Karies - Krankheitsbild

Definition

Bei der Zahnkaries handelt es sich um eine Zahnerkrankung, die durch eine mikrobielle Zerstörung der Zahnsubstanz durch äußere Einflüsse gekennzeichnet ist. Diese wird im weiteren Verlauf der Erkrankung so weit geschädigt, dass dies zu einem Verlust der befallenen Zähne führen kann. Im Volksmund spricht man auch von "Zahnfäule".

Häufigkeit

Zivilisationskrankheit Karies

Karies ist mit einer Häufigkeit von über 90% die häufigste und am weitesten verbreitete ernährungsabhängige Zivilisationskrankheit in westlichen Industrieländern.

Obwohl in den vergangenen Jahren erfolgreiche Maßnahmen der Kariesprophylaxe zu einem Rückgang des Kariesbefalls geführt haben, ist Karies nach wie vor die am häufigsten verbreitete Erkrankung der Zähne, mit zum Teil irreparablen Folgen für die Zahnsubstanz.

Der Zusammenhang zwischen Ernährung und Kariesentstehung zeigte sich in den europäischen Ländern deutlich nach dem Zweiten Weltkrieg. Karieserkrankungen traten während des Krieges nur begrenzt auf, nahmen jedoch nach dem Krieg mit steigendem Wohlstand und den damit verbundenen Ernährungsgewohnheiten stark zu.

Heute gibt es weltweit große Unterschiede zwischen Menschen, die traditionelle Nahrung verzehren (z.B. Eskimos, Massai) und Menschen mit "westlichen" Ernährungsgewohnheiten. Bei erstgenannten treten Karieserkrankungen sehr selten auf, was man auf die geringen Mengen von niedermolekularen Kohlenhydraten (z.B. Zucker) in ihrer Ernährung zurückführt.

Zahnentwicklung und Zahnaufbau

Die ersten Zähne (Milchzähne) werden bereits in der 6. Schwangerschaftswoche im Mutterleib angelegt. Sie brechen dann beim Säugling ca. ab dem 6. Lebensmonat in die Mundhöhle durch.

Die bleibenden Zähne (mit Ausnahme der Weisheitszähne) werden gegen Ende der Schwangerschaft angelegt und ersetzen beim Kind etwa ab dem 6. Lebensjahr die Milchzähne. Die vollständige Ausbildung der Zähne (mit Ausnahme der Weisheitszähne) dauert etwa bis zum 13. Lebensjahr.

Aufbau der Zähne

Die Zähne bestehen hauptsächlich aus einer knochenähnlichen Substanz, dem Dentin (Zahnbein), der Zahnhöhle mit Nerven und Gefäßen sowie dem Zahnschmelz (Email), der den Zahn zum Schutz überzieht.

Die wesentlichen Bestandteile des Zahnes sind Calcium und Phosphor. Weitere Bestandteile sind Magnesium und Fluorid, die u.a. für die Mineralisation und Härtung der Zahnsubstanz verantwortlich sind. Der Zahnschmelz besteht zu 98% aus Mineralstoffen, die ihm die extreme Härte verleihen.

Vergleich Mineralstoffgehalt in Knochen - Dentin - Zahnschmelz

Mineralstoffgehalt in %
Knochen 70
Dentin des Zahns 80
Zahnschmelz 98

Der Härtungsprozess von Dentin und Zahnschmelz erstreckt sich über einen Zeitraum von ca. vier Jahren vor dem Zahndurchbruch in die Mundhöhle und ist zu diesem Zeitraum im wesentlichen beendet. Danach verringert sich der Mineralisierungsprozess.

Entstehung von Karies

Die Zähne sind vielfältigen Einflüssen ausgesetzt. Die wichtigsten sind

  • Der Kontakt mit Nahrung und Getränken
  • die Bakterien der Mundhöhle
  • Zahnhygiene (Zähneputzen, Zahnseide, Mundspülungen etc.)

Durch die beiden ersten Faktoren kommt es zu Störungen an den Zähnen, die sich in einer Entmineralisierung des Zahnschmelzes zeigen und zwar v.a. an den Kontaktflächen der Zähne, dem Zahnfleischansatz sowie den Zahnzwischenräumen, in denen leicht Speisereste haften bleiben.

Bedeutung des Speichels

Der Speichel spielt für die Zahngesundheit eine bedeutende Rolle, indem er eine wichtige Schutzfunktion auf die Zähne ausübt. Der Speichel hat neben der Unterstützung des Kau- und Schluckvorgangs die Funktion, im Mund entstandene oder mit der Nahrung zugeführte Säuren (z.B. aus Fruchtsaft) zu puffern (sein pH-Wert liegt bei 7 = neutral) und Mineralien zur Verfügung zu stellen. Dies ist zur Vermeidung der Karies sehr wichtig, denn eine zu starke Säurekonzentration senkt den pH-Wert im Mund. Hierdurch werden Mineralien aus den Zähnen gelöst (Demineralisation). Der Zahnschmelz und bei weiterem Fortschreiten auch das Dentin verlieren ihre Härte.

Die Zusammensetzung des Speichels, die u.a. von der Nahrungsauswahl abhängt, und sein pH-Wert sind ein entscheidender Faktor für die Zahngesundheit.

Ursachen der Kariesentstehung

Die Entstehung der Karies ist ein Geschehen, das von vielen Faktoren abhängt.

