Sekundäre Pflanzenstoffe - Stoffgruppen

Unter sekundären Pflanzenstoffen versteht man eine Gruppe von zahlreichen, chemisch sehr unterschiedlichen Stoffen, die ausschließlich in Pflanzen vorkommen.

Sie werden im Gegensatz zu Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Proteinen, Fetten und Ballaststoffen, die im primären Stoffwechsel der Pflanze gebildet werden, im Zuge des sekundären Stoffwechsels hergestellt. Damit erfüllen sie eine Vielzahl unterschiedlichster Funktionen in der Pflanze und dienen u.a. als Abwehrstoffe gegen Schädlinge und Krankheiten, als Wachstumsregulatoren und als Farbstoffe. Zudem wird ihnen eine pharmakologische Wirkung zugeschrieben. Sie können gesundheitsfördernde, aber auch -schädliche Effekte haben.

Obwohl ihre Anzahl auf 60.000 bis 100.000 geschätzt wird, sind sie nur in geringer Menge und nur in bestimmten Pflanzen vorhanden. Mit einer gemischten Kost werden täglich ca. 1,5 g davon aufgenommen.

Die sekundären Pflanzenstoffe lassen sich in neun Substanzklassen unterteilen. Diese werden im Folgenden kurz erläutert. Es gibt jedoch eine Reihe weiterer Verbindungen, die sich nicht in dieses Schema einordnen lassen.

Carotinoide

Bei den Carotinoiden handelt es sich um weit verbreitete rote und gelbe Farbstoffe in Pflanzen. Der überwiegende Anteil von ihnen ist als Vorstufe (Provitamin) des Vitamin A bekannt. Aus der Vielzahl der verschiedenen Carotinoide kann nur ein geringer Anteil vom Menschen aufgenommen und im Stoffwechsel verwertet werden.

Beim Menschen wird der überwiegende Teil der Carotinoide im Fettgewebe (80-85 %), in der Leber (8-12 %) und in der Muskulatur gespeichert.

Carotinoide lassen sich nach ihrer chemischen Struktur einteilen in:

1. Sauerstoffhaltige Carotinoide (Xanthophylle)

  • ß-Cryptoxanthin
  • Zeaxanthin
  • Lutein

Diese kommen überwiegend in grünblättrigen Gemüse vor.

2. Sauerstofffreie Carotinoide

  • α-Carotin
  • ß-Carotin (bekanntestes Carotinoid, kommt in fast allen orangefarbenen Obst- und Gemüsesorten vor)
  • Lycopin (ist in bedeutenden Mengen in Tomaten vorhanden und ist verantwortlich für deren rote Färbung)

Beide Gruppen unterscheiden sich durch ihre Hitzestabilität. Beta-Carotine und Lycopine sind relativ hitzestabil (nur 8-10 % der vorhandenen Struktur wird verändert), während Xanthophylle bei hohen Temperaturen zerstört werden (60-100 %).

Phytosterine

Diese Gruppe der Pflanzenstoffe ähnelt in ihrer chemischen Struktur den tierischen Sterinen, z. B. dem Cholesterin. Zu den häufigsten Vertretern zählen Campesterin, Stigmasterin und v. a. ß-Sitosterin. Sie kommen hauptsächlich in fettreichen Lebensmitteln vor wie Sonnenblumenkernen (534 mg / 100 g), Sesamöl (714 mg / 100 g) und in nativem Sonnenblumenöl. Die tägliche Zufuhr liegt bei ungefähr 150-400 mg pro Person. Allerdings werden weniger als 5 % vom menschlichen Körper aufgenommen.

Phytosterinen wird eine cholesterinsenkende Wirkung zugeschrieben. Dieser Effekt ist vermutlich auf die verminderte Resorption von Cholesterin im Darm bei gleichzeitiger Zufuhr von Phytosterinen zurückzuführen. Sie werden deshalb oft bei der Therapie erhöhter Cholesterinwerte eingesetzt. Außerdem finden Phytosterine bei der Margarineherstellung Verwendung.

