Magen-Darm-Erkrankungen - Pankreatitis
Definition
Bei der Pankreatitis handelt es sich um eine entzündlich Erkrankung der Bauchspeicheldrüse. Man unterscheidet zwei Formen:
- akute Pankreatitis
- chronische / chronisch rezidivierende Pankreatitis
Akute Pankreatitis
Bei der akuten Pankreatitis handelt es sich um eine plötzlich auftretende Entzündung der Bauchspeicheldrüse. Alkoholmissbrauch, Infektionen oder ein Sekretstau, ausgelöst durch Gallensteine, Stenosen oder Vernarbungen, führen zu einer an dieser Stelle unerwünschten Aktivierung von Verdauungsenzymen und es kommt zu einer schmerzhaften Selbstverdauung der Bauchspeicheldüse.
Unterschieden wird zwischen einer ödematösen (Ansammlung von Wasser) und einer hämorrhagisch-nekrotisierenden (Blutungen, lokaler Gewebetod) Verlaufsform. Bei der ödematösen Form treten in der Regel keine Komplikationen auf (leichte bis moderate akute Pankreatitis). Die hämorrhagisch-nekrotisierende Verlaufsform (schwere akute nekrotisierende Pankreatitis) kann hingegen mit einer hohen Sterblichkeit einhergehen.
Symptome
In erster Linie treten plötzlich schwere Oberbauchschmerzen auf. Weitere auftretende Symptome und ihre Stärke sind vom Ausmaß der Bauchspeicheldrüsen-Zerstörung abhängig.
- erhöhte Serumkonzentrationen der Pankreasenzyme Amylase und Lipase
- Beeinträchtigung der Nierenfunktion
- Erhöhung des Blutzuckers (ein Diabetes in Folge einer akuten Pankreatitis ist jedoch selten)
- Wasseransammlungen (Ödeme)
- Austreten von Flüssigkeiten (Exsudationen)
- Blutdruckabfall
- Darmlähmung (Ileus)
- Fettgewebsnekrosen
Therapie
Die Ernährungstherapie erfolgt in Abhängigkeit von der Verlaufsform.
In 80 – 90 % der Fälle handelt es sich um eine leichte bis moderate akute Pankreatitis, die in der Regel nach 5 – 7 Tages abklingt. Unabhängig vom Verlauf der Lipase- und/oder Amylaseaktivität kann der Patient den Kostaufbau mit einer leichtverdaulichen Kost (leichte Vollkost) beginnen. Eine parenterale Ernährung, eine Ernährung über enterale Sondensysteme oder ein langsames Wiedereinführen der Nahrung mittels eines Stufenplans, ist in der Regel nicht mehr erforderlich.
Ca. 10 – 20 % der Patienten mit einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung benötigen aufgrund eines schweren Krankheitsverlaufes eine akutmedizinische Betreuung. Möglichst frühzeitig (innerhalb von 24 - 48 h) sollte nach anfänglicher parenteraler Ernährung auch bei schweren Verlaufsformen mit einer nährstoffdefinierten und hochmolekularen Sondenernährung begonnen werden, um den Magen-Darmtrakt in seiner Funktion zu erhalten. Nach 3 Tagen sollte erwogen werden, ob eine kombinierte Ernährung begonnen werden kann (enteral, oral). Spätestens nach einer Woche ist eine hypokalorische orale Ernährung erforderlich. Eine reine parenterale Ernährung sollte nur durchgeführt werden, wenn eine minimale enterale Ernährung nicht durchführbar ist, eine Mangelernährung vorliegt oder innerhalb von 5-7 Tagen keine ausreichende Energie- und Nährstoffaufnahme erreicht werden konnte. Bei vollständiger parenteraler Ernährung ist auf eine ausreichende Zufuhr an Kohlenhydraten, Fetten und Aminosäuren zu achten. Bei langfristiger rein parenteraler Ernährungsweise empfiehlt sich zusätzlich eine parenterale Glutaminsupplementation von 0,2 – 0,5 g/kg Körpergewicht Glutamin-Alanin mit dem Ziel infektiöse Komplikationen zu reduzieren. Von einer Probiotikagabe ist nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft abzuraten.
