegt. Ergänzend wird eine Chemotherapie, speziell beim Mastdarmkrebs (Rektumkarzinom) auch eine Strahlentherapie durchgeführt. Auch Metastasen werden operativ entfernt.
Die Heilungschancen beim Dickdarmkrebs haben in den letzten 40 Jahren kontinuierlich zugenommen. In über der Hälfte der Fälle gilt er als heilbar.
Prävention durch Ernährung
Da die Ernährung mit großer Wahrscheinlichkeit einen großen Beitrag zur Krebsentstehung im Dickdarm spielt (siehe "Ursachen"), wurden von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und anderen nationalen und internationalen Gremien "Ernährungsempfehlungen zur Verminderung des Krebsrisikos" formuliert:
- Gemüse und Vollkornprodukte sollten in größeren Mengen verzehrt werden und zum Hauptbestandteil der Ernährung werden.
- Fisch und Geflügel sollten gegenüber rotem Fleisch bevorzugt werden.
- Der Alkoholkonsum sollte die Menge von 20 g/Tag nicht übersteigen.
- Eine exzessive Energieaufnahme sollte vermieden werden.
- Zu körperlicher Aktivität wird geraten.