Saponine

Saponine sind dadurch gekennzeichnet, dass sie in wässrigen Lösungen zu starker Schaumbildung neigen - daraus resultiert auch ihr Name (Sapon = Seife). Ein weiteres Charakteristikum ist ihr stark bitterer Geschmack.

Besonders reich an diesen sekundären Pflanzenstoffen sind Hülsenfrüchte, allen voran Kichererbsen mit einem Gehalt von 50 mg / kg und Sojabohnen (39 mg / kg), die allein fünf verschiedene Saponine enthalten.

Die tägliche Aufnahme liegt in Großbritannien (für Deutschland liegen zurzeit keine Angaben vor) bei einer normalen Mischkost in einem Bereich von ca. 10 mg pro Tag. Bei Vegetariern, die mehr Hülsenfrüchte essen, liegt die Zufuhr mit ungefähr 110-240 mg pro Person und Tag entsprechend höher.

In der Industrie finden Saponine als Lebensmittelzusatzstoff, z. B. als Schaumbildner bei der Bierherstellung, Verwendung. In Deutschland ist ihr Einsatz als Zusatzstoff jedoch verboten.

Glucosinolate

Sie kommen hauptsächlich in Pflanzen der Kreuzblütler-Familie (Kruziferen) vor, z. B. in Gartenkresse (121 mg / 100 mg), Kohlrabi (110 mg / 100 g), Brokkoli (50-60 mg / 100 g) und Rettich (10-15 mg / 100 g). Glucosinolate tragen zu dem typischen Geschmack von Meerrettich, Senf, Kohl und weiteren Gemüsesorten bei.

Wenn man von einer täglichen Aufnahme von ca. 30 g Kruziferengemüse pro Tag und Person ausgeht, so ist mit einer Aufnahme von ca. 40-45 mg zu rechnen. Auch hier liegt die Aufnahme mit einer vegetarischen Kost um ein Vielfaches höher (ca. 110 mg pro Tag und Person).

Glucosinolate sind hitzelabil und gehen während des Garens zu einem Großteil verloren. Der Verlust liegt je nach Garverfahren bei 35-60 %. Des Weiteren können sie durch fermentative Prozesse wie z.B. Milchsäuregärung (bei der Sauerkrautherstellung) abgebaut werden.

Polyphenole

Obwohl diese Stoffgruppe relativ uneinheitlich ist, sind Polyphenole durch ein gemeinsames strukturelles Merkmal (einen Polyphenolring) gekennzeichnet.

Zu den bekanntesten Untergruppen gehören hier die

  • Cumarine,
  • Lignane,
  • Flavonoide und
  • Phenolsäuren.

Polyphenole kommen vor allem im Schalen- und Randbereich von Pflanzen vor. Das liegt u.a. daran, dass sie in ihrer Funktion als Antioxidans zum Schutz des darunter liegenden Gewebes dienen sollen. Die Hauptvertreter dieser Gruppe sind die Kaffeesäure, die Ellagsäure und die Ferulasäure. Bestimmte Gemüse- und Getreidearten enthalten hohe Konzentrationen dieser Säuren. Dazu zählen z.B. Grünkohl (ca. 1.000-1.500 mg / kg Frischgewicht) und Weizen (500 mg / kg Frischgewicht).

Kaffeesäure ist, wie der Name schon verrät, in bedeutenden Mengen im Kaffee enthalten. So befinden sich in einer Tasse Kaffee ca. 7 mg Kaffeesäure.

Ebenfalls weit verbreitet sind Flavonoide, von denen bisher ca. 4.000-5.000 unterschiedliche Verbindungen bekannt sind. Zu dieser Gruppe werden gezählt:

  • Flavonone (gelb-orange Färbung),
  • Flavonole (gelbe Färbung) und
  • Anthozyane (rote, blaue und violette Färbung, z. B. bei Kirschen und Pflaumen)

Der bekannteste Vertreter ist das Quercetin, das vor allem in Zwiebeln (347 mg / kg) und Grünkohl (110 mg / kg) enthalten ist. Die Aufnahme von Flavonoiden wird auf ca. 23 mg pro Person geschätzt.