Folgende Hauptfaktoren sind für die Kariesentstehung verantwortlich:

  • Genetik - v.a. Karies der Mutter
  • Mangelernährung der Mutter während der Schwangerschaft - hierdurch erfolgt eine ungenügende Mineralisation der Zähne des Fötus im Mutterleib
  • Säuglingsflaschen, die mit zuckerhaltigen Getränken (auch Fruchtsaft und Milch!) gefüllt sind und als dauerhaftes "Beruhigungs- oder Schlafhupferl" verabreicht werden
  • Kohlenhydrathaltige Nahrungsmittel, v.a. niedermolekulare und dadurch leicht vergärbare Zucker wie z.B. Haushaltszucker, Fruchtzucker, Milchzucker, die zur Plaquebildung beitragen und den pH-Wert des Speichels absenken
  • Vermehrte Plaquebildung auf den Zahnoberflächen
  • Häufiger Verzehr von stark säurehaltigen Nahrungsmitteln (Obstsäfte, Südfrüchte, Ananas etc.)
  • Zuckerhaltige Getränke
  • Häufiges Lutschen von zuckerhaltigen Bonbons oder Kauen von zuckerhaltigem Kaugummi
  • Häufige Zwischenmahlzeiten mit kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln
  • Häufiges Erbrechen (z.B. bei Bulimie)
  • Mangelernährung (z.B. Zöliakie, Rachitis)
  • Calcium- und Fluoridmangel
  • Unzureichende Zahnhygiene

Wodurch entstehen Plaque?

Im Mund befindet sich eine Vielzahl an Bakterien. Besonders gefährlich sind die Bakterien der Gattung Streptococcus mutans, die bei häufiger Zufuhr von Saccharose (Zucker) besonders gut gedeihen. Diese Bakterien bilden auf enzymatischem Weg aus den Kohlenhydraten der Nahrung unlösliche Verbindungen, die sich auf der Zahnoberfläche ablagern. Diese Ablagerungen nennt man Plaque.

Plaque ist eine weiche, unterschiedlich dicke Schicht, die sich aus Bakterien, deren Produkten und Speichelkomponenten zusammensetzt.

Plaque bildet sich besonders stark an den Fissuren ("Zahnrillen" auf den Zähnen) und am Zahnfleischrand. Sie tritt vermehrt auf, wenn die Mundhygiene unzureichend ist.

Die Bakterien der Plaque verstoffwechseln jede Art von Zucker, wodurch wiederum organische Säuren entstehen, die den pH-Wert im Mundraum absenken.

Ein weiteres Problem ist, dass durch die Besiedlung mit Plaquebakterien der Speichel nicht mehr an die Zähne herankommt und somit die Reinigung sowie die Mineralisierung der Zahnoberfläche entfällt. Das ist fatal, wenn man bedenkt, dass für die Zahnschmelzhärtung die Mineralstoffaufnahme aus dem Speichel bedeutender ist als die aus dem Blut.

Die Bedeutung des pH-Werts im Mund

Wie oben bereits erwähnt, hängt die Kariesentstehung v.a. mit dem pH-Wert im Mundraum und Speichel zusammen. Der normale pH-Wert im Mundraum beträgt ca. 7 = neutral. Durch das Vergären von Kohlenhydraten der Nahrung entstehen Säuren, die den pH-Wert absenken. Auch die Bakterien der Plaque tragen zu dieser Säurebildung bei.

Sinkt der pH-Wert im Mundraum auf Werte unter 5,7 ab, so entsteht ein saures Milieu; die Demineralisation der Zähne beginnt. Diese verlieren um so mehr Mineralstoffe, je länger das saure Milieu besteht bzw. der Kontakt der Zähne mit dem sauren Speichel andauert.

So entsteht die Karies

Auf der Oberfläche des Zahnschmelzes lagert sich die Plaqueschicht ab. Durch die Stoffwechselprodukte der Bakterien entsteht in der Plaque ein saures Milieu, dessen pH-Wert 3,5 beträgt. Dabei werden Mineralien aus dem Schmelz herausgelöst. Der Schmelz verliert so seine Schutzfunktion, was der Patient an einer Kälte/Hitzeempfindlichkeit des betroffenen Zahnes spürt. Dies ist der Beginn der Karies. Im weiteren Krankheitsverlauf wird auch das Dentin aufgeweicht und zerstört.

Erfolgt keine Behandlung, verfault schließlich die gesamt Zahnkrone unter erheblichen Schmerzen, da nun die empfindlichen Nerven im Zahninneren freiliegen.

Behandlung der Karies

Prophylaxe ist wichtig

Kein Medikament kann den von Karies befallenen Zahn heilen. Die Behandlung kariöser Zähne beschränkt sich weitgehend auf die Reparatur entstandener Schäden und obliegt dem Zahnarzt. Der Arzt entfernt die befallenen Teile der Zahnsubstanz und "kittet" den entstandenen Defekt durch geeignetes Füllungsmaterial (Amalgam, Gold oder andere) oder, wenn der Schaden schon zu groß geworden ist, durch eine Krone.

Zur Verhütung und Verringerung der Kariesentstehung stellt die Kariesprophylaxe (Vorbeugung), vor allem bei der jüngeren Generation, eine große Chance für die Gesunderhaltung der Zähne dar.