Nach dem Abklingen der Symptome wird in der Regel eine sogenannte leichte Vollkost verordnet. Das bedeutet, dass der Patient alles das essen kann, was er individuell verträgt. Weitere Informationen zur leichten Vollkost sowie eine Liste mit geeigneten und weniger geeigneten Lebensmitteln finden Sie im Kapitel "Morbus Crohn". Diese Auflistung ist jedoch nicht als Verbotsliste zu verstehen, sondern als Grundlage für eigene Erfahrungswerte. Möglichst verzichtet werden sollte lediglich auf Alkohol.
Chronische Pankreatitis
Im Rahmen einer chronischen Pankreatitis kommt es zu einer Zerstörung der funktionstüchtigen Zellen der Bauchspeicheldrüse. Dies äußert sich sowohl in einer fehlenden Sekretion von Verdauungsenzymen (exokrine Funktion) als auch in der unzureichenden Produktion der Bauchspeicheldrüsenhormone, Insulin und Glucagon (endokrine Funktion).
Ursachen
Bei Erwachsenen sind wie auch bei der akuten Pankreatitis Alkoholmissbrauch (zu 80%) und Gallenerkrankungen die häufigste Ursache. Zusätzlich kann die chronische Pankreatitis auch durch einen Hyperparathyreoidismus oder eine Mangelernährung (Malnutrition) ausgelöst werden. Bei Kindern ist meist eine Mukoviszidose die Ursache.
Symptome
Die chronische Pankreatitis kann schubweise oder langsam stetig verlaufen und ist im Anfangsstadium meist symptomlos. Oberbauchschmerzen wie bei der akuten Verlaufsform treten vereinzelt auf. Mit zunehmender Zerstörung des Drüsenapparats kommt es zu einer diabetischen Stoffwechsellage und Verdauungsstörungen, in deren Folge es zu
- Gewichtsabnahme
- Fettstuhl (Steatorrhö)
- Durchfall
- Meteorismus (verstärkte Blähungen)
kommen kann.
Patienten mit einer chronischen Pankreatitis haben ein hohes Risiko für Ernährungsdefizite.
Therapie
Fast alle Patienten mit einer chronischen Pankreatitis entwickeln aufgrund einer oftmals schmerzbedingt reduzierten Nahrungsaufnahme und der beeinträchtigten Verdauung (=Maldigestion) im weiteren Krankheitsverlauf eine Mangelernährung. Sie profitieren besonders von einer individuellen Ernährungsberatung mit gezielten diätetischen Interventionen. Individuelle Probleme und Nährstoffdefizite können mittels eines ernährungsmedizinischen Assessment entdeckt und ausgeglichen werden, um den Ernährungszustand zu verbessern, die Fettverwertungsstörung zu reduzieren und die Schmerzen positiv zu beeinflussen.
Tabelle mit Ernährungstherapeutischem Prinzip
Die folgende Austauschtabelle kann Ihnen als kleine Einkaufshilfe dienen. Drucken Sie sich die Tabelle doch einfach aus und nehmen Sie sie auf Ihren Einkauf mit.
Empfehlung: | Begründung: | |
---|---|---|
Ausreichende Energiezufuhr: | 25 – 30 kcal/kg KG*/Tag (ggf. bis 35 kcal/kg KG*/Tag) |
erhöhter Ruheenergieumsatz bei 50% der Patienten |
Eiweißzufuhr | 1,5 g/kg KG*/Tag | häufig Eiweißmangelernährung |
Adäquate Fettzufuhr im Rahmen der individuellen Verträglichkeit | keine Fettrestriktion
Enzymsubstitution bei Steatorrhoe
(Stuhlfett > 15g/Tag bzw. 7 – 15 g/Tag) ggf. Einsatz von MCT-Fetten |
Eine Reduktion der Nahrungsfette erhöht das Risiko für eine hypokalorische Ernährung und sollte daher vermieden werden, solange die exokrine Pankreasinsuffizienz durch Enzymgabe ausreichend kompensiert ist. |
Kohlenhydratzufuhr | angepasst an die Eiweiß-, Fett- und Kalorienzufuhr | |
Vitamine und Mineralstoffe Vitamin A |
DACH-Referenzwerte für Erwachsene (≥19 Jahre): 0,8 – 1,0 mg/Tag |
Mangel durch exokrine Pankreasinsuffizienz Eine frühzeitige Therapie mit Pankreasenzymen kann bei einer asymptomatischen Steatorrhoe (=Fettstühlen) erniedrigte Blutspiegel der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K wieder normalisieren. |
Alkohol | Lebenslange Alkoholkarenz! | |
Mahlzeitenrhythmus | 6-8 kleinere Mahlzeiten anstelle von 3-4 großen Portionen/Tag | |
Lebensmittelauswahl und Zubereitung | leicht verdaulich in Abhängigkeit von der individuellen Verträglichkeit (siehe "Leichte Vollkost") | |
Oral bilanzierte Diäten | Einsatz von hochkalorischen, eiweißreichen Trinknahrungen | Wenn die diätetischen Maßnahmen alleine nicht ausreichen, um den Energie- und Nährstoffbedarf zu decken. |
Enterale Ernährungstherapie | Beginn einer enteralen Ernährungstherapie mit einer hochmolekularen oder auch niedermolekularen Sondenernährung erwägen. | Wenn die diätetischen Maßnahmen mit oral bilanzierter Diät zur Energie- und Nährstoffanreicherung nicht ausreichen, um den Energie- und Nährstoffbedarf zu decken. |
*KG = Körpergewicht, **bei fehlender endogener Synthese
Übersicht des „Ernährungstherapeutischen Prinzips bei chronischer Pankreatitis" finden Sie hier als pdf zum Download.