Weitere Polyphenole sind z. B. Isoflavonoide und Lignane. Chemisch gesehen gehören sie zwar zur Gruppe der Polyphenole, jedoch werden sie aufgrund ihrer Eigenschaften zu den Phytoöstrogenen gezählt.

Protease-Inhibitoren

Bei den Protease-Inhibitoren handelt es sich um Substanzen, die proteinspaltende Enzyme hemmen und die ihrerseits aus Eiweißbestandteilen zusammengesetzt sind. Sie entfalten ihre Wirkung, indem sie an ein entsprechendes Enzym binden und verhindern, dass dieses mit dem Substrat reagiert.

Protease-Inhibitoren werden nicht nur mit der Nahrung aufgenommen, sondern sie können auch vom Körper selbst gebildet werden, z.B. um Entzündungen zu kontrollieren. Viele Pflanzen enthalten einige oder mehrere solcher Verbindungen. Durch thermische Einflüsse wie ein Erhitzen kann der Gehalt in den Lebensmitteln stark sinken (im Weizen bis zu 80 %).

Ein Beispiel für einen Protease-Inhibitor ist der Trypsin-Inhibitor, von dem über die Nahrung täglich ca. 295 mg zugeführt werden. Vegetarier nehmen über Hülsenfrüchte und Getreideprodukte noch mehr davon auf. Die Resorptionsrate im Darm ist mit 10 % jedoch in jedem Fall eher gering.

Monoterpene

Diese Stoffgruppe kommt insbesondere in verschiedenen Obstarten (z.B. Orangen, Aprikosen, Weintrauben) vor und kann von Pflanzen und einigen Mikroorganismen hergestellt werden.

Monoterpene haben die Funktion von Aromastoffen und sind z.B. in Form von Menthol in der Pfefferminze oder als Limonen (zu 90 %) im Zitrusöl enthalten.

Aufgrund dieser Eigenschaften werden Monoterpene häufig von der Industrie zur Aromatisierung von Lebensmitteln eingesetzt.

Phytoöstrogene

Die Struktur der Phytoöstrogene ähnelt jener der vom Körper gebildeten Östrogene (weibliche Sexualhormone). Zu ihnen zählen Isoflavonoide und Lignane.

Das Vorkommen der Isoflavonoide ist auf wenige tropische Hülsenfrüchte begrenzt. Dazu gehört z.B. die Sojabohne, die einen hohen Anteil des Hauptvertreters der Phytoöstrogene, dem Genistein, enthält (ca. 729 mg / kg Frischgewicht).

Lignane dagegen sind weit verbreitete Phytoöstrogene. Als Ausgangssubstanz des Zellwandbestandteils Lignin sind sie in großen Mengen in den Randschichten von Getreide, seltener von Gemüse, vorhanden. Hohe Konzentrationen dieser Stoffgruppe sind z.B. in Leinsamen lokalisiert (15,5 mg / kg).

Sulfide

Zu der wohl bekanntesten Stoffgruppe gehören die Sulfide. Der wichtigste Vertreter ist das Allicin, das als Hauptwirksubstanz in Knoblauch enthalten ist und dort für den typischen Geruch verantwortlich ist. Allicin muss erst durch bestimmte Vorgänge aus Vorstufen umgebaut werden. In diesen kommt es in einer Konzentration von bis zu 4 g / kg Pflanzen-Frischgewicht vor.

Schon in vorchristlicher Zeit wurde auf die heilsamen Wirkungen des Knoblauchs bei der Behandlung von Herzbeschwerden, Kopfschmerzen und Geschwülsten in Heilrezepturen aufmerksam gemacht.