Richtige Einnahme und Dosierung der Pankreasenzyme bei exokriner Pankreasinsuffizienz
Bei einer exokrinen Pankreasinsuffizienz werden von der Bauchspeicheldrüse zu wenig Verdauungsenzyme gebildet. Sie müssen daher mit der Mahlzeit eingenommen werden, um einer ausgeprägten Verdauungsstörung (Blähungen, Diarrhoe (=Durchfall), Steatorrhoe (=Fettstühle)), mit Gewichtsverlust und Vitamin- und Nährstoffmangel entgegenzuwirken.
Die Kapseln werden mit wenig Wasser mit den ersten Bissen zu jeder fetthaltigen Mahlzeit eingenommen.
Die Enzympräparate sind in der Regel in den Stärken 10.000, 25.000 und 40.000 LE erhältlich. Die Zahl im Produktnamen bezieht sich auf die Lipase-Einheiten (LE) pro Kapsel. Ob und wie viele Enzyme benötigt werden, ist abhängig von den Symptomen der Fettverwertungsstörung. Als Anfangsdosis werden pro Gramm Nahrungsfett 2.000 Ph.-Eur.-Einheiten Lipase empfohlen. Der Fettgehalt einzelner Mahlzeiten wird mit Hilfe von Nährwert- oder Fettaustauschtabellen geschätzt. (siehe auch "Lebensmitteldatenbank")
Ausführliche Informationen mit Beispielen zur Richtigen Einnahme und Dosierung von Bauchspeicheldrüsenenzymen bei exokriner Pankreasinsuffizienz finden Sie in unserem Merkblatt.
Ausführliche Informationen mit Beispielen zur Richtigen Einnahme und Dosierung von Bauchspeicheldrüsenenzymen bei exokriner Pankreasinsuffizienz finden Sie in unserem Merkblatt.
Einsatz von MCT-Fetten bei exokriner Pankreasinsuffizienz
Bei MCT-Fetten handelt es sich um mittelkettige Triglyceride, die ohne Pankreasenzyme von unserem Darm in die Blutbahn aufgenommen werden können. Nur wenn sich unter korrekter Pankreasenzymsubstitution eine Fettverwertungsstörung zeigt, sollte die allgemeine Fettzufuhr reduziert und auf MCT-Fette umgestellt werden.
MCT-Fette sollten langsam eingeführt werden, da bei zu hoher Dosierung Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen auftreten können. Es empfiehlt sich mit 10 – 20 g MCT-Margarine oder MCT-Öl/Tag zu beginnen und jeweils täglich um 10 g zu steigern bis die Tagesdosis von ca. 80 g (evtl. auch 100 – 130 g/Tag) erreicht ist.
MCT-Fette sind als Streichfette, Öle und Brotaufstriche erhältlich. Auf eine ausreichende Versorgung mit fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K) ist zu achten.
Quellen:
(2) WVG (2012) Praktische Diätetik, Höfler und Sprengart
(3) D-A-CH Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr, 2. Auflage, 3. Aktualisierte Ausgabe 2017